Meerbusch Die Traktor-Aufmotzer aus Osterath
Meerbusch · In Osterath werden bei Iseki japanische Traktoren für den europäischen Markt aufbereitet — und zum Beispiel zu Kehrmaschinen, Schneeräumern und Mähmaschinen. Der Jahresumsatz kletterte auf 50 Millionen Euro.
Sie sind blau, haben vier bullige Räder und einen sehr, sehr weiten Weg hinter sich. Im Lager an der der Rudolf-Diesel-Straße stehen sie vorerst noch in ihre Einzelteile zerlegt und in Stahlkästen platzsparend aneinandergereiht und übereinander gestapelt: Traktoren der Marke Iseki aus Japan. In Osterath werden sie ihrer speziellen Bestimmung zugeführt.
Dort entstehen aus den asiatischen Landmaschinen mit der Montage von einigen wenigen Zusatzteilen zum Beispiel Kehrmaschinen, Schneeräumer und Mähmaschinen. Beliefert werden damit in erster Linie Stadtverwaltungen, Industriebetriebe, aber auch Freizeitparks und Golfplätze zur Pflege ihrer Außenflächen. Auf diese Weise sichert sich die Iseki-Maschinen GmbH bereits seit Jahren ein Viertel des deutschen Marktanteils, liefert aber auch ins europäische Ausland und erzielt einen jährlichen Umsatz von rund 50 Millionen Euro.
Hinter dem umsatzstarken Unternehmen steckt aber auch eine starke Familiengeschichte. Angefangen hatte alles nach dem Krieg, regional und überschaubar. Seit 1955 belieferte Kurt Hoffmann als Landmaschinen-Händler die Bauern am Niederrhein. 13 Jahre später wurde ihm ein Geschäft vorgeschlagen, das die Zukunft maßgeblich beeinflussen sollte.
"Ein japanisches Handelsunternehmen aus Düsseldorf hatte meinem Vater angeboten, Iseki-Maschinen in Deutschland zu vertreiben", sagt Siegfried Hoffmann, Inhaber und Geschäftsführer der heutigen GmbH. Das war zu einer Zeit, in der japanische Produkte noch nicht den besten Ruf hatten. "Die haben eben viel kopiert. Aber die Kleintraktoren waren eine Ausnahme. Das hat mein Vater schnell erkannt." Denn gegenüber den europäischen Maschinen verfügte Iseki bereits über Zwei- und Dreizylinder-Motoren. Das sprach sich rum, und die Traktoren verkauften sich in den 70er Jahren nach und nach immer besser in Deutschland.
Auf die Idee, die Traktoren selber umzurüsten, kamen Vater und Sohn durch eigene Beobachtungen: "Wir haben die Straßenmaschinen in Meerbusch gesehen und uns gedacht, das geht auch besser." Wieder war es der richtige Spürsinn und technische Vorstellungsgabe, die den Sprung von den Landmaschinen zur kommunalen Landschaftspflege möglich machten. 1980 wurde die Iseki-Maschinen GmbH in Osterath gegründet. Bis heute sind 81 Prozent des Unternehmens in Familienhand, der Rest gehört den Japanern. Ein Netz von 350 selbstständigen Händlern, eine Niederlassungsvertretung nahe Leipzig und insgesamt 170 Mitarbeiter konnten über die Jahre aufgebaut werden. Zwei Vorteile gegenüber Konkurrenten wie zum Beispiel John Deere führt Hoffmann an: "Zum einen haben wir ein sehr gut funktionierendes Händlernetz. Zum anderen zeigen wir auf Grund unserer Größe auch noch ein persönliches Gesicht."
Zu diesem Gesicht gehört inzwischen auch Sohn Martin Hoffmann (32), der seit fünf Jahren das Unternehmen unterstützt und seit Anfang dieses Jahres als zweiter Geschäftsführer tätig ist. "Dabei hatte Martin mir anfangs einen Korb gegeben", gesteht Hoffmann Senior. So studierte der Sohn erst einmal Informatik, arbeitete als Berater. Dann lockte ihn das Angebot des Vaters aber doch. Er stieg bei Iseki ein und absolvierte parallel noch seinen Master of Business Administration. Vater und Sohn als gemeinsame Führungsspitze? "Bei uns klappt das gut. Ich habe viel Glück und Weisheit an meiner Seite", sagt der 32-jährige Geschäftsführer.
Als Plus sieht er vor allem die individuelle Beratung von Kunden. "Die Stadt München zählt schon seit Jahren zu unseren Kunden. Und für die setzen wir auch gerne mal Sonderwünsche um." Wie etwa der Bau einer Fahrerkabine, in der nicht nur eine, sondern zwei Personen sitzen können.
Ziel ist es, weiter in neue Länder zu expandieren. "Der Bedarf ist da. Etwa in Osteuropa." Aber der Junior-Chef beobachtet auch neue Trends, "es geht hin zur Hobbylandwirtschaft, wo auch wieder kleine Traktoren gefragt sind." Friedhöfe, Parkanlagen und Campingplätze gehören ebenfalls zu neuerem Terrain. Diese Neukunden werden mit Elektro-Fahrzeugen beliefert, und zwar in Zusammenarbeit mit einem französischen Hersteller namens Mega. Besonders eng ist natürlich das Band mit Japan. "Ein- bis zweimal im Jahr sind wir vor Ort, um gemeinsam Ideen auszutauschen", erklären die beiden Chefs.
Ideen werden aber auch in der eigenen Entwicklungsabteilung in Osterath gesammelt und erprobt. Dort werden Wünsche der Kunden aufgegriffen, Prototypen entwickelt und Anregungen für den Bau der Traktoren wieder nach Japan getragen. Siegfried Hoffmann ist gelernter Maschinenbauer und betreut vor allem die Geschäftsfelder Entwicklung und Produktion. "Mein Know How möchte ich aber schon jetzt an meinen Sohn weitergeben." Martin Hoffmann, der derzeit die Bereiche Finanzen, Organisation und Prozesse, Personal und IT betreut, soll 2018 das Unternehmen komplett übernehmen. "Die Übergabe möchte ich besser vorbereiten, als mein Vater, der aus gesundheitlichen Gründen von heute auf morgen aus dem Geschäft ausscheiden musste", erklärt der Senior-Chef. Auch das ist Innovation. Familiärer Art.