Meerbusch Kampf gegen höhere Müllgebühren

Meerbusch · Setzt die rot-grüne Landesregierung ihre Pläne für einen Abfallwirtschaftsplanum, drohen höhere Müllgebühren — so sieht es die Kreisverwaltung. Sie behält sich eine Klage vor und prüft Wege, um die Landesregelung zu umgehen

 Die Müllverbrennungsanlage in Krefeld ist eine von nur noch vier Anlagen, in die laut neuem Abfallwirtschaftsplan Meerbuscher Müll künftig geliefert werden darf.

Die Müllverbrennungsanlage in Krefeld ist eine von nur noch vier Anlagen, in die laut neuem Abfallwirtschaftsplan Meerbuscher Müll künftig geliefert werden darf.

Foto: Thomas Lammertz

Kommunen, die ihre Siedlungsabfälle in Müllverbrennungsanlagen entsorgen lassen, sollen die entsprechenden Aufträge künftig nur noch in begrenzten Regionen ausschreiben dürfen. Der Rhein-Kreis Neuss sieht damit den Wettbewerb ausgehebelt und befürchtet für sein Gebiet letztlich ungünstigere Konditionen beim Vertragsabschluss. Die Folge wären höhere Müllgebühren für die Bürger. Zwar ist der neue Abfallwirtschaftsplan (AWP) noch nicht in Kraft, der Kreis sieht sich aber dennoch in Zugzwang: Zum 1. Januar 2017 will er seine Restabfallentsorgung neu ausschreiben. Dabei sollten eigentlich möglichst viele Bieter Angebote abgeben können, dann jedoch sickerten die ersten Infos über den AWP durch: Erst war die Rede von einer Region mit acht Müllverbrennungsanlagen, derer sich der Kreis bedienen könne. Nach einer Neufassung der AWP-Pläne sind es jetzt sogar nur noch vier.

Im Kreisausschuss holte sich Landrat Hans-Jürgen Petrauschke jetzt - bei Gegenstimmen der Grünen und Enthaltungen von SPD und Piraten - das Mandat, gegen die Umsetzung des AWP zu klagen oder Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzulegen. Der Kreis befürchtet nicht nur steigende Gebühren für die Bürger, sondern auch rechtliche Risiken bei seiner Ausschreibung. Möglicherweise müsse der Kreis mit Klagen von Müllverbrennungsanlagen rechnen, so Petrauschke. Dabei sei es unerheblich, ob der Kreis nach den zu erwartenden Vorgaben des AWP ausschreibe oder nicht. In beiden Fällen könnten sich Betreiber von Müllverbrennungsanlagen benachteiligt und vom Wettbewerb ausgeschlossen sehen. "Uns geht es nicht ums Klagen, aber wir brauchen Rechtssicherheit und wollen günstige Gebühren", sagte Kreisumweltdezernent Karsten Mankowsky. Dürfe der Kreis, wie vom Land geplant, nur noch eingeschränkt ausschreiben, drohten Preisnachteile bis zu 100 Euro pro Tonne Müll, der verbrannt werden soll. Auch ökologisch betrachtet sei der AWP zweifelhaft, da die geplanten Entsorgungsregionen nahegelegene Verbrennungsanlagen teils nicht berücksichtigten und die Effizienz der Anlagen nicht gewichtet würden.

Fakt sei, so der Kreis, dass in NRW ein Überangebot an Verbrennungskapazität bestehe. Das Land versuche nun, den Preisverfall zu stoppen. "Und das zu Lasten der Bürger mit einem unnötigen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung", kritisierte Wolfgang Wappenschmidt (CDU). Die Konsequenzen könnten, so Carsten Thiel (UWG), neben steigenden Belastungen für die Bürger auch höhere Müllgebühren für Selbstanlieferer an den Deponien sein: "Dann bekommen wir ein Problem mit wilden Müllkippen."

Möglicherweise gelingt es dem Kreis jedoch noch, den AWP zu umgehen. Mankowsky stellte die Idee vor, den Müll nicht mehr als "gemischte Siedlungsabfälle" sondern als "Abfall aus Abfallbehandlungsanlagen" zu deklarieren. Damit würden AWP-Vorschriften nicht gelten. Landrat Petrauschke schlug NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) jetzt vor, so zu verfahren: "Ich möchte Sie bitten zu prüfen, ob auf diesem Wege ein eventueller Konflikt zwischen dem Land und dem Rhein-Kreis Neuss vermieden werden kann", schrieb er an den Umweltminister. Ansonsten müsse er vorsorglich in Betracht ziehen, nach der Bekanntmachung des Abfallwirtschaftsplans eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzulegen.

Der Landrat, aber auch Horst Fischer (SPD) und Wappenschmidt (CDU) lobten die kreative Idee aus Mankowskys Dezernat. Hans Christian Markert, Landratskandidat von SPD, Grünen, Linken, Piraten und Die Aktive, hatte sich vor der Sitzung mit dem gleichen Ansatz zu Wort gemeldet. "Nach einem Gespräch mit unserer kreativen Kreisverwaltung", betonte Petrauschke, der erneut für den Posten des Landrats kandidiert.

(RP)
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