Meerbusch Fabian Kreutzer läuft mit neuer Lunge bei der Weltmeisterschaft
Meerbusch · Fabian Kreutzer sitzt ganz entspannt auf seiner Terrasse. Doch innerlich sieht es bei dem Büdericher ganz anders aus: "Es geht mir super, aber ich bin schon angespannt", sagt er.
Vor dem Abflug zur Weltmeisterschaft der Transplantierten nach Durban, Südafrika, bereitet er trotzdem noch in Ruhe Vorlesungen für das kommende Wintersemester an der Hochschule Niederrhein vor. Denn hier arbeitet er als Dozent für Volkswirtschaftslehre. In seiner Freizeit ist Sport seit der Kindheit seine größte Leidenschaft. Doch der konnte er nicht immer so nachgehen, wie er es gerne gewollt hätte: Mit knapp einem Jahr erhielten Kreutzers Eltern die Diagnose, dass ihr Sohn an Mukoviszidose leidet. Die Krankheit führt bei den Betroffenen unter anderem dazu, dass die Lunge durch zähen Schleim verklebt wird. Chronischer Husten, schwere Lungenentzündungen und starke Infektionen gehören zum Krankheitsbild. Immer wieder kam es dadurch zu Situationen, in denen Kreutzer dem Tod sehr nahe war.
Mit Anfang 20 war die Krankheit so weit fortgeschritten, dass er wusste, dass seine Lunge nicht mehr lange durchhalten würde. Er ließ sich auf die Liste für Spenderorgane setzen und bekam nach zwölf Monaten im Jahr 2004 eine neue Lunge. Doch damit war längst nicht alles gut: Im Jahr 2006 begann sein Immunsystem, die Spenderlunge abzustoßen — sein Lungenvolumen nahm mehr und mehr ab. Erst nach zwei Jahren verschlechterte sich sein Zustand nicht mehr weiter. Seitdem ist das Lungenvolumen des heute 31-Jährigen auf dem Wert von 2008 geblieben. "Glücklicherweise", sagt Kreutzer, "sonst wäre eine erneute Transplantation die einzige Lösung für mich gewesen."
Genauso wie das Krankheitsbild gehört Laufen zu Kreutzers Leben. An den Deutschen Meisterschaften der Transplantierten hat er schon erfolgreich teilgenommen. Viele Jahre träumte er nun aber schon davon, einmal bei der WM der Transplantierten anzutreten. Lange haperte es am Geld. Da er nun Sponsoren gefunden hat, wird der Traum in diesen Tagen zur Realität.
Im südafrikanischen Durban wird er einer von rund 800 Athleten sein und über die 5000-Meter-Laufen und 5000-Meter-Gehen antreten. "Nachdem ich die vergangenen Wochen so hart trainiert habe, wäre ein Platz unter den ersten drei der Lungentransplantierten schon toll", sagt er. Er wäre aber auch schon zufrieden, wenn er seine persönliche Bestzeit laufen würde. Dafür hat er die vergangenen fünf Monate mindestens vier Mal in der Woche trainiert — und das ohne Betreuung. Begleitet wurde er auf der Strecke lediglich hin und wieder von seinem Vater oder seiner Freundin Joanna Piech. Sie begleitet ihn auch auf der langen Flugreise nach Südafrika.
Die ist die nächste große Herausforderung auf dem Weg zur WM: über Istanbul geht's nach Durban. Das dauert zehn Stunden. Zehn Stunden, in denen Kreutzer einen Mundschutz tragen muss — denn seine Lunge ist immer noch sehr anfällig. Daher sollte er den Schutz am besten gar nicht abnehmen. "In zehn Stunden könnte das eng werden. Ein paar kurze Momente muss ich vielleicht darauf verzichten: einen Schluck trinken, einen Happen essen — denn ohne geht es einfach nicht", sagt der 31-Jährige. Seine Reise wird er in seinem Blog fabian-kreutzer.jimdo.com dokumentieren und dort auch über seine Leistungen und vor allem über seine Erfahrungen in Südafrika berichten.
Wenn alle Wettkämpfe bestritten sind, bereist er mit seiner Freundin Joanna und knapp 20 anderen deutschen Teilnehmern noch eine Woche lang die Landschaft rund um Durban. "Als Belohnung für uns selbst", sagt er, "denn wenn ich den anstrengenden Flug schon mal auf mich nehme, dann soll er sich auch lohnen."
