Neue Serie Meerbuschs Bundestagskandidaten Otto Fricke — liberaler Familienmensch

Meerbusch · Der FDP-Kandidat vermeidet Aggressivität und Gefühl im politischen Streit: Er setzt darauf, dass seine Partei nicht aus Liebe, oder Milieu-Treue, sondern aus Überzeugung gewählt wird. Heute Abend spricht er im Büdericher Hotel "Landsknecht"

 "Mich stört, dass stets mehr Leute die Politik kritisieren als sich selbst politisch engagieren", sagt der FDP-Direktkandidat Otto Fricke. "Dabei bedeutet Demokratie doch eigentlich Selbermachen." Das Foto entstand am Uerdinger Rheinufer. Fricke stammt aus Krefeld-Uerdingen.

"Mich stört, dass stets mehr Leute die Politik kritisieren als sich selbst politisch engagieren", sagt der FDP-Direktkandidat Otto Fricke. "Dabei bedeutet Demokratie doch eigentlich Selbermachen." Das Foto entstand am Uerdinger Rheinufer. Fricke stammt aus Krefeld-Uerdingen.

Foto: Thomas Lammertz

Es gibt ein Ritual zwischen Journalisten und Otto Fricke – wenn man sich mal wieder sieht, fällt garantiert die Frage: "Und wann werden Sie Minister?" Fricke lacht dann und sagt, er wolle nicht Minister werden. Üblicherweise ordnet man diese Antwort unter T wie Taktik ein. Kein Mensch, der bei Trost ist und Minister werden will, sagt, er wolle Minister werden. Bei Fricke aber ist man geneigt, es ihm zu glauben: Der 47-jährige Vater von drei Kindern ist auch Familienmensch, der sich nicht mit Haut und Haaren von der Politik auffressen lassen will. "Ich möchte nicht", sagt er, "dass meine Kinder irgendwann sagen: Mama, der Onkel aus Berlin ist wieder da."

Dabei wäre er ministrabel wie kaum einer in der FDP: Fricke ist dort bestens vernetzt, er wurde zuletzt mit mehr als 90 Prozent als Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion wiedergewählt; er ist stark vertreten in Talkshows und geschätzt als finanzpolitischer Fachmann. Und er ist bürgerlich bis in die Haarspitzen: Ein Uerdinger Junge, der das Uerdinger Heimatblatt liest, bekennend evangelisch ist und eben als Familienvater seine Seele erkennbar nicht an die Politik verkauft hat. Und er hat etwas, das beim Spitzenpersonal der FDP in der öffentlichen Wahrnehmung nicht weit verbreitet ist: Stil. Er ist nicht prollig wie Niebel, nicht ungehobelt wie Brüderle, nicht spätpubertierend wie zuweilen FDP-Chef Rösler und nicht so seltsam divenhaft wie Westerwelle, der erst schwer gedemütigt und ins stählerne Korsett des Außenministeramtes gepresst werden musste, bevor er sich verlässlich um Gediegenheit bemühte.

Eine Frage stellt sich schon, wenn man Otto Fricke, den ewig ruhig Argumentierenden, im Nahkampf beobachtet: Kann er auch kämpfen? Die jüngere FDP-Riege tut sich schwer mit der Abteilung Attacke, sie bleibt meist glatt bis zum Überdruss, auch dann noch, wenn sie sich zum x-ten Mal anhören muss, die FDP stehe für soziale Kälte und die Interessen von Ärzten, Apothekern und Hoteliers. Politische Alphatiere wie Helmut Kohl oder Gerhard Schröder sind bei solchen Anwürfen nicht ruhig geblieben, sie sind auch mal ausgerastet. Fricke sagt, er habe damit schlechte Erfahrungen gemacht. "Ich will ja aus Vernunftgründen gewählt werden", sagt er, "am Ende kommt es nicht darauf an, ob die Leute mich mögen, sondern darauf, wofür ich stehe."

Er glaubt auch, dass die Zeit der robusten Kämpen vorbei ist: "Die Probleme sind mittlerweile so komplex, dass man keine einfachen Antworten mehr geben kann."

Damit fällt zugleich ein Stichwort für die liberalen Inhalte, für die Fricke steht. "Wir haben eine Tendenz in unserer Gesellschaft, dass komplexe Probleme vom Staat gelöst werden können." Fricke teilt diesen Optimismus nicht; Misstrauen in einen all-zuständigen Fürsorgestaat gehört zu seiner politischen DNA. Zu dieser Haltung gehört für ihn auch die Stützung des Mittelstandes, des wirtschaftlichen wie des bürgerlichen, als Rückgrat der Gesellschaft. Wenn der Sozialstaat seine Bürger schröpft, trifft es am Ende immer die Mitte: Das wirft er Grünen und Sozialdemokraten vor. Zuletzt hätten das die Beamtenproteste in Düsseldorf gezeigt, sagt Fricke. Es sei ja nicht wahr, dass angeblich nur sehr gut verdienende Beamte von der Verweigerung der Tariferhöhung getroffen würden. "Es sind die Familien mit A13, die es trifft", sagt er, "der Vorgang zeigt: Am Ende trifft es immer die Mitte." Wer sich bei drohenden Steuererhöhungen beruhigen lasse, dass es nur die Reichen treffe, der irre, meint Fricke. Der Staat, sagt er, habe bei Rekordsteuereinnahmen kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Nur Aufgabenreduzierung sei wirkliches strukturelles Sparen; die Suche nach immer neuen Einnahmen schwäche nur die Mitte. Sorgen um seine berufliche Zukunft hat er nicht, auch wenn die FDP in den Umfragewerten mal wieder am Abgrund der Fünf-Prozent-Hürde entlangstrauchelt. Fricke ist Anwalt, er kann sein Geld auch ohne Politik verdienen. Er glaubt aber, dass der Rückhalt der FDP stärker ist, als von den Demoskopen vermutet. Kurz vor den Wahlen habe es bislang immer eine Besinnung auf liberale Grundwerte gegeben. "Ich glaube, wir schaffen es wieder", sagt er. Er ist auf Platz vier der Liste gesetzt – schafft die FDP den Sprung in den Bundestag, ist Fricke sicher dabei. Und dann wird es sicher wieder heißen: Und wann werden Sie Minister?

Auftritt Heute Abend spricht Otto Fricke ab 19 Uhr im Hotel Landsknecht, Poststraße 70, bei einem Empfang der FDP Meerbusch. Gäste sind willkommen.

(RP)
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