Meerbusch „Die Siedlung stirbt“

Düsseldorf · Viele Wohnungen in der ehemaligen Böhler-Werkssiedlung stehen leer, die Anwohner klagen über heruntergekommene Häuser. Seit knapp zwei Jahren ist Corpus Sireo der Eigentümer – doch getan hat sich wenig.

Die Frau mit dem Baby kommt nicht mehr. „Die hat hier schräg neben dem Kiosk gewohnt.“ Uwe Bucks steht hinter dem Thresen, zwischen Weingummi-Pötten und Zeitschriften – wie jeden Tag, seit 22 Jahren. „Sie ist auch weggezogen.“

Wie so viele andere Anwohner der Böhler-Siedlung am Rand von Büderich. Leere Klingelschilder, blinde Fensterscheiben – in den Reihenhäusern der ehemaligen Werkssiedlung stehen viele Wohnungen leer. Von rund 650 sollen mittlerweile knapp 100 nicht vermietet sein, erzählen die Anwohner. „Kein Wunder, viele Häuser müssen dringend renoviert werden“, sagt Oswald Hepner. Der Ex-Betriebsrat bei Böhler wohnt auch in der Siedlung. „Der neue Eigentümer sollte den Leerstand als Chance begreifen und endlich sanieren.“ Die Lage sei nämlich einwandfrei, die Wohnungen gut zu vermieten.

Der Immobilienhändler Corpus Sireo hat die Siedlung vor rund anderthalb Jahren vom damaligen Eigentümer, das Versicherungsunternehmen Gerling, gekauft. Gerling hatte die Häuser so stark verkommen lassen, dass Anwohner in verschimmelten Zimmern schlafen mussten. Auch Bucks erinnert sich daran. „Gerling hat damals nur erwidert, sie müssten halt besser lüften“, erzählt er und reicht einer Kundin ihre Zeitung. „Die Siedlung stirbt“, sagt sie. „Junge Leute ziehen nicht her, hier wohnen nur noch alte Witwen.“

Den Witwen der früheren Böhler-Mitarbeiter wurde eine günstige Miete vertraglich zugesichert. „Solange die soziale Bindung läuft, wird der Eigentümer nicht in eine Luxusrenovierung investieren“, vermutet Hepner. „Schließlich kann er nur eine Sozialmiete verlangen und darf die Häuser nicht in Eigentumswohnungen umwandeln.“ Eine Grundsanierung sei aber trotzdem nötig.

„Seit wir die Siedlung übernommen haben, wurden schon einige Häuser saniert“, widerspricht eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung. Sie findet nicht, dass der Leerstand sonderlich hoch sei.

„Der Leerstand ist nicht unerheblich“, erwidert Sozialdezernentin Angelika Mielke-Westerlage. „Wir beobachten diese Entwicklung mit Sorge.“ Bürgermeister Dieter Spindler will noch eine Weile abwarten und Corpus Sireo mehr Zeit geben: „Der neue Eigentümer ist schließlich erst seit kurzem dabei.“

Ilse Niederdellmann sieht das anders: „Der Leerstand ist sehr auffällig – und das bei dieser optimalen Lage, das muss nicht sein.“ Die SPD-Fraktionsvorsitzende wohnt selbst in der Böhler-Siedlung. Sie will das Thema in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses ansprechen. „Man könnte sehr viel mehr aus dieser Siedlung machen.“ Es sei absolut unnötig, dass so viele Wohnungen leer stehen.

Bei Corpus Sireo war für eine Stellungnahme gestern niemand zu erreichen.

(RP)
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