Freizeit in Meerbusch Fährmann Hajo Schäfer vermisst die Autofahrer

Langst-Kierst · Die Pandemie hat dem Fährbetrieb in Langst-Nierst zugesetzt. Zwar nutzen viele Radfahrer die Überfahrt – aber vor allem bei schönem Wetter. 

 Schiffer Hajo Schäfer liebt seinen Arbeitsplatz mit Rheinblick.

Schiffer Hajo Schäfer liebt seinen Arbeitsplatz mit Rheinblick.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Am Rheinkilometer 755,1 stehen vor allem Radfahrer in der Sonne. Sie warten auf die Fähre, die sie von Langst-Kierst nach Kaiserswerth bringt. „Wir wollen dort ein Eis essen und dann auf der anderen Rheinseite wieder nach Hause fahren“, erzählt Esther Brings. Radfahrer sind das typische Bild, das man an den beiden Fähranlegern findet und das bereitet Fährmann Hajo Schäfer Sorgen. „Wir sind eigentlich eine Autofähre. In den letzten Jahren hat sich die Kundschaft aber stark gewandelt. Es kommen immer weniger Autos und dafür mehr Ausflügler. Mit Radfahrern kann man natürlich auch Geld verdienen. Aber die kommen nur bei schönem Wetter“, sagt der Juniorchef der Rheinfähre.

Die Probleme begannen für Schäfer schon vor zwanzig Jahren als die Flughafenbrücke in Betrieb ging. „Da hatten wir einen Einbruch von 75 Prozent im Tagesgeschäft. Vor der Brücke haben wir 1000 Autos am Tag transportiert, jetzt sind es 150. Mittlerweile haben wir uns aber damit arrangiert.“ Dann kam Corona. Die Schulen waren geschlossen und die Schüler, die mit der Michaela II zu den beiden Gymnasien nach Kaiserswerth fahren, fielen weg. Ebenso wie die Autofahrer, die im Home Office gearbeitet haben. Schäfer hatte gehofft, dass es in diesem Jahr wieder besser laufen würde, bis jetzt ist die Frequenz auf der Fähre aber noch nicht wie üblich. Er schätzt, dass viele Menschen weiter von zu Hause arbeiten. Außerdem hätten viele Arbeitnehmer einen Firmenwagen. „Da sind ihnen die Spritpreise egal. Den Preis für die Fähre müssen sie aber selber zahlen“, sagt der Juniorchef des Familienbetriebes.

Für Schäfer kommen aber noch mehr Aspekte zusammen. Das Hotel wurde geschlossen und auch der Campingplatz sei nicht unbedingt ein Ausflugsziel, das Menschen anlockt. Wenn er weniger Kunden habe, müsse er die Preise erhöhen, um seine Kosten decken zu können. „Bei steigenden Preisen springen aber auch wieder Kunden ab. Und das Problem bleibt“, bemerkt der Juniorchef. Er wünscht sich daher mehr Unterstützung der Stadt Meerbusch. „Die Stadt wirbt mit uns, da könnte sie uns auch helfen“, findet er.

Vor Corona konnte Schäfer die Verluste mit der Teilnahme an der Rheinkirmes und am Japantag ausgleichen. Das werde dieses Jahr schwer. „Nach langen Diskussionen in der Familie haben wir beschlossen, dieses Jahr nicht beim japanischen Feuerwerk dabei zu sein.“ Zum einen hätten sie, wegen der gestiegenen Preise für Essen, Musik, Getränke und Sprit, die Fahrkarten um mindestens 15 Euro teurer machen müssen. Zum anderen fehle ihnen die Planungssicherheit. „Die Stadt Düsseldorf behält es sich vor, das Fest noch kurzfristig abzusagen“, erklärt der Fährführer. Bei der Großen Rheinkirmes soll die Michaela II aber im Einsatz sein. Schäfer hofft, bis dahin noch Personal zu finden, denn auch Personalmangel ist eines seiner Probleme. „Trotz hoher Arbeitslosenzahlen ist es schwer, jemanden zu finden, der einige Stunden am Tag hier arbeiten möchte. Wenn bei uns krankheitsbedingt jemand ausfällt wird es schwierig“, sagt er.

Schäfer kommt aus einer Schifferfamilie. Seine Eltern waren in der Längsschifffahrt tätig und wurden, als ihre Kinder schulpflichtig wurden, in Langst-Kierst sesshaft. Dort arbeiteten sie bei dem damaligen Fährbesitzer und haben den Fährbetrieb im Laufe der Jahre übernommen. Mit 10 Jahren hat Schäfer schon nach der Schule auf der Fähre mitgeholfen und sich so sein Taschengeld aufgebessert. Ein anderer Beruf als Fährmann stand für ihn nicht zur Debatte. „Und mit Schule hatte ich es auch nicht so“, gibt er lachend zu.

Schäfer und seine Familie gehören noch zum alten Schlag. Das Schiff und auch die Kunden sind ihnen wichtig. Täglich wird die Fähre gereinigt, denn die Menschen sollen sich wohl fühlen. „Früher kannten wir jeden Kunden. Wenn wir bei Nebel nicht fahren konnten, haben wir alle angerufen und dafür waren sie sehr dankbar.“ Auch die heutigen Kunden schätzen Schäfer. „Der Mann ist wichtig und die Fähre eine Institution. Wenn auf der Straße nichts mehr geht, hier geht immer was“, sagt Joachim Tanner. Das ist aber Teil des Problems. „Die Autofahrer kommen nur, wenn auf der Brücke nichts mehr geht“, so Schäfer.

Für Schäfer war und ist die Schifffahrt ein Traumjob. „Auch wenn ich ein Dienstleister bin, bin ich mein eigener Herr. Und ich habe jeden Tag diesen wunderbaren Ausblick.“ Der Traumjob raube ihm aber mittlerweile oft den Schlaf. Es mache einfach keinen Spaß mehr, wenn man sich nicht gebraucht fühle und ohne Kundschaft rentiere sich das Geschäft natürlich auch nicht. Er wünscht sich, dass wieder mehr Autofahrer seine Fähre nutzen. Jede Fahrt ist wie ein kleiner Urlaub zwischendurch, ist sein Motto. „Bei uns geht es vielleicht nicht schneller, aber man kann die Fahrt genießen. Das sollte sich jeder mal gönnen“, sagt der Juniorchef. Und gibt es eine bessere Art in den Arbeitstag zu starten?

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