Kirche in Corona-Zeiten Den Kirchen fehlen die Kollektengelder

Pfarrerin Susanne Pundt-Forst und vier Helferinnen aus der evangelischen Kirchengemeinde Büderich nähen deshalb Schutzmasken, die Freitagmorgenam Gemeindezentrum der Bethlehemkirche gegen Spenden verteilt werden.

 Pfarrerin Susanne Pundt-Forst näht mit ihrem Team individuelle Corona-Schutzmasken. Nähen ist ihre große Leidenschaft.

Pfarrerin Susanne Pundt-Forst näht mit ihrem Team individuelle Corona-Schutzmasken. Nähen ist ihre große Leidenschaft.

Foto: ena

Kein Gottesdienst, kein Klingelbeutel. „Mit dem Ausfall der Kollekte haben alle Kirchen zu kämpfen“, sagt Susanne Pundt-Forst, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Büderich. In der Gemeinde wird im Normalfall pro Gottesdienst zweimal gesammelt: Eine Kollekte ist für internationale Hilfsprojekte der rheinischen Landeskirche. „Mit dem Geld aus der zweiten Kollekte finanzieren wir diakonische Aufgaben in Meerbusch, etwa Seniorenfreizeiten“, sagt die Pfarrerin. „Aber wir unterstützen damit auch den Pflegedienst der Diakonie in Meerbusch.“ Sie schätzt: „Monatlich sind das rund 250 bis 300 Euro, die aktuell fehlen.“

Um den Ausfall zu kompensieren, hat sich die Pfarrerin gemeinsam mit ihrem Kollegen Wilfried Pahlke überlegt: Wir nähen Corona-Schutzmasken und verteilen diese am Freitagmorgen zwischen neun und zwölf Uhr am Gemeindezentrum der Bethlehemkirche gegen eine Spende. „Das Projekt ist dann schließlich komplett bei mir gelandet, weil ich besser nähen kann“ erzählt sie und lacht, während sie eine Maske aus anthrazitfarbenem Anzugstoff zuschneidet. Tatsächlich ist die Pfarrerin ein Profi an der Maschine: Bereits seit rund 30 Jahren näht sie den Großteil ihrer Kleidung selbst und besitzt mehrere Maschinen. Die stehen an diesem Morgen im Gemeindezentrum an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße. Rundherum Stoffbahnen, Garnrollen, Stecknadeln und Scheren. „Gummibänder sind nirgendwo mehr zu bekommen“, erzählt Susanne Pundt-Forst. „Am Nachmittag erwarte ich eine größere Lieferung aus Hannover.“

Gemeinsam mit vier engagierten Frauen aus der Gemeinde hat sie sich zum Ziel gesetzt, bis Freitagmorgen mindestens 50 Masken fertig zu haben. Zwei Modelle sind im Angebot: In eines lässt sich ein Filter einsetzen, das gibt es für Damen und Herren, das andere Modell ist ohne Filtertasche. „Jeder gibt als Spende, was er mag. Aber gerne auch mehr.“ Seit die Menschen wissen, dass ab Montag Maskenpflicht in bestimmten Bereichen gilt, rechnen die Damen am Freitagmorgen mit einem Ansturm. „Wahrscheinlich müssen wir nächste Woche wieder ran“, sagt Helferin Barbara Gerwin, die bereits seit zwei Wochen privat Masken näht und gegen eine kleine Spende verteilt.

Eine solche Aktion ist in den anderen Meerbuscher Kirchengemeinden bislang nicht geplant. Aber auch dort sind Spenden willkommen. Heike Gabernig, Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Lank, erzählt: „Wegen der fehlenden Kollekte müssen einige Projekte ruhen, etwa unsere Unterstützung des Trebecafés in Düsseldorf.“ Aber für die Gläubigen biete man derzeit „Kirche to go“ in Strümp und Lank an. „Dort können sich die Meerbuscher eine Blume mitnehmen, den Text der Andacht oder sie können von draußen der Musik unserer Kantorin lauschen“, erzählt die Pfarrerin. „Wir haben dort einen Klingelbeutel ausgelegt, und an den vergangenen zwei Sonntagen ist auch schon etwas zusammengekommen. Ich habe das Gefühl, die Menschen möchten sich bedanken.“ Sie findet es schön, „dass die Meerbuscher das Bewusstsein haben, andere nicht aus dem Blick zu verlieren“. Ähnlich empfindet es Pfarrer Michael Berning von der katholischen Kirchengemeinde Sankt Mauritius und Heilig Geist: „Die fehlenden Kollekten für unsere Gemeindekasse, mit denen wir Strom, Kerzen und ähnliches bezahlen, sind verkraftbar. Auf diesem Sektor haben wir im Moment auch weniger Kosten. Wir beobachten aber, dass die Menschen vermehrt kommen und Kerzen in den Kirchen anzünden. Da gibt es etwas Kerzengeld.“ Es werde auch online gespendet. „Es ist gut zu wissen, dass auch in Coronazeiten die viel größere Not in anderen Ländern von den Menschen nicht vergessen wird.“

Wolrad Rube, evangelische Kirchengemeinde Osterath, sagt: „Die Kollekten sind wesentlicher Bestandteil unserer Gottesdienste. Der Ausfall führt zu schmerzvollen Einbußen, insbesondere bei den Empfängern im Ausland. Eine echte Alternative in Sachen Spenden bieten unsere digitalen Andachten und Gottesdienste leider nicht.“

 Das Masken-Nähteam der evangelischen Kirchengemeinde Büderich.

Das Masken-Nähteam der evangelischen Kirchengemeinde Büderich.

Foto: ena

Auch Sven Otto, Sprecher der Pfarrei Hildegundis von Meer, bestätigt, dass es Einbußen gibt. Das Kollektengeld fehle derzeit etwa für Kirchenmusik oder eigene Projekte im Kinder- und Jugendbereich. Wer möchte, könne gerne online spenden. Otto: „Das wird auch angenommen, aber ich habe keinen Überblick, wie viel das bislang ist.“ Man suche in der Gemeinde auch nicht aktiv nach Alternativen, um den Ausfall der Kollekte zu kompensieren. „Das ist im Moment unsere geringste Sorge“, sagt er. „Wir sorgen uns vielmehr, dass unsere Ehrenamtlichen gesund bleiben, und dass wir bald wieder gemeinsam Gottesdienste feiern können.“ Die aktuellen Beschränkungen seien sehr schmerzlich. Otto: „Es ist problematisch für uns, das Gemeindeleben aufrecht zu erhalten.

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