Serie Einkaufen und Gastronomie Schausteller beklagen verlorenes Jahr

Büderich · Patrick Bossle und seine Frau Nicole stehen seit dem Frühjahr an drei Tagen in der Woche mit einem Food-Truck auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz in Büderich. Letztes großes Event war die Winterwelt 2019.

 Nicole Bossle verkauft montags bis mittwochs auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz in Büderich gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und Weihnachtstüten.

Nicole Bossle verkauft montags bis mittwochs auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz in Büderich gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und Weihnachtstüten.

Foto: ena

Wenn in den beiden benachbarten Grundschulen Unterrichtsschluss ist, bleiben viele Mütter mit ihren Kindern noch eben auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz stehen und kaufen sich Crêpes oder Schokofrüchte für den Heimweg. Bereits seit Ende Mai steht Schausteller Patrick Bossle nun schon an drei Tagen in der Woche mit seinem Food-Truck mitten in Büderich und verkauft „Bossles süße Spezialitäten“. Vor wenigen Wochen haben er und seine Frau Nicole das Sortiment noch einmal erweitert und bieten jetzt auch Süßes passend zur Weihnachtszeit an, etwa gebrannte Mandeln, Popcorn und Zuckerwatte sowie hübsch verpackte Weihnachtstüten. „Wir können davon nicht leben, aber wenigstens überleben“, sagt Bossle, der gemeinsam mit seiner Frau zwei Söhne hat.

Dieses Jahr war für den Eventgastronomen, der auch einige Spielwagen betreibt, eine Katastrophe: Osterkirmes, Frühlingskirmes, Sommerkirmes, Stadtfeste, Musikfestivals, Konzerte – und dann auch noch die Weihnachtsmarktsaison inklusive Büdericher Winterwelt. Wegen Corona wurde alles abgesagt. Die Umsatzeinbußen wegen der Corona-Pandemie sind für den 43-Jährigen dramatisch. „Unser letztes großes Event war die Winterwelt 2019 in Büderich“, sagt Patrick Bossle. „Zwei Flohmärkte haben wir im Sommer noch mit dem Wagen besucht. Aber insgesamt ist 2020 für uns ein verlorenes Jahr.“

Dennoch betont er: „Wie das hier in Deutschland mit den Finanzhilfen läuft, das ist schon einzigartig. Da können wir wirklich sehr dankbar sein.“ Zwar seien die Unterlagen für die Novemberhilfen relativ spät gekommen und auch nur für Experten verständlich. „Aber wir sind für jede Unterstützung dankbar.“ 

Unterstützung hat das Schausteller-Paar, beide stammen aus traditionellen Artisten-Familien, auch in Meerbusch erfahren. „Meerbusch ist für uns immer ein Heimspiel“, sagt Bossle, der mit seiner Familie auf einem Dauerstellplatz in Lichtenbroich lebt. Seit 2005 war er jedes Jahr auf der Winterwelt. Deshalb stand für ihn im Frühjahr auch schnell fest, dass er seinen Food-Truck in Meerbusch aufstellen würde.

„Ich habe mein Konzept für den To-Go-Verkauf samt Acrylglasscheibe, Hygieneplan und Abstandsregeln bei der Verwaltung eingereicht, und dann ging alles sehr unbürokratisch und schnell“, erinnert sich Bossle. Gegen eine Nutzungserlaubnis-Sondergebühr durfte er erst einmal bis zum 31. August in Büderich stehen. Einzige Bedingung: Außerhalb der Verkaufstage von Montag bis Mittwoch musste der Food-Truck weg, auch wegen des Wochenmarkts. „Im Sommer wurde uns dann die Verlängerung bis 31. Dezember genehmigt.“ Sogar Mitarbeiter aus dem Rathaus nebenan seien schon bei ihm am Wagen gewesen und hätten sich nach den Geschäften erkundigt. Bossle: „Über diese nette Geste haben wir uns sehr gefreut.“

Nun geht das Jahr zu Ende. „So langsam machen wir uns Gedanken, ob es überhaupt weitergehen kann“, sagt Bossle. Den Food-Truck beispielsweise hat er erst Ende 2019 gekauft. „Damit wollten wir eigentlich im Frühjahr und Sommer zu Festivals und Konzerten touren.“ Nun muss der Schausteller bis mindestens Juni nächsten Jahres warten. „Karneval und Ostern fallen für uns auf jeden Fall weg. Wir warten nun auf irgendein Signal, damit wir planen können.“

Denn das Schlimmste sei die Ungewissheit. „Das erfahre ich auch in vielen Gesprächen mit anderen Schaustellern und Gastronomen“, sagt Bossle. „Jeder hat unzählige Fragen, aber keiner weiß etwas Genaues, weil sich alles so schnell ändert.“ Manchmal habe er den Eindruck: Wenn man zehn Leute fragt, was erlaubt ist und was nicht, dann bekommt man auch zehn unterschiedliche Antworten. „Mir fehlt da ein wenig der rote Faden.“ 

Weil es seine Art ist, will Patrick Bossle dennoch positiv ins neue Jahr gehen. „Schlechter kann es ja nicht werden“, sagt er und lacht. An diesem Morgen geht es für ihn zum Amt, seine Frau ist schon unterwegs zum Crêpes-Wagen in Büderich. Der Schausteller will seinen Lkw-Führerschein verlängern, der ist immer nur für fünf Jahre gültig. „Gestern habe ich mal überlegt und festgestellt: In diesem Jahr habe ich tatsächlich kein Mal hinterm Steuer gesessen“, sagt er. Die Lkw-Fahrerlaubnis braucht er für seinen Lastwagen mit Flipperautomaten. Zum Schausteller-Fuhrpark gehören neben dem Food-Truck nämlich weitere Imbiss- und Spielewagen. Schließlich sei das Schaustellerleben ja kein Hobby, sondern ihr Hauptberuf, so Bossle. „Deshalb können wir den Neustart kaum erwarten. Und es ist auch einfach nicht unsere Art, zu Hause zu sitzen und zu warten“, sagt Patrick Bossle. „Das Unterwegssein fehlt uns einfach.“

Info Bossles süße Spezialitäten, Dr.-Franz-Schütz-Platz in Büderich, Mo.-Mi., 12-18 Uhr.

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