Meerbusch Der "Galgenpapst", das Mittelalter und die Justiz

Meerbusch · Archäologe Jost Auler erzählte vor dem Heimatkreis über Richtstätten der vergangenen Jahrhunderte.

Gruselstunde in der Teloy Mühle. Der Heimatkreis Lank hatte zum Lichtbildervortrag "Galgenstrick und Henkershand - Eine Geschichte der spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Gerichtsbarkeit" eingeladen. Referent war Jost Auler aus Dormagen.

Der als "Galgenpapst" bekannte Archäologe unternahm einen Blick auf unterschiedliche Richtstätten und brachte so die Rohheit des Mittelalters in "Meerbuschs gute Stube". Hier jagten seine bebilderten Beschreibungen von zertrümmerten Schädeln, zerbrochenen Knochen, abgetrennten Extremitäten oder vom Scharfrichter mit einem Hieb viergeteilten Halswirbeln Schauer über die Rücken. Dabei blickte Auler häufig mit einem Augenzwinkern auf das unvorstellbare Geschehen. So grausam die Beschreibungen über Hinrichtungen durch Erhängen, Ertränken, Köpfen, Auspeitschen oder Rädern auch waren - er verstand es immer wieder, während des "Spaziergangs durch die Richtstätten-Welt" das Publikum zum Schmunzeln zu bringen.

Zeugen dieses Rechtsverständnisses, in dem Wiedereingliederung keine Rolle spielte, sind die Fundamente von Hinrichtungsstätten. Sie befanden sich an exponierter Stelle auf einem Hügel, weithin sichtbar, häufig an Handelswegen gelegen: "Sie dienten zur Sühne und Abschreckung." Gleichzeitig wurde eine angekündigte Hinrichtung zum Volksfest, an dem die Besucher in kleinen Fläschchen das Blut des Hingerichteten abfüllten, um sich damit gegen Krankheiten zu schützen.

In der Region gibt es einige Beispiele für die Galgen. In Neuss, in der Anlage des Kleingärtnervereins Römerlager, ist ein solcher Hügel mit dem Fundament als Bodendenkmal zu sehen. Und auch im heutigen Meerbusch soll es im Zusammenhang mit dem Kloster Meer eine Hinrichtungsstätte gegeben haben. Sie stand in Nierst und wurde im 12. Jahrhundert vom Rhein weggespült. Damals bildete die "Freie Herrlichkeit Nierst" als einzige Exklave einen unabhängigen Gerichtsbezirk.

1660 schließlich wurde ein neuer Galgen errichtet. Dieser Platz könnte ganz in der Nähe der heute "Kruseboom" genannten, zwischen Nierst und Lank-Latum gelegenen Stelle gewesen sein, an der es einen Hügel und eine betagte Linde gibt. Dem Archäologen Auler aber geht es um die Bodenfunde, durch die sich Hinrichtungen analysieren lassen. Denn die Hingerichteten oder das, was von ihnen übrig blieb, wurden an Ort und Stelle "verlocht", in "unheiliger Erde" verscharrt: "Die Skelette rund um die Hinrichtungsstätten sind heute wichtige Informationsquellen", versichert Jost Auler, der als Autor und Verleger drei Bücher zum Thema "Richtstättenarchäologie" herausgegeben hat.

(RP)
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