Neue Heimat in Meerbusch Eine bulgarische Familie in Meerbusch

Beim Gesprächsabend im Café „Leib und Seele“ berichtet Familie Tomova, wie ihr Weg sie nach Meerbusch führte.

 Sigrid Müller-Emsters und Ute Canaris im Gespräch mit Familie Tomova im Café Leib und Seele.

Sigrid Müller-Emsters und Ute Canaris im Gespräch mit Familie Tomova im Café Leib und Seele.

Foto: Müller-Emsters

Eigentlich hatten Ina und Bobby Tomova gar nicht geplant, nach Deutschland zu ziehen. Die Niederlande wären ihre erste Wahl gewesen, da Ina dort gerade ihren Master of Business Administration machte. Ihr Mann fand zu der Zeit jedoch eine Arbeit in Nürnberg und so pendelte sie erst mal zwischen den Niederlanden und Deutschland hin und her. Dann fanden beide eine Stelle in Bonn. Seit 2010 leben sie nun gemeinsam in Deutschland, es zog sie weiter, immer dorthin, wo es Arbeit gab. Nach Bonn kam Düsseldorf. Oft wohnten sie in möblierten Wohnungen. „Ich habe auch erst angefangen Deutsch zu lernen, als mir klar wurde, dass wir in Deutschland bleiben“, erzählt Bobby.

Für Ina war die Sprache kein Problem. Sie war bereits 2002 alleine nach Stralsund gezogen, zum Studium. Zu der Zeit sei es in Bulgarien in gewesen, in Deutschland zu studieren, berichtet die 34-Jährige.

Seit vergangenem Jahr leben die Tomovas nun mit ihrem kleinen Sohn Toni in Osterath, wo sie sich ein Haus gekauft haben. „Wir sind eine junge Familie und fanden, dass es Zeit wird, für die Zukunft zu sorgen und Wurzeln zu schlagen“, so Ina. In Meerbusch gäbe es bessere Möglichkeiten als in Düsseldorf, gute Schulen und viele Spielstraßen. „Und Meerbusch ist sehr international, das gefällt uns. Man kann viel von anderen Kulturen lernen“, sagt der 37-jährige Bobby.

Aber nicht alles in Meerbusch läuft wie gewünscht. „Es ist sehr schwer, einen Kita-Platz für Toni zu bekommen. Bisher hat das noch nicht geklappt“, erzählt Ina Tomova. Daher ist der Zweijährige bei einer Tagesmutter, die mit ihm Deutsch spricht, während seine Eltern auf Bulgarisch mit ihm reden. In Bulgarien sei es auch leichter, Vollzeit zu arbeiten, da die Kitas dort von 7 bis 19 Uhr geöffnet haben, berichtet die Informationsmanagerin.

Die Tomovas fühlen sich in in ihrer neuen Heimat sehr wohl, vermissen aber natürlich auch einiges aus Bulgarien. Das sind aber weniger Dinge als Personen. „Wir leben in einer globalen Welt, das kann man alles haben“, so Ina. Aber ihre Familie, die sie versuchen, so oft wie möglich zu sehen, fehlt dem Paar sehr. „Einfach mal bei der Mutter auf der Couch sitzen und sich verwöhnen lassen, das fehlt mir schon. Hier muss ich mich um alles kümmern, da bin ich der Mann und nicht das Kind“, sagt Bobby Tomova und lacht.

Wirklich Angst vor wachsender Ausländerfeindlichkeit haben die beiden nicht. „Ich würde allerdings lügen, wenn ich sage, dass mir das keine Gedanken macht. Aber Deutschland ist ein starkes Land. Ich glaube nicht, dass das eskaliert“, hofft der Ingenieur. Überhaupt sieht sich das Paar eher als Europäer als nur als Bulgaren – auch wenn sie stolz auf ihre Herkunft sind.

Die Reihe der Freitagabendgespräche im Kulturcafé „Leib und Seele“ gibt es schon länger. Anfangs ging es darum, einzelne Meerbuscher Bürger im Gespräch näher kennenzulernen, zu Gast war zum Beispiel Sonja Mataré. „In diesem Jahr wollten wir es mal mit einem neuen Ansatz versuchen“, berichtet Sigrid Müller-Emsters. Jetzt berichten Bürger ausländischer Herkunft, von ihren Beweggründen nach Meerbusch zu ziehen und ihren Erfahrungen dort.

Das Konzept der Freitagabendgespräche kommt gut an. „Hier ist immer eine sehr familiäre Stimmung“, findet Besucher Harald Aullmann. „Der internationale Blick auf Deutschland interessiert mich“, sagt Ralph Jörgens, der selber philosophische Abende im Café veranstaltet. Es sei spannend zu hören, was für Erfahrungen die Menschen in Meerbusch gemacht haben. Gerade heute sei ihm wieder klar geworden, wie selbstverständlich es sein sollte, über die Landesgrenzen hinaus arbeiten zu können. Auch für Brigitte Ehrlich hat sich der Abend gelohnt. „Ich hatte bisher überhaupt keinen Zugang zu Bulgarien. Das war bisher wie ein weißer Fleck auf der Landkarte.“ So geht es auch Hermine Kuhl. „Wir wissen doch mehr über Asien als über Bulgarien, das uns doch geographisch viel näher ist.“ Interesse am Land hat das Gespräch auf jeden Fall geweckt.

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