Meerbusch hilft der Ukraine Geflüchtete in Meerbusch angekommen

Meerbusch · Der Lanker Norman Baltrusch hat ein junges Paar aus der Ukraine und dessen vierjährigen Sohn in seiner Gästewohnung untergebracht. Nach langer Autofahrt sind Eltern und Kind am Freitag in Meerbusch angekommen.

 Norman Baltrusch (re., mit seinem Sohn) stellt Familie Semchi aus der Ukraine sein Apartment für Messegäste zur Verfügung.

Norman Baltrusch (re., mit seinem Sohn) stellt Familie Semchi aus der Ukraine sein Apartment für Messegäste zur Verfügung.

Foto: RP/N. Baltrusch

 Die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine sind nun auch in Meerbusch eingetroffen. Darunter Familie Semchi aus Dnjepropetrowsk, einer Stadt im Süden der Ukraine, nicht allzu weit von Mariupol am Dnjepr gelegen. Nur wenig entfernt liegt zudem das große Atomkraftwerk Saporischschja, das die russische Armee angegriffen hat.

Das junge Ehepaar und ihr vierjähriger Sohn haben eine Odyssee von rund 2500 Kilometern hinter sich. Zunächst hatten sie sich zu ihrer Mutter aufs Land geflüchtet, weil sie befürchteten, dass das Hochhaus, in dem sie wohnten, zur Zielscheibe von Angriffen werden könnte. Doch als der Raketen- und Kanonendonner auch dort näher rückte, habe diese dazu gedrängt, dass die jungen Leute das Land verlassen, berichten die Semchis. Schweren Herzens ließen sie die Mutter zurück und machten sich mit ihrem Auto auf den Weg.

Petra Schäfer bringt Spenden in den „Pappkarton“.

Petra Schäfer bringt Spenden in den „Pappkarton“.

Foto: RP/Angelika Kirchholtes

Dabei erwies es sich als Vorteil, dass Semchi Tunesier ist, der eine Ukrainerin geheiratet hatte. Daher gilt für ihn nicht das Ausreiseverbot. Zuvor hatte Semchi mit einer Jugendfreundin telefoniert, die in Meerbusch verheiratet ist und inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Diese versprach, sich vor Ort um Hilfe für die Flüchtlinge zu bemühen. Über den kürzlich neu eingerichteten Link auf der Homepage der Stadt konnte sie Kontakt mit dem Lanker Norman Baltrusch aufnehmen, der für ukrainische Flüchtlinge sein Apartment für Messegäste zur Verfügung stellen wollte.

 Im „Pappkarton“ stapelten sich die Hilfsgüter.

Im „Pappkarton“ stapelten sich die Hilfsgüter.

Foto: RP/Ingeborg Horstmann-Rabba

„Am Donnerstag sind sie von zuhause losgefahren. Am Freitagabend waren sie in Meerbusch“, berichtet dieser. An der polnischen Grenze bei Krakau hätten sie keine Probleme gehabt. Lediglich das Benzin sei ihnen ausgegangen. Doch mit polnischer Unterstützung konnten sie kostenlos nachtanken. „Als sie hier ankamen, war die Familie total fertig. Der kleine Sohn weinte die ganze Zeit“, erzählt Baltrusch. „Das ist ein echtes Drama, das niemand verstehen kann.“

Über Facebook und WhatsApp hatte er bereits Freunde und Nachbarn aktiviert, die Spielzeug, Hygieneartikel und Lebensmittel für die ukrainischen Flüchtlinge spendeten. Doch zunächst brauchten diese Ruhe, um in einer Welt anzukommen, die für sie wie das Paradies wirken musste. „Am Samstag sind wir dann zum Bürgerbüro in Büderich gefahren, um die Familie anzumelden“, so Baltrusch. Dass das fast zwei Stunden gedauert habe, habe ihn doch überrascht. Und es sei noch lange nicht alles Bürokratische erledigt. Danach sei er mit Vater Semchi nach Strümp zur Kleiderkammer der Diakonie im „Pappkarton“ gefahren, damit dieser sich Kleidung zum Wechseln besorgen konnte.

Dort wurden gerade Sachspenden für die Ukraine entgegen genommen, die Bürger aus Meerbusch in großen Mengen nach Strümp gebracht hatten. Besonders warme Kleidung, Isomatten, Decken und Mäntel, aber auch Lebensmittel und Hygieneartikel wurden großzügig gespendet. „Manches war schon vorsortiert und beschriftet. Das hat uns die Arbeit sehr erleichtert“, berichtet Ingeborg Horstmann-Rabba.

Es sei so viel zusammengekommen, dass nun ein Transporter benötigt werde. Da sei man noch auf der Suche. Den ersten Schwung habe man am Donnerstag mit Privatautos nach Viersen gebracht, wo der Verein „Freunde von Kanew“ seit 30 Jahren die Stadt Kanew (Kaniv) mit Hilfstransporten unterstützt und sich persönliche Beziehungen entwickelt haben. Kanew liegt nur 130 Kilometer südöstlich von Kiew und ist inzwischen eine der Partnerstädte von Viersen. „Ich denke, der Verein in Viersen hat gute Möglichkeiten, dass die Sachspenden zielgerichtet in der Ukraine ankommen“, sagt Horstmann-Rabba.

Mit Spendengeldern habe man sich auch an den Kosten des Transports in die Ukraine beteiligt. Sie hofft, dass alles gut geht und der Transport dort ankommt, wo er dringend gebracht wird. „Das ist alles so schrecklich, was derzeit in der Ukraine passiert“, sagt Horstmann-Rabba. Sie würde sich freuen, wenn noch mehr ukrainische Flüchtlinge zum „Pappkarton“ und in die Kleiderkammer kommen. Diese sei gut sortiert und die Kleidung in sehr gutem Zustand. Auch Semchi will wiederkommen und dann auch Frau und Sohn mitbringen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort