Meerbusch Gedenken durch Stolpersteine

Meerbusch · Hartnäckige Bemühungen von Sylvia Reinders sorgen dafür, dass Bildhauer Gunter Demnig am 10. Dezember 14 Gedenkplaketten ins Osterather Straßenpflaster einlassen kann. Vier Hauseigentümer verweigern die Erlaubnis.

 Gunter Demnig bei der Verlegung von Stolpersteinen in Wesel. Er hat mittlerweile in fast ganz Europa 27 000 der Gedenktafeln ins Trottoir eingelassen.

Gunter Demnig bei der Verlegung von Stolpersteinen in Wesel. Er hat mittlerweile in fast ganz Europa 27 000 der Gedenktafeln ins Trottoir eingelassen.

Foto: Malz

Auch Meerbusch bekommt nun so genannte Stolpersteine. Die zehnmal zehn Zentimeter großen Messingplaketten mit biografischen Daten sollen an die letzten Wohnsitze von Opfern des Nazi-Regimes vor der Deportation erinnern. Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig wird am Samstag, 10. Dezember, 14 Steine im Bürgersteig vor vier Häusern an Kaarster-, Krefelder- und Meerbuscher Straße verlegen.

Dass diese Art des Gedenkens nun auch in Meerbusch möglich wird, ist der Initiative der Osteratherin Sylvia Reinders zu verdanken, die zunächst bei der Politik die Erlaubnis besorgte, die nötige Sondernutzungsgenehmigung beantragte und mit Hauseigentümern und Nachfahren der Opfer Kontakt aufnahm.

Finanziert wird die Aktion vom Verein "Pro Osterath", die Plaketten kosten 95 Euro pro Stück. Sylvia Reinders' Recherche nach Verwandten der Ermordeten führte bis nach Brasilien. Per Mail kontaktierte sie den dort lebenden Norberto Scholem, allerdings ohne eine Antwort zu erhalten. Der Landesverband Nordrhein der Jüdischen Gemeinden gab eine positive Rückmeldung.

Die Politik hatte festgelegt, dass die jeweiligen Hausbesitzer ihre Zustimmung zur Verlegung vor dem Gebäude geben müssen. Also ermittelte die Osteratherin die acht betroffenen Eigentümer und erläuterte ihnen die Stolperstein-Idee.

Die Bilanz ist gemischt: Vier Angesprochene konnte die engagierte Osteratherin überzeugen, vier lehnten die Verlegung ab — aus Angst vor Gerede und Rechtsradikalen, und in dem Wunsch, das Geschehene besser zu vergessen. Sylvia Reinders gab jetzt im Kulturausschuss einen Sachstandsbericht. Gedenkplaketten wird es nun zunächst für 14 der 26 Verschleppten geben. Der Termin der Verlegung ist symbolhaft: Einen Tag später jährt sich die Deportation der Osterather Juden zum 70. Mal.

Sylvia Reinders merkte bei der Vorbereitung, dass das Thema besonders in der jungen Generation auf großes Interesse stößt. Oft diskutierte sie über die Frage von Schuld und Verantwortung für das NS-Unrecht in der heutigen Zeit. Ihr Fazit: "Schuldig müssen sich nur diejenigen fühlen, die wegsehen."

Aus der Politik erntete sie Respekt und Anerkennung. Sylvia Reinders gebe der Stadt ein Stück "historisches Gedächtnis", unterstrich Mike Kunze (CDU). Nicole Niederdellmann-Siemes (SPD) lobte das "große Stück Überzeugungsarbeit". Sie will mit ihren Kindern nun bewusst an den Häusern vorbeigehen und die Verfolgung im Dritten Reich ansprechen.

(RP)
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