Meerbusch Schrankenlose Freiheit für Hannah Höch

Meerbusch · "Schrankenlose Freiheit für Hannah Höch" heißt die bewegende Biografie von Cara Schweitzer über die Grande Dame der Berliner Dada-Bewegung. Die Autorin stellt ihr exzellent recherchiertes Lebens- und Zeitpanorama am Montag ab 19 Uhr im Kulturzentrum Konrad Mönter am Kirchplatz 1-5 in Osterath vor.

In ihrem Werk schildert Schweitzer die dramatischen Umstände der Ehe von Hannah Höch mit dem 21 Jahre jüngeren Kurt Heinz Matthies, der 1938 verhaftet wurde und den anschließenden Kampf um seine Freilassung.

Schweitzer studierte in Berlin und Rom Kunstgeschichte und evangelische Theologie. Von 2005 bis 2007 war sie wissenschaftliche Assistentin am Kunstmuseum Stuttgart. Sie veröffentlichte Essays und Kurztexte zur Kunst der 1910er- und 1920er-Jahre sowie zur zeitgenössischen Kunst.

Mit "Schrankenlose Freiheit für Hannah Höch" hat sie nun ihr Erstlingswerk vorgestellt. Darin hat Schweitzer den Fokus vorrangig auf die Schilderung der NS-Zeit gelegt, von der es bislang hieß, die Dada-Pionierin habe sie "zurückgezogen in ihrem Häuschen in Heiligensee" verbracht.

In der Kunstgeschichte ist Höch schon lange keine Unbekannte mehr. Einzelausstellungen seit den 70er-Jahren in Paris, New York und Berlin machten sie ebenso einem breiten Publikum bekannt wie Publikationen über ihre Rolle als erste Frau im Männerclub der Avantgardisten.

Was bisher fehlte, war eine Auseinandersetzung mit der Zeit nach der Weimarer Republik und vor der späten Anerkennung, die Höch — sie starb 1978 in West-Berlin — erst in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr. "Wie", fragt Schweitzer in ihrer Einleitung, "hat eine politisch kritische Frau wie Hannah Höch, deren Kunstwerke als ,entartet' galten, unter den für sie bedrohlichen Strukturen einer Diktatur leben und überleben können?"

Die Kunsthistorikerin stützt sich in ihrem Buch auf unveröffentlichte Quellen, Gerichtsakten, Briefe, Petitionen aus dem Berliner Landesarchiv. Zunächst tritt wenig Überraschendes zutage, nämlich dass eine verfemte Künstlerin wie sie es war, schwer hatte zu überleben. Dass Höch sich allerdings 1937 - im Jahr der NS-Propagandaschau "Entartete Kunst" - immer wieder gefährlich ausstellte, um ihren Geliebten, Kurt Heinz Matthies, einen straffällig gewordenen Exhibitionisten, aus den Fängen der Justiz zu befreien, erstaunt jedoch sehr.

Wie viel Mut zu diesem Einsatz gehörte, daran lässt die Autorin in detailreicher Nachzeichnung von Höchs Offensiven keinen Zweifel. Passgenau für ein turbulentes Leben, das sich um Konventionen nicht scherte, wählt sie als Titel für ihre Biographie "Schrankenlose Freiheit", eine Parole, die Höch schon 1919 wie ein künstlerisches Credo über eine ihrer stilbildenden Fotomontagen setzte.

(RP)
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