Meerbusch Ganztags-Vater auf Zeit

Düsseldorf · Das Pilotprojekt ist geglückt. Lutz Richartz ist der erste Vater, der bei der Volksbank in Meerbusch Elternzeit genommen hat. Zwei Monate hat er ausgesetzt und sich ganz der Familie gewidmet.

Wenn Lutz Richartz heute "Vatertag" feiert, hat er allen Grund dazu. Der 39-Jährige ist der erste Mitarbeiter, der bei der Volksbank Meerbusch Elternzeit genommen hat. Zwei Monate ist der Geschäftsstellen-Leiter in Strümp zuhause geblieben, weil er seine Frau Simone nach der Geburt von Till unterstützen wollte, und hat sich um den drei Jahre alten Sohn Ole gekümmert.

Für Richartz, der gern im Fußballverein mit seinen Kumpels fachsimpelt oder im Schützenzug aktiv ist, war das eine echte Erfahrung. "Ich habe plötzlich verstanden, warum meine Frau großen Redebedarf hat, wenn ich von der Arbeit nach Haue komme", erzählt er. "Kinderbetreuung rund um die Uhr ist nicht nur anstrengend", weiß er jetzt. Er hat auch eine gewisse soziale Verarmung festgestellt. Nach einem Tag, an dem er nur in Kindersprache kommuniziert hat, hat er sich an seine Arbeitsstelle zurückgesehnt. Vor allem die permanente "Fremdsteuerung" und die "kleinen Zeitfenster" zwischen Mittagsschlaf, Kursen und Essenszeiten haben ihn gestresst. "Ich bin jetzt sensibilisiert für das, was Frauen ganz selbstverständlich leisten", zieht er nach zwei Monaten Bilanz.

"Die Familie hat profitiert", ist er überzeugt, "besonders für Ole war es gut, intensiv betreut zu werden, während Mama sich um den neuen Nachwuchs kümmert." Sport- und Bastelkurse hat er mit ihm besucht.

Dennoch: "Gehen Sie nie in einen Bastelkurs", rät er seinen Kollegen und dem Vorstand. "Das Kind bestimmt alles, und die Unterhaltung der Mütter dreht sich auch immer nur um eines: das Kind."

Carsten Thören, Volksbank Vorstand, und Michael Börgers, Marktbereichsleiter für Meerbusch haben Richartz unterstützt. "Wir haben die anfallende Arbeit versucht aufzuteilen", erläutert Börgers, der zwei Monate lang wieder an die "Basis" zurückgekehrt ist und die Filialleitung in Strümp übernommen hat. "Einiges ist liegen geblieben", sagt Börgers. "Aber es hat geklappt." Länger hätte die Auszeit aber nicht ausfallen dürfen", sind sich Thören und Börgers, die mit dem Projekt ebenfalls Neuland betreten haben, einig. Dennoch werden sie niemanden Steine in den Weg legen, der von der Möglichkeit, in Elternzeit zu gehen, Gebrauch machen möchte. "Es muss nur rechtzeitig angekündigt werden", so Thören.

Richartz ist froh, die Elternzeit genommen zu haben, auch wenn er in dieser Zeit auf 35 Prozent seines Gehaltes verzichtet hat. Er ist aber auch freudig wieder an den Arbeitsplatz zurückgekehrt. "Anfangs hatte ich auch die Befürchtung, dass ich nach zwei Monaten draußen sein könnte, weil ich nicht mehr auf Stand bin." Das ist nicht eingetroffen. Im Gegenteil: Kunden und Kollegen haben ihn mit Glückwünschen und Geschenken für Till empfangen.

(RP)
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