Serie Mobilität und Verkehr Mehr Radfahrer, mehr tödliche Unfälle

Meerbusch · In Meerbusch sind in diesem Jahr schon drei Radler bei Unfällen gestorben. Die Ursachen sind vielfältig. Problematisch sind beispielsweise Zwei-Richtungsradwege und zu enge Radwege. Die häufigste Unfallursache ist jedoch mangelnde Aufmerksamkeit.

 Ein weißes „Ghost Bike“, das seit einigen Wochen in Lank steht, erinnert an den tödlich verunglückten Radfahrer.

Ein weißes „Ghost Bike“, das seit einigen Wochen in Lank steht, erinnert an den tödlich verunglückten Radfahrer.

Foto: Guido de Nardo

Immer mehr Menschen nutzen für kurze Wege im Stadtgebiet das Fahrrad. Aber auch immer mehr Radfahrer verunglücken im Straßenverkehr. In Meerbusch starben allein in diesem Jahr schon drei Radler bei einem Verkehrsunfall. Die Ursachen sind unterschiedlich. Was aber bei allen Unfällen eine Rolle spielt: Radfahrer sind im Gegensatz zu Autofahrern ungeschützt unterwegs und müssen sich darauf verlassen, dass sie und die anderen Verkehrsteilnehmer die Verkehrsregeln einhalten.

So starb im September ein Radfahrer in Lank, als ein Autofahrer von einem Parkplatz auf die Straße fuhr, ohne anzuhalten. Dort erinnert heute ein „Ghost Bike“ an den tödlichen Unfall. Auch die mangelnde Aufmerksamkeit eines Radfahrers kann tödlich enden. So verlor ein 82-Jähriger in Osterath Anfang August sein Leben, als er versuchte, die Breite Straße zu queren und dabei offenbar nicht auf einen herannahenden Pkw achtete. Im Mai starb ein 95-Jähriger, als er zwischen Lank und Strümp mit seinem Pedelec einen Wirtschaftsweg verließ, die Hauptstraße kreuzen wollte und mit einem Linienbus zusammenstieß.

„Blech gegen Kopf - Kopf verliert“, so drückt es Ralf Kamphausen, seit September 2019 Verkehrssicherheitsberater der Polizei in Meerbusch, kurz und prägnant aus. Radfahrer zögen bei einem Zusammenstoß mit einem Auto immer den Kürzeren. „Als ich in Meerbusch anfing, habe ich mich gefreut zu sehen, dass sehr viele Radfahrer einen Helm tragen“, ergänzt er. Das könne lebenswichtig sein. Darüber hinaus gäbe es aber weitere Möglichkeiten, das Fahrradfahren sicherer zu machen. Das finge beispielsweise bei der Breite der Radwege und der Ampelschaltung an, die wenig auf Radfahrer zugeschnitten seien: „Hier können wir uns viel bei den Holländern abgucken.“

Auch müsse man die Autofahrer sensibilisieren, die seit der Novellierung der Straßenverkehrsordnung immer mindestens 1,50 Meter Abstand von Radfahrern halten müssen. In der Praxis würde das oft nicht getan, sondern gedrängelt, weil es die Autofahrer eilig haben.

Kamphausen setzt aber auch auf Prävention, denn nicht jeder Radfahrer beherrsche sein Rad ausreichend. Das fange bei den Kindern an und ende bei den Senioren. Während in Kindergarten und Schule Verkehrserziehung und Fahrradtraining stattfinden, um Regeln und motorische Fähigkeiten zu schulen, sei das Seniorentraining, das Polizei und Stadt anbieten, weniger nachgefragt. „Senioren unterschätzen oft die Geschwindigkeit eines Pedelec“, sagt Kamphausen. Er rät, dass ältere Menschen mit ihrem Arzt sprechen, ehe sie sich ein Pedelec anschaffen. Sind Reaktions-, Bewegungs- und Sehfähigkeit ausreichend? Man sollte so früh wie möglich vom normalen auf ein Elektrorad umsteigen, etwa mit 60 Jahren, so der Fachmann. Bei einem Kursus sollte man üben, eine Vollbremsung zu machen, ähnlich wie es Autofahrer lernen, und die Reaktionsfähigkeit schulen.

Auch der ADFC Meerbusch bedauert die zahlreichen Unfälle, bei denen Radfahrer verletzt werden. „Es ist misslich, dass es in Meerbusch viele Zwei-Richtungs-Radwege gibt“, sagt ein Sprecher des Vereins. Das erhöhe die Unfallgefahr, wenn etwa Seitenstraßen einmünden und Radfahrer von beiden Seiten kommen können und zusätzlich auf Autos achten müssen. „Zum Glück sind diese Einmündungen in den letzten Jahren rot markiert worden.“ Mit der Zunahme des Radverkehrs seien diese Radwege in vielen Bereichen auch zu schmal, so dass Begegnungsverkehr etwa mit Kinderanhängern oder breiteren Lastenfahrrädern gefährlich werden kann. Diane Drawe, Pressesprecherin der Polizei im Rhein-Kreis Neuss, berichtet von einem kuriosen Unfall auf einem schmalen Radweg: „Als sich zwei Radfahrer begegneten, blähte ein Windstoß die Jacke eines Radfahrers auf. Diese blieb am Lenker des anderen Rades hängen und beide stürzten.“

Grundsätzlich setzt sich der ADFC dafür ein, dass Radfahrer und Fußgänger stärker als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen werden und der Vorrang der Autofahrer, etwa bei der Ampelschaltung, aufhöre. Außerdem sagt ein Sprecher: „Eine weitere wirkungsvolle Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ist auch Tempo 30 innerorts.“

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