Kultur in Meerbusch Ein Schiff als Bild für die Flucht

Büderich · Die neue Gestaltung der Plakatwand am Dr.-Franz-Schütz-Platz gegen Ausländerfeindlichkeit kommt von einem anonym bleibenden Graffitikünstler.

Isabelle Hoffmann und Jochen Schmitz-Linkweiler enthüllten das Plakat am Dr.-Franz-Schütz-Platz.

Isabelle Hoffmann und Jochen Schmitz-Linkweiler enthüllten das Plakat am Dr.-Franz-Schütz-Platz.

Foto: Angelika Kirchholtes

„Das Schiff“ heißt die neue Gestaltung der Plakatwand gegen Ausländerfeindlichkeit, die am Mittwochnachmittag auf dem Dr. Franz-Schütz-Platz enthüllt wurde. Erstmalig wurde sie von einem Graffitikünstler in Szene gesetzt, der allerdings anonym bleiben will und daher auch nicht anwesend war. „Er signiert nie seine Kunstwerke und will diese wirken lassen, ohne dass (s)eine Person ablenkt“, erklärte Isabelle Hoffmann von #strassenfarbemeerbusch, die den Kontakt hergestellt hatte.

Die zunächst weiße Wand war in den letzten Tagen mit dem Wort „Iteration“ versehen worden. Das bedeutet: Die Wand durchlief einen Prozess mehrfachen Wiederholens gleicher oder ähnlicher Handlungen zur Annäherung an eine Lösung. Mit dem Schiff, das sich durch die Wellen kämpft, hat der Graffitikünstler seine Lösung gefunden. Es steht für die Globalisierung, für die Beschaffung von Rohstoffen, Produkten und auch Waffen, die das Weltgeschehen bestimmen. Gleichfalls kann es aber auch ein Schiff sein, dass Flüchtlinge in den sicheren Hafen bringt. Fluchtursache ist oft der Krieg, der durch die Globalisierung und Machtgelüste einzelner Herrscher ausgelöst wird.

„Der Künstler hatte sich dem Thema schon vor zwei Monaten angenähert, als der Krieg in der Ukraine noch nicht ausgebrochen war“, sagte Isabelle Hoffmann. Doch nun sei die Aussage der Plakatgestaltung besonders aktuell. Egal, ob Menschen mit einem Schiff, per Bahn oder zu Fuß fliehen, sie seien Flüchtlinge, die vor Chaos, Terror und Tod die Heimat verlassen und alles zurücklassen, was ihnen vertraut und wertvoll ist, erläuterte Dezernent Frank Maatz, der Bürgermeister Christian Bommers vertrat. Dieser wird heute die Plakatwand besuchen, wenn er mit Landesumweltministerin  Ursula Heinen-Esser den „Markt der Möglichkeiten“ auf dem Platz besucht. Wegen dieses Besuchs wurde die Enthüllung der Plakatwand vorverlegt. Eigentlich sollte die kleine Feier erst am Sonntag stattfinden.

Maatz lobte die bereits 30 Jahre andauernde Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit, die der Künstler Helmut Martin-Myren 1993 nach dem Brandanschlag in Solingen ins Leben gerufen hatte. Seit dieser Zeit ist die Wand eine ständige Mahnung. Nach Myrens Tod übernahm Winfried Schmitz-Linkweiler die Organisation, ehe sie sein Bruder nach dessen Tod übernahm.

Die jetzige Gestaltung ist sehr eindrucksvoll. Vor einem roten Hintergrund fährt das Schiff, das in kräftigen Brauntönen exakt auf die Wand gesprayt wurde, einem hellen Ziel entgegen. Wird es dieses Ziel erreichen? Was hat es geladen? Männer mit Kalaschnikows scheinen es vom Deck aus zu bewachen. Jeder Betrachter ist aufgerufen, sich auf das Bild einzulassen und seine eigenen Gedanken und Gefühle zum Thema Migration, Globalisierung und Verschwendung von Ressourcen einzubringen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort