84 geplante Plätze fallen weg Doch kein Kita-Anbau in Büderich

Für die Stadt ist die Entscheidung „ein Desaster“. Gegner sind erleichtert, dass die „Mammut-Kita“ mit rund 160 Plätzen vom Tisch ist. Befürworter trauern um die vertane Chance, etwas gegen das Betreuungsproblem im Stadtteil zu tun.

 Die Kapazität der Kita Schatzkiste auf dem Gelände der Bethlehemkirche in Büderich sollte verdoppelt werden.

Die Kapazität der Kita Schatzkiste auf dem Gelände der Bethlehemkirche in Büderich sollte verdoppelt werden.

Foto: ena

Die Kita Schatzkiste, deren Träger die evangelische Kirchengemeinde Büderich ist, wird nun doch nicht erweitert. Das hat das Presbyterium einstimmig beschlossen – auch mit Blick auf das neue Presbyterium, das im März 2020 seine Arbeit aufnimmt. „Wir mussten so handeln, um in Zukunft wieder Frieden in der Gemeinde zu haben“, sagt Pfarrer Wilfried Pahlke, der das Projekt unterstützt hat. „Wir sind enttäuscht, geschockt und haben es uns mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht“, ergänzt Ute Canaris, Presbyteriumsvorsitzende. Als ,Einknicken’ dürfe man den Schritt aber nicht verstehen. „Wir sind weiterhin überzeugt, dass die Erweiterung gut und notwendig gewesen wäre. Der Bedarf an Kita-Plätzen ist enorm. Und wir hätten den Eltern, die in Not sind, gerne geholfen.“

 Das alte Pfarrhaus an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße wird auf jeden Fall im nächsten Jahr abgerissen, sagt Pfarrer Wilfried Pahlke.

Das alte Pfarrhaus an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße wird auf jeden Fall im nächsten Jahr abgerissen, sagt Pfarrer Wilfried Pahlke.

Foto: RP/Anke Kronemeyer

Die Vorgeschichte: Schon im Sommer 2018 hatte Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage Pfarrer Pahlke gefragt, ob die evangelische Kirche in Büderich mehr Kita-Plätze schaffen könne. Mögliche Lösung: Das alte Pfarrhaus an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße sollte abgerissen und das Grundstück für 30 Jahre auf Erbpacht-Basis an die Stadt übergeben werden. Dort sollte dann ein viergruppiger Erweiterungsbau der benachbarten Kita Schatzkiste entstehen, die evangelische Kirchengemeinde sollte die Trägerschaft für die Gesamteinrichtung übernehmen. Das Außengelände sollte ebenfalls erweitert und eine Verbindung zur bestehenden Kita geschaffen werden. Start der neuen Kita mit zehn U3-Plätzen und 74 Ü3-Plätzen: das Kindergartenjahr 2020/21.

Zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Kirche, der Stadt, mit Anwälten und Architekten wurden geführt, auch in der Politik war das Projekt bereits Thema. Die Stadt hat rund 20.000 Euro in die Planung gesteckt. Zuletzt wurden aber die Bedenken sowohl im Presbyterium als auch in der Elternschaft und im Kita-Team Schatzkiste immer größer. Und wer am Donnerstagabend bei der Informationsveranstaltung mit rund 80 Besuchern in der Christuskirche war, bekam einen Eindruck davon, wie tief die Gräben in der evangelischen Kirchengemeinde mittlerweile sind.

Da ging es um mangelnde Kommunikation und Information, aber auch um bewusste Fehlinformation. Außerdem um finanzielle Belastungen und Risiken, knifflige Vertragsdetails und jede Menge Zahlen. Erst später am Abend dann auch – und das kam vielen Eltern zu kurz – um das Wohl der Kinder. Denn in der neuen Kita sollten insgesamt rund 160 Kinder betreut werden. „Eine solche Masseneinrichtung birgt Risiken. Die Kindern brauchen eine familiäre Atmosphäre. Für solche Groß-Kitas gibt es bislang kaum aussagekräftige Statistiken. Wir können dieses Risiko nicht auf dem Rücken der Allerkleinsten austragen“, sagte ein Vater. Auch für die Erzieher sei die Belastung in einer so großen Kita enorm. „Bei der aktuellen Personalnot werden wir für eine solche Mammut-Kita gar kein qualifiziertes Personal finden“, befürchtete eine Mutter. „Wenn die Kita scheitert, schadet das auch dem Ruf der Gemeinde.“ Ein alternativer Vorschlag aus dem Publikum: Neben der Christuskirche gibt es eine Wiese im Besitz der Kirche, auf der ein separater Kita-Neubau entstehen könnte. Dazu sagt Pfarrer Pahlke jedoch: „Diese Wiese sollte nie verkauft oder verpachtet werden.“

Noch während der Veranstaltung am Donnerstag distanzierte sich Peter Annacker, Bereichsleiter Soziale Hilfen und Jugend, von dem Vorwurf, das Verfahren sei nicht transparent gewesen: „Es liegt nicht in der Verantwortung der Stadt, wie in der Gemeinde kommuniziert wird“, sagte er und kündigte an: „Wir werden es akzeptieren, wenn die Gemeinde den Vertrag ablehnt.“

Dass es nun tatsächlich dazu gekommen ist, kommentiert Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage so: „Die Entscheidung, das Vorhaben nach 17-monatigen Verhandlungen nicht weiterverfolgen zu wollen, ist in ihrer Konsequenz ein Desaster für die 84 Eltern, denen ein Kita-Platz ursprünglich schon zum 1. August 2020 in Aussicht gestellt worden ist, und für die Stadt Meerbusch, die den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erfüllen muss.“

Die Stadt hatte anfangs einen Kita-Neubau am Hallenbad geplant. „Dafür konnte die Bezirksregierung Düsseldorf keine Genehmigung in Aussicht stellen, weil diese Fläche sowie große Teile des Ortskerns von Büderich in der Tagschutzzone des Flughafens Düsseldorf liegen“, so die Verwaltungschefin. Sie selbst habe daher vorab die Kirchengemeinde gebeten, eine Fläche an der Karl-Arnold-Straße erwerben zu können, die der Kirchengemeinde gehört. „Obwohl dieser Standort wegen der räumlichen Nähe zu anderen Kita-Standorten nicht optimal war“, sagt sie. Und weiter: „Vonseiten der Kirchengemeinde wurde dann eine weitere viergruppige Einrichtung an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße vorgeschlagen. Die Fläche ist optimal, weil sie gut gelegen und zudem ohne Änderung des Bebauungsplanes sofort bebaubar ist.“ Die Stadt habe daraufhin zugesagt, alle Kosten für das Bauvorhaben einschließlich des Abrisses des Pfarrgebäudes sowie den Eigenanteil für den Betrieb der Einrichtung zu übernehmen. Die Bürgermeisterin weiter: „Trotz der zähen Verhandlungen, unter anderem in Teilen mit einem nicht nachvollziehbaren Misstrauen gegenüber der Stadt, das mich aufgrund unserer jahrelangen guten Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde auch persönlich enttäuscht hat, habe ich zu keinem Zeitpunkt die Realisierung des Projektes bezweifelt. Durch die Entscheidung des Presbyteriums sind jetzt eineinhalb Jahre wertvolle Zeit verschwendet worden, die die Stadt daran gehindert haben, eine andere Lösung zu planen und umzusetzen. Wir arbeiten jetzt mit Hochdruck daran, das Neubauvorhaben an einem anderen Standort zu realisieren. Es werden derzeit verschiedene Flächen geprüft, ich hoffe, bis Ende der Woche ein belastbares Prüfergebnis vorliegen zu haben. Geld im Haushalt ist eingestellt.“

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