Lehrerin aus Turkmenistan „In Meerbusch habe ich Deutschland von einer anderen Seite kennengelernt“

Meerbusch · Deutschlehrerin Gulnara Azynova aus Turkmenistan war 20 Tage zu Besuch in der Gesamtschule in Büderich. Es war ihr zweiter Besuch in Deutschland: Meerbusch fand sie besser als Hamburg.

 Lehrerin Gulnara Azynova unterrichtet Deutsch in Aschgabat, der Hauptstadt von Turkmenistan. Dort steht Disziplin auf der Tagesordnung, unter anderem da in einer Klasse 45 Schüler sind.

Lehrerin Gulnara Azynova unterrichtet Deutsch in Aschgabat, der Hauptstadt von Turkmenistan. Dort steht Disziplin auf der Tagesordnung, unter anderem da in einer Klasse 45 Schüler sind.

Foto: Sebastian Bernatzki

Sie waren nun knapp drei Wochen zu Besuch in Deutschland. Wie wurden Sie von Ihrer Gastfamilie und Ihren neuen Kollegen empfangen?

Gulnara Azynova Alle waren sehr freundlich, geduldig und haben sich um mich gekümmert. Ich habe jetzt viele Ideen, wenn ich wieder nach Hause fahre. In der gesamten Zeit habe ich viele Unterrichtsstunden besucht.

Haben Sie sich die Deutschen so vorgestellt?

Azynova Früher dachte ich, die Deutschen seien kalte, sehr pünktliche Menschen und das man nur Würstchen isst und Bier trinkt. Aber in den drei Wochen hier war alles anders. Alle sind sehr nett zu mir und wir haben in der Zeit sehr viel gelacht.

Hat Sie  etwas besonders überrascht?

Azynova Am 11. November um 11.11 Uhr war ich in Köln. Das war ein Kulturschock für mich. Aber es war sehr lustig! (lacht) Das war ein Höhepunkt für mich, was die deutsche Kultur betrifft.

Ist das Ihr erster Besuch in Deutschland gewesen?

Azynova Nein, ich war schon 2011 in Hamburg. Aber dort war alles schrecklich. Niemand hat sich um mich gekümmert oder mir etwas gezeigt. Dieses Mal war alles anders. Ich habe die beste Gastfamilie, die besten Gasteltern. In Meerbusch habe ich Deutschland von einer anderen Seite kennengelernt.

Und wie war die Zusammenarbeit im Kollegium?

Asynova Das gesamte Team hier ist sehr gastfreundlich. Ich war einen Tag auf einem Seminar in Aachen und ein Kollege hat mir anschließend die Stadt gezeigt.

Wie fanden Sie das Seminar?

Azynova Es war eine wunderbare Möglichkeit für die Lehrer. Das Gelernte kann ich auch für Schulbücher benutzten. Ich bin Co-Autorin für Lehrbücher. Wir haben schon für die erste, dritte und fünfte Klasse Bücher geschrieben.

Wie unterscheidet sich der Unterricht in Deutschland zu dem in Turkmenistan?

Azynova Hier gibt es etwas mehr Freiheit. Die Schüler haben mehr Möglichkeiten im Schulsystem. In Turkmenistan herrscht Disziplin. Der Tag ist komplett durch getaktet.

Wie sieht ein typischer, turkmenischer Schultag aus?

Azynova Er beginnt damit, dass alle Schüler vor dem Unterricht sich versammeln und gemeinsam fünf Minuten Gymnastik machen. Anschließend beginnt der Unterricht. Eine Unterrichtsstunde geht 45 Minuten. Eine Stunde wird zum Beispiel mit Mundgymnastik begonnen. Dann werden die Hausaufgaben kontrolliert und besprochen. In jedem Fach und in jeder Stunde gibt es neue Hausaufgaben. Anschließend wird ein Thema durchgenommen. In den Pausen, welche zwei, drei Minuten lang sind, besprechen sich die älteren Kinder. Die jüngeren machen Gymnastik. Das ist freiwillig.

An was für einer Schule arbeiten Sie?

Azynova Ich arbeite auf einer speziellen Schule, zu der auch ein Kindergarten gehört und die Schüler früh Fremdsprachen lernen. Die erste schon im Kindergarten. Die zweite wählen sie in der fünften Klasse. Bei uns sind in einer Klasse 45 Schüler. Deshalb ist auch Disziplin so wichtig. (lacht)

Ist Deutsch in Turkmenistan eine beliebte Fremdsprache?

Asynova Ja, viele wählen Deutsch, damit sie später in Deutschland oder Österreich studieren können. Neben Deutsch wird noch Französisch und Englisch angeboten. Englisch können jedoch schon viele Schüler. Meine Mutter spricht zum Beispiel mit meiner Tochter seitdem sie ein paar Jahre alt ist nur Englisch.

Wird sich nach Ihrem Besuch in Meerbusch etwas an Ihrem Unterricht verändern?

Asynova Auf jeden Fall. Ich möchte gerne eine Mischung aus dem Unterricht in Deutschland und dem in Turkmenistan machen. Gruppenarbeit, Freiarbeit oder zum Beispiel die Imker AG möchte ich auch an unserer Schule anbieten.

Wie würden Sie Freiarbeit in Ihren Unterricht einbinden?

Asynova Dort würde ich den Schülern fünf Themen zur Auswahl geben, aus denen sie sich eins raussuchen können. Sie hätten dann einen Monat Zeit, etwas auszuarbeiten.

Was wird Ihnen aus Meerbusch im Gedächtnis bleiben?

Asynova Mir hat es sehr gefallen abends mit Anno und Andrea (Gastfamilie, Anm. d. Redaktion) am Tisch zu sitzen, den Tag zu besprechen und Wein zu trinken. (lacht)


Wie sieht der Feierabend bei Ihnen normalerweise aus?

Asynova In Turkmenistan bin ich meistens erst um acht Uhr zu Hause. Der Unterricht teilt sich bei uns in zwei Einheiten auf. Einmal von neun bis 13.30 Uhr und von 13.30 bis 19 Uhr und das sechsmal die Woche. Wenn ich zu Hause angekommen bin, koche ich für meine Familie und helfe meiner Tochter bei den Hausaufgaben. Für mich habe ich nur eine Stunde am Tag.

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