Meerbusch früher und heute Altes Bauernhaus in Kierst musste neuer Straße weichen

Kierst · Das dominante Gebäude an der Lanker Straße ist längst verschwunden. Es gehörte ursprünglich zum benachbarten Haus Kierst, das noch heute existiert.

 Das alte Bauernhaus an der Lanker Straße ist längst verschwunden. Im Hintergrund ist der Turm der Martinuskapelle zu sehen.

Das alte Bauernhaus an der Lanker Straße ist längst verschwunden. Im Hintergrund ist der Turm der Martinuskapelle zu sehen.

Foto: Stadtarchiv Meerbusch/ Repro Mike Kunze/Repro Mike Kunze

Die Lanker Straße nach Kierst gehört zu den ältesten Wegeverbindungen im Stadtgebiet. Früher war dies die wichtige Route, die Kaiserswerth über die Fähre, Langst und Kierst mit Lank verband. Das um 700 von Suitbertus gegründete Kloster und spätere Stift in Kaiserwerth hatte schon 904 Besitz in Langst und um 1200 auch den Lanker Fronhof mit der dazugehörigen Kirche erworben. Insofern war diese Route für viele Menschen im Norden des noch landwirtschaftlichen Stadtgebiets bis zum Einmarsch der französischen Revolutionstruppen im Oktober 1793 die wichtigste Verbindung.

Sie nutzten den Weg, um die Pachtabgaben zu entrichten oder Rechtsgeschäfte mit dem Stift zu regeln. Erst im Zuge der Besetzung wurde der Rhein 1801 sogar zur Staatsgrenze zwischen der Republik Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und somit im wahrsten Sinne des Wortes nahezu unüberbrückbar.

 Die Lanker Straße ist eine der ältesten Wegeverbindungen im Stadtgebiet. Wo heute eine breite Straße ist, war früher ein schmaler Weg.

Die Lanker Straße ist eine der ältesten Wegeverbindungen im Stadtgebiet. Wo heute eine breite Straße ist, war früher ein schmaler Weg.

Foto: Stadtarchiv meerbusch/Repro Mike Kunze/Repro Mike Kunze

Allerdings war die Straße noch bis in die 1930er Jahre weder geteert noch gepflastert, sondern lediglich mit gestampftem Kies versehen. Auch das Bild aus der Mitte der 1960er Jahre zeigt nur einen überraschend schmalen Weg, der längst durch eine breite Kreisstraße (K1) ersetzt worden ist. Überhaupt hat sich die Szenerie sehr verändert. Das dominante Gebäude in der Bildmitte ist längst verschwunden – vor allem, um Autos Platz zu machen. Der Form nach ist der Fachwerkbau ein Hallenhaus aus dem 16. oder 17. Jahrhundert. Bis ins 18. Jahrhundert hatten diese Häuser nicht einmal gemauerte Kamine, sondern nur eine Feuerstelle in der Küche, deren Rauch durch eine Öffnung im Dach abzog. Dies war die einzige Wärmequelle im Haus. Auch die Tierkörper gaben Wärme ab: Deshalb waren Schlafräume über dem Kuhstall trotz des Geruchs, der durch die Bodendielen drang, besonders im Winter begehrt.

Zu Wohnzwecken diente allerdings nur etwa ein knappes Viertel des Hauses. Zur Straße hin sind die Kellerschächte zu erkennen. Der nur zum Teil in die Erde versenkte Gewölbekeller war kühl und diente der Aufbewahrung von Bier und verderblichen Lebensmitteln wie Butter oder Fleisch.  Die Wohnebene lag etwas höher als der Rest des Hauses, was bei Hochwasser praktisch sein konnte.

Im übrigen Erdgeschoss waren Ställe für das Vieh und wohl auch eine Abstellmöglichkeit für einen Pferdewagen untergebracht. Der Söller diente dazu, Stroh, Heu und die Ernte einzuspeichern. Ursprünglich war wohl das ganze Haus aus Fachwerk, wobei im Laufe der Jahrhunderte angefaulte Balken der Längsseiten an vielen Häusern durch Mauerwerk ersetzt wurden. Auch war das Dach anfangs mit Stroh gedeckt. Dachziegel aus Ton kamen oft erst um 1800 aus Gründen des Brandschutzes, ebenso wie Kamine.

Das beschriebene Bauerhaus gehörte ursprünglich zum benachbarten Haus Kierst, das heute noch existiert. Da hier aber eine Adelsfamilie – etwa die von Ass oder von Streversdorff – lebte, die übrigens für ihre Dycker Lehnsherren das Kloster Meer und das Kaiserswerther Stift und den Isselbusch beaufsichtigten, war es üblich, den von einem Pächter bewirtschafteten bäuerlichen Betrieb auszulagern. Das denkmalgeschützte Haus Kierst selbst ist nur teilweise am rechten Bildrand zu erkennen. Heute versperren Pferdeställe und ein Mehrfamilienhaus den Blick dorthin.

Im Hintergrund ist außerdem der Turm der 1910 erbauten Martinuskapelle zu sehen, der noch heute weit ins Land grüßt.

Das Gotteshaus wurde an Stelle eines mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet, der nahezu baufällig geworden war. Die im weiteren Verlauf der Lanker Straße sichtbaren Gebäude sind ebenfalls längst Geschichte und moderner Wohnbebauung gewichen.

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