Meerbusch Kreisausschuss stoppt neue Miettabelle

Düsseldorf · Mit einer schallenden Ohrfeige für die Kreisverwaltung und den Vorsitzenden des Kreis-Sozialausschusses, Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU), endete jetzt die Diskussion über eine neue Miettabelle für den Rhein-Kreis.

Die Ausschuss-Mitglieder aller Fraktionen kamen zu dem Schluss, dass das von einem Hamburger Beratungsbüros erarbeitete Gutachten für eine Entscheidung überhaupt nicht ausreichend sei. Man einigte sich auf Vertagung des Punktes und die Gründung einer Arbeitsgruppe.

Mieterparadies Meerbusch?

Durch die neue Mietwerttabelle soll gerichtsfest definiert werden, was angemessener Wohnraum für Bezieher von Hartz IV ist (RP berichtete). Für den Kreis, der zurzeit fast 70 Millionen Euro Miete für Hartz-IV-Empfänger ausgibt, würden möglichst niedrige Mietwerte eine Millionen-Einsparung bedeuten. Das Beratungsbüro kam dann auch zu dem Ergebnis, dass der Kreis für 23 Prozent der Hartz-IV-Empfänger zu hohe Mieten bezahlt. In Meerbusch — das nach der umstrittenen Ansicht der Gutachter das günstigste Pflaster für Sozialmieter im gesamten Kreis ist — würden sogar 30 Prozent der Betroffenen in "zu teuren" Wohnungen leben. In Meerbusch sei maximal ein Quadratmeterpreis von 4,57 Euro für Sozialmieter (in Apartments bis 45 Quadratmeter) angemessen, rechneten die Gutachter aus. Nach Intervention des Meerbuscher Hauptausschusses wurde der Wert noch auf 4,84 Euro erhöht. Makler gehen dagegen von Durchschnittsmieten um 7,50 Euro aus.

Aus der Meerbuscher Politik wurde kurz vor der Entscheidung scharfe Kritik am Gutachten laut. Die Zahlen seien "völlig marktfremd". Die Meerbuscher Verwaltung vermutet, dass die Gutachter die von der Sozialcharta geschützten Niedrig-Mieten der Böhlersiedlung (die aber nur für Altmieter gelten) überproportional berücksichtigt und Immobilien zweier anderer Wohnungsgesellschaften schlicht ignoriert hat. Die Kreisverwaltung versicherte jedoch der Politik, dass alle großen Wohnungsgesellschaften angefragt worden seien.

"Ghettobildung droht"

Der Ausschussvorsitzende, Dr. Klose, war zu Beginn der Sitzung noch davon ausgegangen, dass das Gutachten und die von der Kreisverwaltung erteilten Auskünfte ausreichend seien, um zu entscheiden. SPD-Fraktionschef Rainer Thiel warnte vor den Folgen: "Wenn die Obergrenzen des Mietspiegels in Teilen des Kreises abgesenkt werden, befürchten wir, dass Hartz-IV-Empfänger keine andere Wahl haben, als in Stadtteile zu ziehen, wo es dann zu Ghettobildungen kommen wird." Thiel forderte, eine Stellungnahme der Städte und Gemeinden einzuholen. Die durfte der Gutachter bislang nicht fragen, weil der Kreis nicht wollte, dass die Ergebnisse "beeinflusst werden".

(RP)
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