Meerbusch Haus Meer: Was taugt der Entwurf?

Meerbusch · Das jetzt vorgestellte Modell für ein Hotel auf dem Gelände von Haus Meer verstößt gegen Auflagen des Denkmalschutzes. Dennoch sieht die Verwaltung ihn als gute Grundlage für die weitere Entwicklung des Geländes. Bürgermeister und Fraktionen werfen einen Blick in die Zukunft.

Meerbusch: Haus Meer: Was taugt der Entwurf?
Foto: U.D.

Bürgermeister: "Der jetzige Zustand nutzt niemandem"

Seit fast 40 Jahren wird kontrovers über Nutzungsmöglichkeiten für Haus Meer diskutiert — ohne durchschlagenden Erfolg. Im großen Werkstattverfahren 2003 haben die damals obersten Denkmalschützer des Landes, Professor Mainzer und Professor Horn, einen Kompromiss eingefordert: Alle Beteiligten — Eigentümer, Denkmalschutz und Stadt — müssten Zugeständnisse machen, damit eine Bebauung und Nutzung wieder möglich wird. Alle gingen hoffnungs-froh nach Hause, aber dabei blieb es. Seitdem sind wieder fast zehn Jahre verstrichen. Traurig!

Jetzt liegt eine neue Idee und damit eine neue Chance auf dem Tisch. Es ist gut und richtig, dass unser Baudezernent Dr. Gérard diese positiv aufgreift. Über Jahrhunderte war das Areal bebaut, hier wurde gelebt, gearbeitet, gewirtschaftet. So soll es wieder sein! Wir wollen Haus Meer aus seinem Dornröschenschlaf erwecken, erlebbar machen und das historische Erbe erhalten. Ein Hotel mit öffentlich zugänglicher Restauration ist dafür eine gute Grundlage. Dazu könnten Gewölbe wieder begehbar, alte Grundrisse wieder sichtbar gemacht werden. Der jetzige Zustand aber nutzt niemandem. Jährlich ein paar Öffnungstage für Denkmalfreunde sind zu wenig. Wer — wie jüngst der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Peters — jegliche neue Idee zur Gestaltung und Nutzung sofort mit einem Aufschrei der Empörung in der Luft zerreißt, erstickt jede Chance auf Besserung im Keim. Haus Meer muss wieder ein Anziehungspunkt für die Menschen werden, der Aufenthaltsqualität bietet und Geschichte lebendig macht. Daran müssen wir offen und kompromissbereit zusammenarbeiten! DIETER SPINDLER

Der Autor ist Bürgermeister der Stadt Meerbusch und Mitglied der CDU.

SPD: "Interessante Möglichkeit, aber nicht mehrheitsfähig"

Für eine mögliche Nutzung des Geländes Haus Meer kommen grundsätzlich zwei mögliche Alternativen in Frage: eine kommerzielle und eine Non-ProfitLösung. Wenn eine kommerzielle Nutzung in Frage kommt, dann ist eine Nutzung als Hotel eine interessante Möglichkeit. Allerdings müssen dafür bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Aus Sicht der SPD-Fraktion sind diese Bedingungen: Bebauung auf dem Grundriss des alten Schlosses, keine Tiefgarage, eine verträgliche Erschließung sowie die Erhaltung des Gartendenkmals. Jede Planung muss daher in enger Absprache mit den Denkmalbehörden erfolgen.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine kommerzielle Nutzung ist die öffentliche Erlebbarkeit des Gesamtdenkmals, insbesondere des Parks. Denkbar wäre auch eine nicht kommerzielle Nutzung in Trägerschaft eines Fördervereins mit Unterstützung durch Fördermittel von Bund und Land sowie von privaten Stiftungen. Leider hat die Verwaltung es bis heute versäumt, ein in sich stimmiges Konzept für eine nicht kommerzielle Nutzung zu entwickeln und Fördermöglichkeiten aufzuzeigen. Hierdurch entsteht der Eindruck, dass Bürgermeister Spindler kein Interesse am Erhalt und der öffentlichen Nutzung des Gesamtdenkmals Haus Meer hat. Immerhin konnte die Verwaltungsspitze sich dazu durchringen, nun eine Position zu beziehen. Diese kann die SPD-Fraktion so nicht teilen. Die Verwaltungsspitze übernimmt kritiklos die Position des Investors, ohne eigene Alternativen aufzuzeigen, wohlwissend, dass diese Positionen gegen bestehende Beschlüsse verstoßen. Die SPD-Fraktion erwartet, dass seitens der Verwaltung ein mehrheitsfähiges Konzept vorgelegt wird und ist bereit, an der Umsetzung konstruktiv mitzuarbeiten. ILSE NIEDERDELLMANN

Die Autorin ist Fraktionsvorsitzende der SPD.

