Wirtschaft in Meerbusch Händler fühlen sich ausgegrenzt

Meerbusch · Nur die Geschäfte im unmittelbaren Umkreis des Dr.-Franz-Schütz-Platzes konnten am Sonnenblumensonntag öffnen – andere Händler üben Kritik. Grund für die engeren Grenzen sind drohende Klagen von Gewerkschaften.

  Renate Meiß (l.), Karin Solbach-Kandel und Mia wollten einkaufen, doch die Händlerinnen Betty Tusch, Susanne Jacobs und Jutta Pickardt durften nicht öffnen

Renate Meiß (l.), Karin Solbach-Kandel und Mia wollten einkaufen, doch die Händlerinnen Betty Tusch, Susanne Jacobs und Jutta Pickardt durften nicht öffnen

Foto: RP/Regina Goldlück

So schön und stimmungsvoll der Sonnenblumen-Sonntag in Büderich auch gewesen sein mag – für manche Einzelhändler entlang der Dorfstraße brachte er eine bittere Enttäuschung mit sich. Drei Geschäfte im Haus Nummer 39 hatten sich wie seit vielen Jahren darauf gefreut, Teil des Treibens zu sein. Und nachdem man ihnen seitens der Stadt Poster zum Stadtfest durch die Tür gereicht hatte, rechneten sie fest mit ihrer Teilnahme – bis die Inhaberinnen wenige Tage vor dem Termin in der Zeitung lasen, dass die Bewilligung eines verkaufsoffenen Sonntags nur bis zur Hausnummer 31 auf der Dorfstraße reichte. „Wir waren wie vor den Kopf gestoßen“, sagt Betty Tusch vom Kinderladen KiLaBü. „Ohne die neue Regelung mit uns zu kommunizieren, hat man uns einfach ausgegrenzt.“

So ging es auch Jutta Pickardt und Iris Schürholz vom Schuhgeschäft und Susanne Jacobs von der Damen-Boutique nebenan. „Wir hatten unsere Kundschaft angeschrieben und uns spezielle Aktionen für diesen Tag ausgedacht“, erzählen sie. Auch Betty Tuschs Kunden waren über die Sonntags-Öffnung informiert worden. „Wie stehen wir denn jetzt da?“ fragt sie verärgert. Vorsichtshalber fuhr sie am Sonntag gegen 12 Uhr zu ihrem Laden. Tatsächlich fanden sich schon um diese Zeit mehrere Kunden ein. „Wir sind extra aus Neuss gekommen, um in Ruhe zu stöbern“, erzählt eine Familie. Und musste wieder unverrichteter Dinge von dannen ziehen.

Tatsächlich hat der Meerbuscher Stadtrat in diesem Jahr für die Dorfstraße nur den Geschäften in den Hausnummern 2 bis 31a die Öffnung zugestanden. Denn es gibt strenge Vorgaben, wann, wo und unter welchen Umständen Geschäfte im Zusammenhang mit öffentlichen Festen und Veranstaltungen sonntags öffnen dürfen. Grundsätzlich muss der Zusammenhang mit der Veranstaltung – in diesem Fall dem traditionellen Sonnenblumensonntag – klar erkennbar sein, die Geschäftstätigkeit darf nur Beiwerk sein und muss sich mit speziellen Aktionen vom sonstigen Betrieb der Läden abheben – aus Sicht der Büdericher Händler war in diesem Fall alles gegeben.

 „Leider ist es bereits seit 2020 so, dass eine Ladenöffnung entlang der gesamten Dorfstraße am Sonnenblumensonntag aus rechtlichen Gründen, nach denen Politik und Verwaltung zu entscheiden haben, nicht mehr möglich ist“, heißt es von der Stadt Meerbusch auf Nachfrage unserer Redaktion. In den vergangenen Jahren sind die gesetzlichen Regelungen bezüglich der Sonntagsöffnung von den Gerichten präzisiert und ausgeweitet worden, Grund dafür sind zahlreiche Klageverfahren durch Gewerkschaften.

Demnach darf sich die Ladenöffnung nicht auf Gebiete erstrecken, bei denen der Bezug zur Veranstaltung – in diesem Fall dem Sonnenblumensonntag – für die Öffentlichkeit nicht mehr klar ersichtlich ist. Daher hat, so heißt es von der Stadt, die Werbe- und Interessengemeinschaft als Veranstalter sich dazu entschieden, die Veranstaltung in diesem Jahr räumlich auf die unmittelbare Umgebung des Dr.-Franz-Schütz-Platz zu beschränken.

Der Grund, dass die Regeln in diesem Jahr strenger ausgelegt wurden, sind Gerichtsprozesse aus den letzten Jahren: Die Stadt muss bei der Planung und dem politischen Entschluss für einen verkaufsoffenen Sonntag die Stellungnahme der Gewerkschaften einholen – vor allem die Dienstleistungsgewerkschaften lehnen dies jedoch aus Arbeitsschutzgründen grundsätzlich ab und haben bereits mehrfach gegen Städte und Kommunen geklagt. Dies ist auch in Meerbusch 2020 gegen den Sonnenblumensonntag geschehen, das Oberverwaltungsgericht Münster hatte der Stadt signalisiert, dass der verkaufsoffenen Sonntag gekippt werden würde, woraufhin die Verwaltung den Händlern hatte absagen müssen – schweren Herzens, wie es damals hieß, und zum Unverständnis der Geschäftsleute. Später wurde allerdings die gesamte Veranstaltung wegen der Pandemie abgesagt. Seither herrscht eine besondere Vorsicht, was die Freigaben für einen verkaufsoffenen Sonntag angeht: Eine weitere Klage, die die ganze Veranstaltung kippen könnte, wollen Stadt und Organisatoren dringend vermeiden.

Der gewählte Radius um den Dr.-Franz-Schütz-Platz als Zentrum der Veranstaltung scheint den Händlern trotz dieser Umstände willkürlich festgelegt – zumal sie vor 2020 immer dabei waren. „Es ginge doch nicht zulasten unserer Mitarbeiter“, stellt Betty Tusch klar, „wir wären als Inhaberinnen selber vor Ort gewesen und sonst keiner.“ Dieses Argument hatten auch im Stadtrat die Befürworter des verkaufsoffenen Sonntags angeführt. Demnach sei das Argument, die Sonntagsarbeit schade den Arbeitnehmern, zwar tragbar, wenn man über große Ketten spreche. An der Dorfstraße gebe es jedoch vor allem kleine, vom Inhaber geführte Läden, welche von den Festen und den damit verbundenen Geschäften am Sonntag direkt profitierten.

Sich dem Verbot widersetzen und eine Ordnungsstrafe – bis zu 5000 Euro – riskieren, das wollten die Händler nicht. „Aber wir können nicht verstehen, dass keine bessere finale Lösung gefunden wurde“, sagt Jutta Pickardt. Sie verweist auch auf die Lage der lokalen Geschäfte und darauf, dass Veranstaltungen wie der Sonnenblumensonntag wichtig für den Kontakt mit den Kunden sind. „Wir Einzelhändler müssen alle kämpfen, wir haben durch die Pandemie schon genug gelitten.“

Die Betroffenen hoffen nun, dass die Stadt einen Schritt auf die benachteiligten Geschäfte zugeht. „Es heißt doch immer, der Mittelstand sei das Rückgrat der Wirtschaft. Schon mit Blick auf die Zukunft muss hier eine Lösung gefunden werden“, betont Händlerin Susanne Jacobs. „Denn der nächste verkaufsoffene Sonntag kommt bestimmt.“ Ob eine solche Lösung aber ohne Klage seitens der Gewerkschaften möglich ist, ist fraglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort