Meerbusch "Heute wäre ich Millionär"

Düsseldorf · Der ehemalige Fußball-Bundesligaprofi Siegfried Köstler ist seit rund zwei Monaten als D-Jugend-Trainer beim TuS Bösinghoven tätig. In seiner aktiven Zeit kickte er gegen Beckenbauer, Netzer & Co.

Siegfried Köstler hat das geschafft, wovon jeder Nachwuchskicker träumt: Er war Fußballprofi. In der Saison 1971/72 lief der Linksaußen in der Bundesliga für Borussia Dortmund auf. 26 Spiele absolvierte er für die Schwarz-Gelben und trat dabei gegen die Großen wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Uwe Seeler oder Günter Netzer an. Zwei Tore gelangen dem Stürmer: Er schoss das goldene Tor zum 1:0-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf und traf beim 2:2 gegen Eintracht Braunschweig.

"An diese Momente erinnert man sich natürlich besonders gerne zurück", erzählt Köstler. Aber selbst die vielen Pleiten – Dortmund stieg in dieser Saison ab – wiegen nach fast 40 Jahren nicht mehr so schwer. "Das 1:7 in Mönchengladbach war trotz der Niederlage ein Riesen-Erlebnis. Günter Netzer schoss damals drei Treffer. So etwas vergisst man nicht", meint Köstler. Der blieb dem BVB treu und kämpfte in der darauf folgenden Saison um die Bundesliga-Rückkehr. Das gelang nicht. Auch mit seinen zukünftigen Zweitliga-Klubs St. Pauli, Mainz und Darmstadt schrammte er immer knapp am Aufstieg vorbei. "Bei der Auswahl meiner Vereine hatte ich kein Glück, sonst hätte ich noch viel mehr aus meiner Karriere machen können", blickt Köstler zurück.

Immerhin schloss sich in der Saison 1977/78 der Kreis und er beendete seine Laufbahn bei 1860 München, für das er in der Bundesliga neun Partien bestritt. "Damals haben wir etwa das Fünffache eines normalen Arbeiters verdient. Heutzutage wäre ich wahrscheinlich Millionär", sagt Köstler und schmunzelt.

Neid auf die hoch bezahlten Fußballprofis der aktuellen Zeit schwingt in seinen Worten nicht mit. "Verdienst und Leistung stehen meiner Meinung nach in keinem Verhältnis. Aber der Markt gibt es her und ich kann nur jeden Spieler beglückwünschen, der es an die Fleischtöpfe schafft", sagt der 58-Jährige.

Nach seiner aktiven Laufbahn als Spieler startete er in Ravensburg seine Trainerkarriere. "Es war ein nahtloser Übergang. Mit 31 Jahren war ich damals der jüngste Oberliga-Coach", erzählt Köstler. Er machte seine B- und A-Lizenz und erwarb an der Sporthochschule Köln seine Fußballlehrer-Lizenz. Den Lehrgang besuchte er gemeinsam mit den heutigen Trainergrößen Ralf Rangnick, Klaus Toppmöller, Uwe Reimann und Dragoslav Stepanovic.

Wer weiß, welchen Klub Köstler heute trainieren würde, wäre er nicht der Liebe wegen 1986 nach Brasilien gezogen. In Rio de Janeiro war er an einer Fußballschule tätig. "Kein Wunder, dass es dort so viele gute Spieler gibt. Die haben eine Riesenauswahl an guten Talenten und sortieren gnadenlos aus", berichtet Köstler. Nach zwölf Jahren kehrte er aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage in Südamerika nach Deutschland zurück und machte sich in Düsseldorf als Kurierfahrer selbstständig. Köstler: "Als Trainer war ich nach der langen Zeit im Ausland im oberen Bereich aus dem Rennen."

(RP)
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