CDU: "Kleines feines Hotel eine ideale Möglichkeit"

"Ein Denkmal kann nur langfristig erhalten werden, wenn es genutzt wird." Diese Aussage von Denkmalexperten ist richtig und unterstreicht die Notwendigkeit, bald eine Lösung für Haus Meer zu finden. Dies muss idealerweise eine Nutzung sein, die einerseits wirtschaftlich sinnvoll auf diesem Gelände stattfinden kann, sich aber auch mit den Denkmälern "verträgt". Die Idee eines "kleinen aber feinen" Hotels ist nach Ansicht der CDU eine ideale Möglichkeit. Der Park von Haus Meer verträgt sich mit einem Café oder einem Restaurant in idealer Weise. Er wird dadurch für die Bevölkerung erlebbar. Und wenn das Hotelkonzept sogar ausdrücklich vorsieht, dass die Einbettung in Denkmalstandorte zum besonderen Ambiente gehört, ist auch dies ein Beleg dafür, dass Baudenkmäler wie Remise, Immunitätsmauer oder Eiskeller davon profitieren würden. Dass ein solches Hotel im Übrigen auch gut für den gesamten Standort Meerbusch ist, zeigt weitere Vorteile dieses Konzepts auf. Frühere Lösungsvorschläge, die insbesondere Wohnen als Nutzung vorsahen, würden z.B. mit einer öffentlichen Parknutzung deutlich stärker kollidieren. Natürlich gibt es auf einem solch sensiblen Gelände Einschränkungen, die es zu beachten gilt. Aber gelebter Denkmalschutz bedeutet auch, annehmbare Kompromisse zu finden. Wenn eine 400 Meter lange Mauer dauerhaft vor dem Verfall gerettet werden kann, ist ein fünf Meter breiter Durchbruch für eine Erschließung in unseren Augen zum Beispiel ein solch möglicher Kompromiss. Wir bleiben natürlich bei unserem Beschluss, dass der Park für die Öffentlichkeit zugänglich sein muss und würden es auch begrüßen, wenn der Förderverein in diesem Zusammenhang weiterhin eine tragende Rolle spielen würde. Wir wünschen uns von allen Beteiligten eine sachliche und faire Diskussion, die nicht rückwärtsgewandt den Streit der Vergangenheit thematisiert, sondern lösungsorientiert in die Zukunft führt. WERNER DAMBLON

Der Autor ist Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion

Grüne: "Dramatischer Einschnitt ins Gartendenkmal"

Der vorgelegte Entwurf ist eine schlechte Grundlage für weitere Beratungen, weil er die bereits gefassten Beschlüsse zu Haus Meer und die Einwände des Denkmalschutzes komplett ignoriert. Der Planungsausschuss der Stadt Meerbusch hatte am 19. August 2008 die letzte Planung des Besitzers von Haus Meer, Herrn Roland Agne, mit eindeutiger Mehrheit (14:3 Stimmen) abgelehnt. Der Ausschuss hatte beschlossen, eine Nordbebauung und eine Tiefgarage prinzipiell auszuschließen. Bereits in 2008 war sich der Planungsausschuss einig und hat im Rahmen der Abwägung beschlossen, dass die Pläne mit einer Nordbebauung im denkmalgeschützten Park aufgrund des massiven Einschnittes nicht vertretbar sind. Die sogenannten Nonnenvillen sollten nach Beschluss des Ausschusses nicht Planungsbestandteil sein. Übrig blieben also Neubauten auf den Schlossfundamenten, durchaus leicht in den Norden erweiterbar, und die Remise; insgesamt also mit einer Größenordnung von rund 12 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Die jetzt vorgestellte Planung hat eine Bruttogeschossfläche von etwa 22 000 Quadratmetern und ist verbunden mit einem dramatischen Einschnitt in das wertvolle und teilweise wieder hergerichtete Gartendenkmal. Bei der nun eigenmächtig vorgestellten Planung werden die wesentlichen Einwendungen der Denkmalbehörden, die bereits 2008 zum Umdenken des Planungsausschusses geführt haben, komplett unberücksichtigt gelassen. Und sie verstoßen auch gegen die Maßgabe des Bauministeriums aus dem vergangenen Jahr, dass "die Überlegungen zur Erhaltung und künftigen Nutzung des Gesamtareals ... Haus Meer nicht primär aus Sicht von Investoreninteressen vorgenommen werden" dürfen. JÜRGEN PETERS

Der Autor ist Fraktionsvorsitzender der Meerbuscher Grünen.

UWG: "Hotel ist eine Chance für Meerbusch"

Der Arbeitskreis Haus Meer hat nun über ein Jahr die Zukunftsmodelle für eine angemessene Nutzung und Bebauung des Areals diskutiert. Wenn sich nun im laufenden Prozess der Meinungsbildung auf halber Strecke der Diskussion ein Investor für ein hochkarätiges Hotel einfindet, könnte sich dies als ein Glücksfall für den Standort Meerbusch erweisen. Es kann nicht in Frage gestellt sein, dass ein Luxushotel mit einer angemessenen Anzahl von Zimmern und Angeboten der Gastronomie sich in die Interessenslagen zwischen Allgemeinwohl und kommerzieller Nutzung passgenau einfindet. So ist das Hotel auch eine Chance für den Park. Die Bedürfnisse des Hotelbetreibers sind aber weitgehender, weil im nördlichen Teil des Parks unvorteilhaft in einem großen Schwung von zusätzlicher Baumasse außerhalb der Zulässigkeit zur Denkmalpflege der Park arg in Anspruch genommen wird. Es kommt hinzu, dass über eine Norderschließung entlang des Mühlengrabens Landschaft unnötig zerstört wird. Hier geht die Rechnung nur gegen die Natur auf, die in diesem Punkt keine Fürsprecher findet. Die Zufahrt über die östliche Erschließung bedingt aber eine Einigung mit dem Baron von der Leyen, der sich einer verträglichen Lösung nicht verweigern dürfte. Die Realisierung des Hotelprojektes ist eine Chance für Meerbusch, die nicht verpasst werden darf, aber nicht um jeden Preis. Die Erhaltung des Parks und der Landschaft stehen als Gesamtdenkmal im Vordergrund. Die UWG unterstützt ein landschaftsplanerisch verträgliches Hotelprojekt, das wegen seiner Bedeutung nur von der Mehrheit der Bürger getragen sein darf. Sollte es nicht dazu kommen, gilt es, dass verpasste Chancen auch ein Glücksfall für die Zukunft sein können. DIETER SCHMOLL

Der Autor ist sachkundiger Bürger der UWG und Architekt bei RKW Rhode Kellermann Wawrowsky.

FDP: "Investor ignoriert Vorgaben der Politik"

Haus Meer ist die Urzelle und das bedeutendste Kulturdenkmal Meerbuschs. 2011 wurde die Gesamtanlage vom Amt für Denkmalpflege im Rheinland als 'national bedeutsames Denkmal' eingestuft: Dies eröffnet möglicherweise Zugriff auf Bundesfördermittel. In Übereinstimmung mit der Aktionsgemeinschaft "Rettet Haus Meer" und dem Förderverein Haus Meer stellt die FDP seit Jahren erfolglos den Antrag, das Gelände zu kaufen und in eine Stiftung einzubringen; dies ist eine Grundvoraussetzung für öffentliche Zuschüsse. Anfang 2011 wurde der Arbeitskreis Haus Meer gebildet, um ein förderungswürdiges Konzept zu entwickeln. Ein solches liegt bis heute nicht vor; daher wurden bisherige Bemühungen beim Land auf Zuschüsse dort auch als unqualifiziert bewertet. Stattdessen setzen nun die Verwaltung und einige Politiker ihre Hoffnungen in einen Retter in der Gestalt eines Investors, der in Haus Meer ein Nobelhotel errichten will. Dagegen wäre im Prinzip nichts einzuwenden, wenn er sich in seinen Planungen an die vom Planungsausschuss 2008 beschlossenen Vorgaben der Denkmalschutzbehörden (insbesondere in Bezug auf die bebaubaren Flächen, die Tiefgarage und die Erschließung) halten würde: Diese hat er in voller Kenntnis schlicht ignoriert. Die jetzt vorgestellte Planung, bei der unter anderem 20 Prozent des Parks zerstört werden, ist inakzeptabel; wir werden uns weiterhin für die Einhaltung der Vorgaben der Denkmalschutzbehörden einsetzen. Mit seiner Drohung, im Falle einer Ablehnung dieser Planung das Denkmal für die Öffentlichkeit zu sperren, kann Herr Agne an unserer Haltung nichts ändern. GESINE WELLHAUSEN

Die Autorin ist Fraktionsvorsitzende der FDP Meerbusch.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort