Meerbusch "Produkt der braunen Pest"

Düsseldorf · Der Plan von Denkmalschützern, das möglicherweise nur übertünchte NS-Fresko im Verwaltungsgebäude am Dr.-Franz-Schütz-Platz freizulegen, stößt beim Heißen Draht der RP auf herbe Kritik aus der Bürgerschaft.

Auf gut zehn Quadratmetern Wandfläche hat der Grafiker Fritz Schlüter im Februar 1939 ein "nationalsozialistischen Idealbild" von Büderich verewigt: 2,50 Meter hoch und vier Meter breit — voller hübscher, historischer Gebäude, blonder Bauern und mit einem strammstehenden Hitlerjungen im Zentrum. Denkmalschützer wollen jetzt prüfen, ob das PropagandaFresko im ehemaligen HJ-Heim (heute Verwaltungsgebäude Dr.-Franz-Schütz-Platz) noch vorhanden ist und freigelegt werden kann.

Doch in der Bürgerschaft stößt der Vorstoß auf herbe Kritik, was gestern beim Heißen Draht der Rheinischen Post deutlich wurde: "Es solches Produkt der braunen Pest sollte man nicht freilegen", sagt der Büdericher Bernd Opderbeck. Die Stadt drohe dadurch zur Pilgerstätte für Rechtsextreme zu werden. Besser wäre seiner Meinung nach die Einrichtung eines kleinen Gedenkraums im Haus. Gisela Seidel lehnt die Restaurierung ebenfalls strikt ab: "Man darf die NS-Zeit nicht vergessen, aber es gibt doch wirklich bessere Möglichkeiten, sich über den Nationalsozialismus zu informieren".

Auch bei einem Zeitzeugen stößt der Plan auf wenig Gegenliebe. Karl Schmalbach (82) war selbst Zwangsmitglied in der Lank-Latumer Hitlerjugend. Er meint: "Es ist doch absurd, Geld zu investieren, um so ein ominöses Gemälde zu erhalten". Besser sollte sich die Stadt um die Villa Löwenburg in Lank-Latum kümmern.

Otto Blum, der in Büderich von 1948 bis 1956 zur Schule ging, kann sich noch an das Bild erinnern. Er ist gegen eine Freilegung und findet, die Stadt hätte gut daran getan, das "potthässliche Verwaltungsgebäude abzureißen". Bertold Köninger aus Strümp bringt einen wirtschaftlichen Gedanken ins Spiel: "Man sollte das Fresko nur restaurieren, wenn sich die Arbeit auch rechnet". Christa Kugel findet, dass das Fresko (und das Ehrenmal im Büdericher Alten Kirchturm) Themen im Unterricht sein sollten. Dafür reiche es aber auch aus, ein Foto des Wandbilds zu zeigen und das Original hinter Farbe zu lassen.

Horst-U. Richter aus Büderich könnte sich eine Freilegung des Freskos durchaus vorstellen, aber nur, wenn daneben Fotos vom Ergebnis der NS-Ideologie, zum Beispiel von zerstörten Städte und Flucht und Vertreibung gezeigt würden. Ergänzt werde sollte dies "mit ähnlichen Bildern, die die Ideologie des Kommunismus oder Sozialismus zeigen". Auch der UWG-Vorsitzende Christian Staudinger-Napp meldete sich zu Wort: "Das Wandbild ist kein Beitrag zur Aufarbeitung der Nazigeschichte in Meerbusch. Alleine, ohne die Vermittlung dezidiertem Hintergrundwissens, ist es zur Geschichtsaufarbeitung und zur Warnung vor Rechtsradikalismus nicht geeignet. Hier wird etwas verklärt dargestellt, das die Grundlagen für das Böse des Dritten Reichs schuf".

(RP)
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