Meerbusch Segeln statt operieren

Meerbusch · Der langjährige und hoch dekorierte Chefarzt am Rheinischen Rheumazentrum verabschiedet sich in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Tim Claßen, er wechselte von der Uniklinik Essen nach Lank.

In dieser Woche hatte Thomas Pauly seinen letzten Arbeitstag am St. Elisabeth-Hospital in Lank. Der Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie geht in den Ruhestand. Mit einer Knie-Operation schloss er seine glanzvolle Ära von 26 Jahren ab. "Das war ein komisches Gefühl", bestätigt er. Geschäftsführer Conrad Middendorf sah Paulys Ausscheiden mit Bedauern auf sich zukommen: "Wir haben ihm und seinem Team viel zu verdanken. Er hat unsere Klinik wesentlich mitgeprägt und hervorragend aufgestellt. Die Patienten schätzten ihn fachlich und menschlich."

Der Chefarzt hinterlässt eine lange Liste von Auszeichnungen, die er als Operateur bekam. "Keine Einzelleistung, sie gebühren dem ganzen Team", wiegelt er ab. Große Fußstapfen für seinen Nachfolger Tim Claßen (39), der von der Uniklinik Essen nach Lank wechselte und mit seiner Familie weiterhin in seiner Heimatstadt Krefeld wohnen wird. Für ihn war es ein sanfter Einstieg: "Fast drei Monate lang hatte ich die Ehre, Seite an Seite mit Dr. Pauly zu arbeiten. Ich schaute ihm im Operationssaal zu und konnte erleben, wie er sein Team führt. Durch ihn lernte ich auch die Besonderheiten des Hauses kennen - und wie man Fettnäpfchen vermeidet."

Dieser harmonische Beginn lasse ihn optimistisch in die Zukunft sehen: "Ich bin zuversichtlich, dass ich von Kollegen und Mitarbeitern gut unterstützt werde. Alle Abläufe sind perfekt organisiert. Deshalb mache ich mir keine großen Sorgen."

Eine Eigenart von Pauly blieb ihm bei seinem Start nicht verborgen: Der Mediziner mit der grünen Seele pflegte nach Dienstschluss sämtliche Computer und nicht benötigte Elektrogeräte abzuschalten. "Er war unser Energieminister hier im Haus", scherzt der kaufmännische Geschäftsführer Peter Potysch.

Er berichtet, wie sehr ihn Paulys Präzision im Operationssaal beeindruckte. "Und wichtiger noch, er hat auch viele Mitarbeiter davon überzeugt, sich in unserer Orthopädie unters Messer zu legen." Das ist an Kliniken in der Regel nicht der Fall und gleicht einem Ritterschlag.

Thomas Pauly weiß in dieser Abschiedsstunde sehr wohl um seine Emotionen: "Bevor ich ihnen erliege, lasse ich Zahlen sprechen", beugt er vor. Bei seinem Antritt 1991 verzeichnete die Klinik in der Endoprothetik 45 Hüften, zuletzt waren es 420. Die Zahl der Knie-Operationen hat sich mehr als verzehnfacht - von 27 auf 326.

Als Erfolg darf auch gewertet werden, dass es bei Eingriffen heute weniger Transfusions-Bedarf gibt. Das St. Elisabeth-Hospital weist zudem eine geringe Infektionsstatistik auf und hat einen überdurchschnittlichen Anteil an Fachärzten. "Die Krönung für unser Team war 2017 die Zertifizierung zum Endoprothetik-Zentrum", sagt Thomas Pauly.

Er habe gemischte Gefühle, gibt er zu. Unschön war in jüngster Vergangenheit die immer umfangreichere Bürokratie. Schon bald wird eine neue Welle an Hygiene-Dokumentationen auf die Kliniken zurollen. Aber er ahnt bereits, was ihm künftig fehlen wird: "Dass Patienten sagen, es geht ihnen jetzt besser."

Was hat er sich vorgenommen für die viele freie Zeit, die jetzt nach dem Abschied aus dem aktiven Dienst vor ihm liegt? "Erstmal Abstand kriegen und Luft holen", antwortet er. "Ich werde öfter als bisher zum Segeln gehen und mich meinem Hobby widmen, der Fotografie. Und dann sind da auch noch meine vier Enkel."

(RP)
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