Gottesdienst im Internet Mit Youtube durch die Krise

Büderich · In Büderich wird die evangelische Gemeinde erfinderisch. Den ersten Video-Gottesdienst haben mehr Menschen gesehen, als an anderen Sonntagen in die Kirche kommen.

 Pfarrerin Susanne Pundt-Forst und ihr Kollege Wilfried Pahlke zeichnen jetzt ihre Gottesdienste auf und laden sie auf Youtube hoch.

Pfarrerin Susanne Pundt-Forst und ihr Kollege Wilfried Pahlke zeichnen jetzt ihre Gottesdienste auf und laden sie auf Youtube hoch.

Foto: Viktor Marinov

Eine Kirchengemeinschaft lebt eigentlich von der Nähe, von dem Kontakt und dem persönlichen Austausch. Sollten Pfarrer also die Füße während der Virus-Epidemie eine Weile stillhalten? Einfach die Zeit abwarten, bis ein „normaler“ Gottesdienst wieder stattfinden kann? Das geht so nicht, findet Susanne Pundt-Forst. Die evangelische Kirchengemeinde in Büderich, in der Pundt-Forst Pfarrerin ist, erfindet sich in der Krise lieber neu. Seit einer Woche hat die Gemeinde einen Kanal auf Youtube, auf dem schon der erste Gottesdienst hochgeladen wurde. Dort haben ihn schon mehr Menschen gesehen, als an Sonntagen in die Kirche kommen.

„Surreal“, so nennt Pfarrer Wilfried Pahlke den Gottesdienst in den ersten Minuten des Videos. Recht hat er. Die Kirche ist leer, niemand sitzt auf den Bänken, die Stimme des Pfarrers hallt durch den Raum. Er hält Sicherheitsabstand zu Pundt-Forst. Sie wiederum hat ein iPad in der Hand als sie die Mitglieder zum allerersten Video-Gottesdienst in der Geschichte der Gemeinde begrüßt. Doch vieles ist vertraut. Es gibt Musik am Klavier, zwei Kerzen brennen im Hintergrund, die Worte der beiden Pfarrer geben Halt. „Wir sind durch Distanz vereint“, sagt Pundt-Forst. Mehr als 160 Aufrufe hat das Video auf YouTube, ein Gemeinde-Mitglied hat es gefilmt.

„Wer will, dass Kirche bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt“, dieser Lieblingssatz von Wilfried Pahlke passt sehr gut in die aktuelle Situation. Die Büdericher Gemeinde zeigt in diesen Zeiten, dass sie Veränderungen nicht scheut, wenn es darum geht, ihre Mitglieder trotz Konktaktverbot zu erreichen. Der Online-Gottesdienst ist nämlich nicht die einzige Initiative, welche die Mitglieder der Gemeinde erst während der Krise ins Leben gerufen haben.

Ein neu gegründeter Kreis etwa bietet Menschen Hilfe beim Einkaufen an. „Es haben sich aber bisher vor allem Menschen gemeldet, die helfen wollen“, erzählt Pundt-Forst. Für den neuen Kreis hat Hans Krebs vom Johanniterorden mittlerweile sogar acht selbst bestickte Warnwesten gespendet. Auf dem Rücken stehen in Großbuchstaben das Wort „Helfer“ und das Motto der Gemeinde: „Glaube bewegt“. Einige tragen die Westen jetzt schon voller Stolz, berichtet die Pfarrerin. Das Geschenk könnte in den kommenden Wochen sehr praktisch werden. Wenn eine Ausgangssperre käme, wären die Helfer der Gemeinde dadurch sofort erkennbar. Die Pfarrerin plant auch eine weitere Aktion, die sie „Gebete to go“ getauft hat. Pundt-Forst will vor den Türen der Kirchen Zettel mit Gebeten in selbstgenähten Tüten für die Gläubigen hinterlassen. „Es ist wichtig, dass die Gemeinde weiß: Wir sind für sie da“, sagt Pundt-Forst.

Über die Aktionen informiert die Kirche deswegen nicht nur über das Internet, sondern auch per Post. Helfer aus der Gemeinde haben in den vergangenen Tagen vor allem bei älteren Menschen Flyer mit Informationen in den Briefkasten geworfen. Viele der älteren Kirchenmitglieder haben keinen Zugang zum Internet, auf diesem Weg sollen auch sie über die neuen Angebote erfahren.

 Küster Jörg Krause trägt eine der gespendeten Westen.

Küster Jörg Krause trägt eine der gespendeten Westen.

Foto: Ev. Gemeinde

Was in den letzten Tagen als Antwort auf eine unerwartete Krise entstanden ist, könnte ein Wegweiser für die Zukunft sein. „Wir begreifen die Krise als Chance“, hört man derzeit oft. Dieser Satz ist jetzt schon abgedroschen, doch die evangelische Gemeinde in Büderich ist ein gutes Beispiel dafür, dass er aber zutreffen. „Vielleicht können die Mitglieder künftig nicht nur in der Kirche, sondern auch im Bademantel von zu Hause aus den Gottesdienst schauen. Oder nicht um zehn, sondern um elf Uhr, wenn sie ausgeschlafen sind“, sagt Pundt-Forst. Unter den Zuschauern des ersten Videos war auch jemand aus Neuseeland. „Wenn Gemeinde nicht zu uns kommen kann, kommen wir zur Gemeinde“, heißt es treffend in der Beschreibung des neuen Youtube-Kanals.

Willkommen beim Online-Gottesdienst. Den zweiten gibt es schon am kommenden Sonntag. Hoffentlich folgen weitere. Auch nach der Pandemie.

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