Meerbusch Stromkonverter: Meerbusch klagt

Meerbusch · Erstmals muss sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Stromnetzausbau befassen. Die Stadt Meerbusch legt Verfassungsbeschwerde gegen das neue Netzausbau-Beschleunigungsgesetz ein.

 2. Dezember 2012: Kundgebung gegen den geplanten Stromkonverter auf dem Kirchplatz in Osterath.

2. Dezember 2012: Kundgebung gegen den geplanten Stromkonverter auf dem Kirchplatz in Osterath.

Foto: Ulli Dackweiler

Die Stadt Meerbusch legt gegen ein Schlüsselprojekt der Energiewende Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Erstmals steht die Energiewende damit beim höchsten deutschen Gericht auf dem Prüfstand.

Das am Samstag in Kraft tretende Netzausbau-Beschleunigungsgesetz sei "evident sachwidrig", erklärte der Leiter des Meerbuscher Rechtsamts, Heinrich Westerlage. "Wir werden uns dem nicht kampflos beugen." Die Stadt bevollmächtigte gestern eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei, die bereits vorbereitete Verfassungsbeschwerde einzureichen. Eine aufschiebende Wirkung hat die Beschwerde nicht.

Das mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP verabschiedete Bundesgesetz sieht vor, dass eine rund 100.000 Quadratmeter große Stromkonverteranlage zwingend an ein Umspannwerk im Meerbuscher Stadtteil Osterath angeschlossen werden muss. Dort soll, nach dem geplanten Abschalten des Atomkraftwerks Philippsburg in vier Jahren, zunächst Strom aus konventionellen Kraftwerken auf eine geplante Stromautobahn Richtung Baden-Württemberg geschickt werden. Später soll der Doppel-Konverter auch dazu dienen, Nordrhein-Westfalen mit Strom aus den Windkraftanlagen von der Küste zu versorgen.

Im Kern richtet sich die Kritik aus Meerbusch gegen die Tatsache, dass das Osterather Umspannwerk als Netzverknüpfungspunkt im Gesetz festgeschrieben wurde, ohne dass zuvor eine laut EU-Recht vorgeschriebene strategische Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen wurde. Die zuständige Bundesnetzagentur hatte eine Alternativenprüfung mangels Kapazität abgelehnt.

Rund zwei Drittel aller Einwendungen gegen den Netzausbau kamen aus Meerbusch. "Es scheint, dass ein schneller, fahrlässiger Netzausbau auf Kosten der Bürger umgesetzt werden soll", kritisierte Norma Köser-Voitz von der "Initiative gegen den Doppel-Konverter Osterath." "Industrielle Großanlagen gehören nicht an den Rand eines Wohngebiets. Weder in Meerbusch noch anderswo!" In einer Stellungnahme hatte auch das Bundesumweltamt vor juristischen Problemen gewarnt, weil es keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben habe.

Ob der geplante Stromkonverter mit seinen bis zu 20 Meter hohen Hallen tatsächlich in Meerbusch errichtet wird, steht noch nicht fest. Lange Zeit hatte der zuständige Netzbetreiber Amprion — eine ehemalige Tochter der RWE — als Standort ein Feld gegenüber dem Umspannwerk nahe der Osterather Wohnbebauung als "alternativlos" bezeichnet. Später schwenkte der Konzern jedoch um und setzte sich im Wirtschaftsausschuss des Bundestages für eine Flexibilisierung der Netzverknüpfungspunkte ein. Auch der Bundesrat hatte sich zuvor bereits für eine Flexibilisierung ausgesprochen.

Die Bundesregierung reagierte. Sie schrieb in der Begründung des Gesetzes fest, dass in einem Umkreis von zehn Kilometern oder darüber hinaus nach einem geeigneten Standort für den Konverter gesucht werden muss. Amprion will bis Herbst in einem Umkreis von 20 Kilometern um Meerbusch herum nach geeigneten Standorten suchen. Ein Sprecher sagte: "Wir werden mindestens zwei mögliche Standorte vorstellen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort