Serie: Meerbusch Deine Künstler – Marlies Blauth (4) Kunst und Poesie aus dem Gewerbegebiet

Marlies Blauth malt mit Öl und Kohlestaub, dichtet Verse und mag eine klare Arbeitsatmosphäre.

 Marlies Blauth inmitten ihrer Bilder.

Marlies Blauth inmitten ihrer Bilder.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Manche Künstler arbeiten in der romantischen Natur oder einem Atelier so malerisch wie ihre Bilder. Marlies Blauth wählt eine betont sachliche Arbeitsatmosphäre. Sie schafft ihre Bilder inmitten eines architektonisch nüchternen Gewerbegebiets in Osterath. Ihre Wohnung sei nicht weit weg, sagt sie, aber sie brauche zum kreativen Schaffen die räumliche Trennung von der Privatsphäre. Und so malt und zeichnet sie Tür an Tür mit Glasern, Rohrleitungs-Herstellern und anderen mittelständischen Handwerksbetrieben.

Das Produzieren stand schon für die kleine Marlies in Jugendtagen im Vordergrund und war für sie von Anbeginn wichtiger als das Reproduzieren. „Ich komme aus einem sehr musikalischen Elternhaus“, sagt Marlies Blauth, die in Dortmund aufwuchs. Klavierspielen habe sie gelernt. Doch nach Noten zu spielen reizte das Mädchen nicht so sehr. Wenn schon Musik, denn schon komponieren. Doch dann griff Marlies nicht zu Notenpapier und Federkiel, sondern Zeichenstift und Pinsel. Die bildende Kunst sollte es sein.

Und es war sofort mehr als nur Hobby. „Ich habe schon als Kind Pläne gemacht, was ich am nächsten Tag malen wollte“, sagt Blauth. „Das hat mich richtig kribbelig gemacht, es war immer der Drang da, etwas zu machen.“ Kunstunterricht wollte sie haben wie andere Instrumentalunterricht. Doch ganz so selbstverständlich wie heute sei so etwas damals nicht gewesen. Im zarten Alter von 13 Jahren dann der erste große Schritt: Marlies Blauth kam als Jungstudentin an die Dortmunder Fachhochschule. „Das war ein Riesensprung, weil die Qualitätsansprüche so hoch waren wie bei Erstsemestern.“

Das zweite Schlüsselerlebnis gestaltete sich in Form eines Kaufrauschs: „Ich habe mir mit 16 Jahren meine erste Ölfarbe gekauft“, berichtet Blauth. Eine Gleichaltrige aus einer Künstlerfamilie habe ihr einen Laden gezeigt, wo es Farben gab. Mit geliehenen 100 Mark schlug der Teenager zu. Die riesenhafte Auswahl an Farben sei zu verführerisch gewesen. „Man kannte nur den ollen Deckfarbkasten, und nun gab es alle Grün-Töne, die das Herz begehrt.“ Von den schockierten Eltern habe es nach dem Großeinkauf auf Pump eine gehörige Standpauke gegeben, erinnert sich Blauth nur zu gut. Unterdessen gestalteten sich die räumlichen Arbeitsbedingungen zunächst bescheiden. „Ich habe mich lange zusammenfalten müssen in winzigen Zimmern“, erzählt Blauth. Und beengt waren die Atelierstuben nicht nur in Jugendjahren. Vier Kinder wurden groß gezogen, gemalt wurde also noch lange daheim – auf neun Quadratmetern. Freilich hatte die Künstlerin irgendwann ihr eigenes Reich zum Malen. In ihrem jetzigen Atelier befindet sie sich aber erst seit ein paar Jahren.

In den Räumen hängen Bilder in kräftigen Farben. Ein abstraktes Ölgemälde mit gleichmäßiger Struktur besitzt dunkle Rot- und Violett-Töne. Daneben werden schwarzweiße Bilder sichtbar, hergestellt mit Kohlestaub. „Mit Kohlestaub bin ich aufgewachsen“, sagt die gebürtige Dortmunderin. Noch immer habe sie starke Heimatgefühle. „Die ganze Stadt war damals grau vor Kohlestaub, auch die Menschen, aber es herrschte so eine herzliche Atmosphäre.“

Malerei bildet ein großes Kapitel in Blauths Künstlerleben. Doch gibt es ein zweites: die Poesie. Mehrere Gedichtbände existieren bereits wie „Dornröschenhaus“ oder „zarte takte tröpfelt die zeit“. Zart sind auch die Farben der Bilder, die die Buchcovers zieren, freilich gemalt von Blauth selbst. „Das Pastellige passt gut zur Lyrik“, findet die Autorin. Ganz große Formate würden sie nicht so interessieren. „Kein Roman und keine Symphonie – mich interessiert das Komprimierte.“

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