Bildung in Meerbusch Tonstudio der Musikschule vor dem Neustart

Meerbusch · In dem knapp 20 Quadratmeter kleinen Raum unterm Dach der städtischen Musikschule wurden wegen Corona seit mehr als einem Jahr keine Kurse mehr angeboten. Das soll sich bald ändern.

 Schlagzeuger Ramon Keck leitet die Tonstudiopraxis-Kurse der städtischen Musikschule.

Schlagzeuger Ramon Keck leitet die Tonstudiopraxis-Kurse der städtischen Musikschule.

Foto: RP/ena

Ramon Keck schiebt den Regler nach oben, die Bässe werden wuchtiger. Danach bearbeitet er am Rechner die Lautstärke der einzelnen Instrumente. „Normalerweise würde der Song jetzt noch gemastert“, erklärt der Musiker. Das bedeutet, dass er den letzten Schliff bekommt. Aber an diesem Vormittag werden im Tonstudio der Städtischen Musikschule Meerbusch keine Songs aufgenommen und gemixt, es wird auch keine Musik produziert. Im gesamten vergangenen Jahr sind die beliebten Tonstudiopraxis-Kurse mit Ramon Keck ausgefallen. Denn der Raum im Dachgeschoss des Musikschulgebäudes am Kaustinenweg in Strümp ist mit seinen knapp 20 Quadratmeter viel zu klein, um dort den nötigen Corona-Abstand einhalten zu können.

Doch sobald wie möglich soll der Gruppenkurs wieder angeboten werden. „Viele fragen schon, wann es wieder losgeht“, sagt Keck, der auch das Percussion-Ensemble der Musikschule betreut. „Tonstudiopraxis“ ist in erster Linie ein Zusatzangebot für die, die an der Musikschule bereits ein Instrument lernen. „Aber auch Externe können sich anmelden“, sagt Musikschulleiterin Anne Burbulla. Einzige Voraussetzung: Eine gewisse Begeisterung für Technik sollte da sein. „Zuletzt waren es vielleicht ein bisschen mehr Jungs, die sich angemeldet haben“, berichtet der Kursleiter. Meist seien die Teilnehmer zwischen 14 und 16 Jahre alt, „Zwölfjährige können aber durchaus auch schon mitmachen“. Sechs Teilnehmer sind die Obergrenze in dem kleinen Studio. Bei den Teenagern kommt das Angebot gut an. Eine ehemalige Teilnehmerin hat dabei sogar so viel Gefallen an der Musikproduktion gefunden, dass sie im Anschluss ein Praktikum in einem großen Tonstudio gemacht hat und nun an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf „Ton und Bild“ studieren möchte.

Keck, der einen Bachelor in Jazz, Rock, Pop und Drumset hat und „Tonstudiopraxis“ schon seit einigen Jahren anbietet, will den Jugendlichen in seinem Seminar einen groben Überblick über die Arbeit im Tonstudio geben, versucht dabei aber, die Theorie „so knapp wie möglich“ zu halten und die Jugendlichen einfach probieren zu lassen. „Denn oft haben die Teilnehmer schon eine klare Vorstellung davon, was sie hier machen möchten“, sagt er. Die meisten wollten ihre eigene Musik aufnehmen. „Ganz klassisch, Singer-Songwriter-mäßig mit Gitarre und Gesang“, sagt Keck, der die Sänger im akustisch speziell ausgestatteten Nebenraum durch eine eingebaute Scheibe sehen und über eine Sprechanlage mit ihnen kommunizieren kann.

Neben der reinen Aufnahme ist es aber auch möglich, im Tonstudio eigene Musik zu produzieren und zu mixen. „Der rote Faden in jedem Kurs ist die Aufnahme bis hin zum eigenen fertig gemasterten Song“, beschreibt der Musikschullehrer das Konzept von „Tonstudiopraxis“. Mit wenigen geübten Handgriffen zeigt er dann, was das bedeutet: Mit dem sogenannten Midi-Keyboard etwa kann er Töne produzieren, direkt an eine spezielle Software senden, am Rechner bearbeiten und abspielen. Keck: „So kann ich aus dem Nichts heraus ein ganzes Musikstück machen.“ Denn das besondere Keyboard kann ein Schlagzeug ebenso imitieren wie eine Geige oder ein Saxofon. Auch künstliche, also elektronische Klänge sind möglich. „Dann wird übers Mikro noch der Gesang drübergelegt – so wird heute im Bereich Pop Musik produziert“, erklärt Ramon Keck, schränkt jedoch gleich ein: „Die Qualität einer Live-Performance kann dabei aber nicht erreicht werden.“

Neben Ramon Keck sind seine Kollegen Daniel Goldkuhle, Fachleiter Gitarre und Popularmusik an der Musikschule, und Toningenieur Mathias Preuß für das Tonstudio zuständig. Sie haben dort etwa gemeinsam die CD „Best of Städtische Musikschule Meerbusch 2020“ produziert, außerdem für die eigene Webseite mehrere Videos, die die verschiedenen Instrumente vorstellen, die an der Musikschule unterrichtet werden. „Dass wir solche Ton- und Bildspezialisten im Team haben, ist ein Alleinstellungsmerkmal unserer Musikschule, das ist ein wahres Glück“, betont Leiterin Anne Burbulla. „Unsere Lehrkräfte haben in dieser Hinsicht ein super Wissen, das in der Pandemie noch stärker entwickelt wurde, um Streams und digitalen Unterricht anbieten zu können.“ Ebenfalls während der Pandemie entstanden sind diverse Konzerte, die auch auf der Webseite zu sehen sind: „Die Schüler haben dafür zu Hause ihre jeweiligen Parts einzeln eingespielt, dann habe ich die Aufnahmen als Band gemixt“, berichtet Keck.

 Musikschulleiterin Anne Burbulla probiert sich im Tonstudio am sogenannten Midi-Keyboard.

Musikschulleiterin Anne Burbulla probiert sich im Tonstudio am sogenannten Midi-Keyboard.

Foto: RP/ena

Aktuell sei das Tonstudio sowohl akustisch als auch technisch und personell gut aufgestellt, sagt Burbulla: „Das haben wir ganz erheblich unserem Förderverein zu verdanken.“ Natürlich sei es immer möglich, die Ausstattung zu erweitern und zu modernisieren, etwa neue Software, Bildschirme oder Mischpulte anzuschaffen. Neue Ideen für die Zukunft hat die Leiterin der Musikschule auch schon: „Wir könnten uns zum Beispiel einen mobilen Tonstudiopraxis-Workshop vorstellen“, sagt sie. „Dann würde Ramon sich das wichtigste Equipment schnappen und damit in Schulen gehen.“

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