Digitalisierung in Meerbusch Ratsmitglieder proben den Livestream

Meerbusch · Testweise wurde die vergangene Sitzung des Stadtrats aufgezeichnet. Von 28 Personen fehlt noch die Einwilligung zur Übertragung im Netz – teils aus Sorge um den Datenschutz.

 Ratssitzungen könnten künftig gestreamt werden

Ratssitzungen könnten künftig gestreamt werden

Foto: Fotos: dpa, Flora Treiber | Montage: Ferl

Bei der probeweisen Aufzeichnung der vergangenen Ratssitzung ging so manches schief. Ständige Tonaussetzer in der Mikrofonanlage und Unsicherheit bei einigen Ratsmitgliedern, die sich fragten, warum nun wieder dieses oder jenes Lämpchen blinkte. „Wahrscheinlich werde ich abgehört“, vermutete etwa scherzhaft CDU-Ratsherr Hans Werner Schoenauer. Zuvor waren die Politiker und Verwaltungsmitarbeiter darüber informiert worden, dass die Veranstaltung als Testlauf für einen möglichen Livestream künftiger Debatten dienen würde. Die Kosten für die Übertragung von sieben Ratssitzungen würden bei rund 14.000 Euro pro Jahr liegen.

„Die technischen Voraussetzungen dafür sind geschaffen“, berichtete Bürgermeister Christian Bommers vor Beginn der Sitzung. Die anwesenden Techniker wollten daher direkt im Anschluss, im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung, von ihrem ersten Eindruck des Probelaufs berichten. Danach wurde den einzelnen Fraktionen die Test-Aufzeichnung zur Verfügung gestellt, damit diese darüber beraten können. Bommers: „Erst dann schauen wir, ob wir die Idee weiterverfolgen werden oder nicht. Das wird letztlich der Rat diskutieren.“

Denn abseits technischer Schwierigkeiten gibt es ein noch viel größeres Problem: Nicht alle 60 Ratsmitglieder sind damit einverstanden, dass ihre Redebeiträge aufgezeichnet, live im Netz übertragen und später auch gespeichert werden dürfen. Stand jetzt haben drei Ratsmitglieder auf die Abfrage der Verwaltung noch gar nicht reagiert, sieben haben sich komplett gegen Livestream und Aufzeichnung ausgesprochen, und 18 Ratsmitglieder sind zwar mit dem Livestream einverstanden. Sie wollen aber nicht, dass die Aufzeichnung dauerhaft gespeichert wird. „Fakt ist also, dass aus der Aufzeichnung 28 Personen herausgeschnitten werden müssten“, sagt Bommers. „Das ist nicht nur ein enormer Aufwand, sondern auch teuer.“

In der Vergangenheit war das Thema Livestream von Sitzungen schon häufiger Thema. In der Corona-Pandemie wurde es mit neuer Dringlichkeit wieder diskutiert, auch weil wegen der Auflagen zeitweise nur eine begrenzte Zuschauerzahl die Sitzungen vor Ort verfolgen durfte. Der in dieser Wahlperiode neu gegründete Digitalausschuss hatte schließlich einstimmig beschlossen, dass künftig sieben Ratssitzungen pro Jahr für die Meerbuscher Bürger live gestreamt werden sollen. Die Idee kam von den Grünen. Aber auch einige Bürger hatten der Verwaltung ihren Wunsch mitgeteilt, kommunalpolitische Sitzungen bequem von zu Hause aus übers Internet verfolgen zu können.

Allerdings hatten etliche Politiker von Beginn an aus datenschutzrechtlichen Gründen Bedenken gegen eine digitale Übertragung. Denn beim Livestreaming von Sitzungen, also dem Aufzeichnen und Übertragen von Bild und Ton, sowie beim anschließenden Einstellen der Aufzeichnung ins Internet werden personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet und verbreitet. Deshalb müssen alle Betroffenen – Ratsmitglieder, Verwaltungsmitarbeiter und Gäste – ihre Einwilligung erklären und jederzeit widerrufen können. In Düsseldorf, Mönchengladbach, Solingen und Monheim haben die Bürger bereits die Möglichkeit, Ratssitzungen live und von zu Hause aus auf dem Bildschirm zu verfolgen.

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