Landwirtschaft in Meerbusch Vater und Sohn planen Hof von morgen

Nierst · Die Nierster Landwirte Alexander und Rainer Roos setzen mit einem Hühnermobil und einer regionalen Abo-Kiste auf neue Ideen. Bei der Schweinemast setzen sie auf eine artgerechtere Haltung.

Alexander (l.) und Vater Rainer Roos setzen auf eine artgerechtere Tierhaltung als es in der konventionellen Landwirtschaft üblich ist.

Alexander (l.) und Vater Rainer Roos setzen auf eine artgerechtere Tierhaltung als es in der konventionellen Landwirtschaft üblich ist.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Den elterlichen Hof übernehmen? In Alexander Roos’ Lebensplan kam das nicht vor. Der 25-Jährige hatte seine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau absolviert und wollte studieren. Doch vor zwei Jahren wurde Vater Rainer plötzlich krank und fiel für mehr als zwei Monate aus. „Alexander musste einspringen“, erinnert sich der 52-Jährige. „Und dabei hat er überraschenderweise Blut geleckt.“ Aber studieren, das wollte der einzige Sohn von Claudia und Rainer Roos doch noch unbedingt. In knapp zwei Jahren, wenn er seinen Bachelor in Agrarwirtschaft fertig hat, will Alexander voll im Betrieb einsteigen. „Der Job als Landwirt ist abwechslungsreich“, sagt er. „Jeden Tag was Neues.“

Sein Vater Rainer hat den Hof, der seit rund 200 Jahren von der Familie in Nierst bewirtschaftet wird, in den vergangenen 30 Jahren stark vergrößert und zu einem Unternehmen ausgebaut. Seit 25 Jahren konzentriert er sich auf die Schweinemast. Aber auch der Anbau von Erdbeeren, Roggen, Gerste, Weizen, Zuckerrüben und Kartoffeln gehört dazu. „Unser Betrieb ist weitestgehend eine Kreislaufwirtschaft“, erklärt Rainer Roos. „Alles wird verwertet.“ Das Futter der Schweine etwa besteht zu 80 Prozent aus eigenem Getreide, der Schweinemist dient dann als Dünger fürs Feld. „So brauchen wir weniger Kunstdünger.“

Rund 800 Schweine werden auf dem Hof gemästet. „Wir bekommen die Ferkel mit rund 30 Kilo. Nach vier Monaten wiegen sie etwa 120 Kilo und werden abgeholt“, erzählt der Landwirt. In einem Metzgereibetrieb in Brüggen wird das Fleisch verarbeitet. Die Produkte vom „Rhein-Schwein von Bauer Roos“ werden in Supermärkten in der Region verkauft, etwa bei Rewe in Stratum.

Einen so großen Hof zu betreiben, kostet Kraft. Und so reich, wie viele meinen, werde man damit nicht. Hinzu kommt, dass Landwirte kein gutes Image haben. „Wir werden oft beschimpft – und die Bürokratie wird immer schlimmer“, sagt Rainer Roos. „Aber zum Glück kümmert sich meine Frau um den Papierkram.“ Dennoch ist Alexander Roos, der sein Studium an der Fachhochschule in Soest absolviert, überzeugt: „Die Landwirtschaft hat Zukunft. Wir müssen dafür aber die Leute verstärkt ins Boot holen und transparent arbeiten.“

Und der junge Mann hat bereits zahlreiche Ideen, wie das auch gelingen könnte. Auf jeden Fall will er die Direktvermarktung ausbauen. Ihm schwebt eine Abo-Bestellkiste mit Meerbuscher Produkten vor. „Vieles könnten wir selbst beisteuern, einige Produkte könnten wir von anderen Meerbuscher Landwirten dazu kaufen.“ Das Ganze sei noch Zukunftsmusik, aber es gebe bereits Kontakt mit einer Werbeagentur, um ein Konzept dafür zu entwickeln.

Weiterer Plan: Vater und Sohn haben ein Hühnermobil für 450 Hühner gekauft. Dieser vollautomatische Stall für artgerechte Hühnerhaltung soll im Herbst auf einer Wiese in Langst-Kierst aufgestellt werden. „Ich kann mir vorstellen, dass Kinder die Hühner dort füttern können. Oder wir bieten Besuchertage an“, erzählt der 25-Jährige. Am liebsten würde er neben dem Hühnermobil auch Verkaufsautomaten aufstellen. Aber da gebe es noch Probleme mit dem Bauamt. „Das ist schade“, sagt Alexanders Vater. „Da will ein junger Kerl etwas Innovatives machen und statt ihn zu unterstützen, legt man ihm ständig nur Steine in den Weg.“

Denn Vater Roos steht voll hinter den Plänen: „Ich bin offen für Alexanders Ideen“, beteuert er. Denn auch er wollte einiges anders machen, als er den Hof als junger Landwirt übernahm. Statt die Schweine etwa auf Beton-Spaltenböden mit weniger als einem Quadratmeter Platz pro Tier zu stellen, hat er von Beginn an auf artgerechte Haltung auf Stroh gesetzt. „Täglich wird frisches Stroh nachgelegt. Die Tiere fühlen sich sauwohl, weil das sehr sauber ist. Das Stroh saugt komplett den Harn auf und bindet den Kot.“ Außerdem sei das Stroh weich, die Tiere können darauf schlafen, es fressen, darin scharren, damit spielen und sich Gruben bauen.

Weil seine Schweine mehr Platz haben, sei das Fleisch auch muskulöser und schmackhafter. „In unser gemahlenes Getreide, das die Tiere fressen, mixen wir Mineralfutter und Kräuter, etwa Oregano, das verbessert die Darmflora“, erklärt Alexander Roos. „Unsere Tiere dürfen fressen und trinken, so viel sie wollen.“

Diese Form der Schweinhaltung ist artgerechter als die konventionelle, erfüllt aber nicht die Kriterien der Bio-Landwirtschaft. „Aber dass es den Tieren gut geht, sieht man daran, dass alle ihre Ringelschwänze haben“, betont Alexander Roos. In der Massentierhaltung werden diese abgeschnitten, weil sich die gestressten Schweine die Schwänze sonst gegenseitig abknabbern. „Die Haltung auf Beton-Spaltenböden ist deutlich günstiger, aber nicht artgerecht“, sagt der Agrarwirtschaftsstudent. „Wenn die Schweine ausgewachsen sind, stehen sie so eng, dass sie kaum umfallen können.“ Er kann sich vorstellen, den Schweinen in Zukunft auch Auslauf zu ermöglichen. Außerdem will er auf längere Sicht noch ökologischer wirtschaften und so weit es möglich ist „weg von Pflanzenschutzmitteln“. „Unser Kapital steht auf den Feldern“, sagt er.

Das Ganze ist aber auch eine Kostenfrage. Rainer Roos hat jahrelange Erfahrung und weiß: „So lange nur wenige Leute bereit sind, für gute Lebensmittel mehr zu zahlen und auf regionale Produkte zu setzen, so lange wird sich in der Landwirtschaft auch nicht viel ändern.“

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