Meerbusch Stadtbibliothek ist nicht barrierefrei

Meerbusch · Im Sozialausschuss kritisierte der Behindertenbeauftragte Lothar Chaillie, dass der Neubau der Stadtbibliothek am Dr.-Franz-Schütz-Platz nicht behindertengerecht ausgestattet sei. Dort habe er gravierende Mängel festgestellt.

 In dem 3,2 Millionen Euro teuren Neubau der Stadtbibliothek hat der Behindertenbeauftragte Lothar Chaillie erhebliche Mängel festgestellt. Daher kann er das Gebäude nicht als barrierefreie Einrichtung zertifizieren. Die Mängel sind bislang nicht konkret benannt worden.

In dem 3,2 Millionen Euro teuren Neubau der Stadtbibliothek hat der Behindertenbeauftragte Lothar Chaillie erhebliche Mängel festgestellt. Daher kann er das Gebäude nicht als barrierefreie Einrichtung zertifizieren. Die Mängel sind bislang nicht konkret benannt worden.

Foto: Ulli Dackweiler

Der Bericht des Behindertenbeauftragten Lothar Chaillie stieß bei den Ratsmitgliedern im Sozialausschuss auf große Begeisterung. Sechs Einzelhändler in Meerbusch wurden für ihre behindertengerechten Verkaufsräume von dem Runden Tisch "Meerbusch barrierefrei" mit einem Siegel ausgezeichnet. Verwirrt waren viele Ratsmitglieder jedoch bei einer Aussage zum Abschluss seines Vortrages: "Die Stadtbibliothek ist nicht barrierefrei."

Zusammen mit den Mitgliedern des Runden Tisches führt Lothar Chaillie Besichtigungen von Geschäften und öffentlichen Einrichtungen durch, die ihre Räume offiziell als behindertengerecht einstufen lassen möchten. Auch der Stadtbibliothek hatte er einen Antrag vorgeschlagen. Leiterin Hildegard Bodden-Omar willigte sofort ein: "Ich war überzeugt, dass es hier keinerlei Probleme geben würde. Unser Haus ist auf dem neuesten Stand." Das sahen die Kontrolleure wohl anders. "Es gab gravierende Mängel in nahezu allen Bereichen", sagt Lothar Chaillie. "Eine Zertifizierung wäre unmöglich gewesen."

Im Ausschuss warfen sich die Politiker und Mitglieder der Verwaltung fragende Blicke zu. Schließlich war der rund 3,2 Millionen Euro teure Neubau erst im Juli 2010 eröffnet und mit sämtlichen vorschriftsgebundenen Extras ausgestattet worden, etwa eine Behindertentoilette, ein Aufzug sowie ebenerdige Zugänge. Was genau für das Siegel in der Bibliothek fehlt, wollte Chaillie jedoch nicht preisgeben.

Die Begründung: "Wenn ein Antrag abgelehnt wird, werden die Mängel nicht veröffentlicht." Die Verwaltung erklärte sich bereit, sämtliche "Mängel" aufzunehmen und zu prüfen. "Wir können jedoch nur helfen, wenn diese Probleme auch offen kommuniziert werden", sagt Sozialdezernentin Angelika Mielke-Westerlage. Mehr als einen kleinen Hinweis — das Fehlen von farbigen Signalstreifen an den Eingängen der Bibliothek — wollte der Behindertenbeauftragte jedoch nicht geben. Wie die "gravierenden Mängel" konkret aussehen, blieb unklar.

Hildegard Bodden-Omar kann die Kritik nicht nachvollziehen: "Wir haben täglich viele Besucher mit körperlichen Behinderungen, die sich in unserem Haus wohlfühlen und problemlos bewegen können". Das Fehlen der Reflektoren am Eingang habe sie bereits dem Sozialamt gemeldet. "Das sind kleine Details, die wir schnell ergänzen können", meint sie. "Große Schwachstellen gibt es hier nicht." Insgesamt haben bislang neun Kandidaten bei Chaillie das Siegel beantragt, drei davon wurden abgelehnt. Die Kriterien auf der langen Checkliste sind streng — ein Rampe am Eingang reiche bei weitem nicht aus. Die Eingänge müssen ebenerdig, gekennzeichnet und ausreichend breit sein. Innerhalb der Verkaufsräume von Geschäften müssen Rollstuhlfahrer zwischen den Regalen Platz haben und die Waren in den Fächern auch im Sitzen problemlos erreichen können. Selbst die Höhe der Kassentheke ist mit 80 Zentimetern bis maximal einem Meter genau vorgegeben. Aufzüge und eine Behindertentoilette seien selbstverständlich. "Es ist eine dauerhafte Anpassung zugunsten körperlich eingeschränkter Kunden", sagt Chaillie. "Die Anträge sind freiwillig. Als Siegelträger haben die Inhaber jedoch zukünftig große Verpflichtungen." Ob die Bibliothek irgendwann auch zu den Siegelträgern gehört, bleibt abzuwarten. Bodden-Omar vermutet hinter der Kritik lediglich ein "großes Missverständnis".

(RP)
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