Meerbusch „Kommunion ist aufregend“

Düsseldorf · RP-Gespräch Morgen ist Chiara Giambellucas großer Tag: Die Neunjährige feiert am Weißen Sonntag ihre Erstkommunion. Annemarie Monien erinnert sich, wie das Fest vor 60 Jahren war.

Morgen zieht Chiara mit vielen anderen Erstkommunionskindern in die Lank-Latumer St.-Stephanus-Kirche ein. Annemarie Monien will vielleicht vom Straßenrand aus zuschauen. Die 70-Jährige feiert am 13. April ihre Diamantkommunion.

Wie war das damals, vor 60 Jahren?

Annemarie Monien Soll ich mal was verraten? Ich hatte gar nicht am Weißen Sonntag Kommunion, sondern im Juni 1948. Das lag daran, dass unser Pfarrer krank war. Also mussten wir uns damals noch ein wenig gedulden. Freust du dich denn auf deine Kommunion?

Chiara Ja. Ich bin aber auch aufgeregt. Ich muss eine Kerze in die Kirche tragen und sie abgeben. Da passiert hoffentlich nichts.

Annemarie Monien Ach, das passt schon. Da musst du dich nicht sorgen. Alle Kinder sind vor ihrer Kommunion aufgeregt. Ich war es auch. Damals war alles noch ganz anders als heute. Wir hatten nach dem Krieg Kerzen aus so schlechtem Wachs, dass sie ganz weich wurden, wenn man sie anzündete. In der Kirche hat sich eine Kerze so gebogen, dass die Haarschleife eines Mädchens in der Bank vor mir Feuer fing.

Chiara Unsere Kerzen sind sehr schön geworden. Wir haben sie im Kommunionsunterricht gebastelt. Unsere Lehrerin hat Fische ausgeschnitten und wir haben unsere Namen drauf geschrieben. Dann haben wir noch ein Boot gemalt, und der Pastor hat Menschen ausgeschnitten, auf die wir auch unsere Namen gemalt haben. Die hat er dann alle in das Boot gesetzt. Das Boot ist unser Kommunionsmotiv.

Annemarie Monien Das finde ich aber schön, dass ihr ein Motto habt. So etwas gab es früher nicht. Meine Kommunion war acht Tage nach der Währungsreform. Danach hatte jede Familie nur noch 40 Mark. Deshalb gab es auch kaum Geschenke. Ich habe zwei Buntstifte, einen Rosenkranz und eine kleine Madonna aus Lourdes bekommen. Mehr nicht. Was wünscht du dir denn zur Kommunion?

Chiara Ich bekomme ein Fahrrad. Da freue ich mich schon drauf. Und auf meine Omas und Opas, die extra aus Italien angereist sind. Wir feiern mit 40 Gästen bei Papa im Lokal.

Annemarie Monien So viele? Mein Gott, das ist ja schon wie eine Hochzeitsgesellschaft. Meine Kommunion war nach dem Krieg, wir hatten kein Geld, um zu feiern. Nur eine Tante aus Strümp war zu Besuch da. Und mein Vater, daran erinnere ich mich noch gut, der hatte seinen schwarzen Festtagsanzug an. Festlich war es damals schon. Aber auch viel ernster als heute. Es ging halt um den Glauben, der stand im Mittelpunkt. Ein Festessen oder Geschenke, die waren nicht so wichtig. Das hat uns auch nicht gefehlt. Und vor der Kommunion, das weiß ich auch noch, mussten wir beichten und danach ganz schnell ins Bett, damit wir nichts Böses mehr anstellen konnten.

Chiara Ich habe auch schon gebeichtet. Aber ich sag nicht was. Wir feiern nach der Kommunion mit der ganzen Familie, und es gibt mein Lieblingsessen: Lasagne.

Annemarie Monien Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, was bei uns aufgetischt worden ist. Dafür weiß ich aber noch, dass ich das Kommunionskleid meiner Schwester getragen habe. Ein schlichtes weißes. Heute sind die Kleidchen mit Reifrock, oft unbequem oder aber so modisch, dass sie ein paar Jahre später niemand mehr tragen kann.

Chiara Ich habe ein beiges Kleid mit Blümchen drauf. Das habe ich schon bei der Hochzeit meines Onkels auf Sizilien angehabt. Bei der Trauung durfte ich die Eheringe in die Kirche bringen.

Annemarie Monien Wir hatten damals Führ-Engelchen, die uns aus der Kirchenbank zur Kommunion geleitet haben. Gibt es das bei deiner Feier auch?

Chiara Ja, das machen die Messdiener. Wir durften die Hostie auch schon probieren. Die war aber nicht geweiht.

Annemarie Monien Nee, das gab’s bei uns nicht. Unsere Hostien waren früher auch viel dünner als heute. Die kommen jetzt aus Mariendonk in der Nähe von Kempen.

Chiara Hattest du damals auch eine Freundin, mit der du am Weißen Sonntag zusammen in die Kirche gegangen bist?

Annemarie Monien Ja, das war die Gerti Diederichs. Mit der treffe ich mich heute noch regelmäßig. Wir sind unser ganzes Leben lang Freundinnen geblieben. Das ist doch schön, oder?

Chiara Ja.

Das Gespräch führten Norbert Stirken und Tina Stockhausen

(RP)
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