Familie Debatte um den Sinn einer Leihmutterschaft

Osterath · Bei einer Podiums-Diskussion in der Evangelischen Kirche ging es um Eizellenspende und Embryonenselektion. Die Meinungen dazu waren vielfältig und beleuchteten das Thema aus vielen verschiedenen Blickwinkeln.

 Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys im Mutterleib ab.

Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys im Mutterleib ab.

Foto: dpa/Uli Deck

Presbyter Friedel Tischler zeigte sich bei seiner Begrüßung positiv überrascht von der Resonanz auf das sperrige Thema „Kinder bekommen ohne Sex und Wehen“. In der Evangelischen Kirche in Osterath verfolgten zahlreiche Interessierte die prominent besetzte Diskussion um Leihmutterschaft, Eizellenspende und Embryonenselektion bei der Befruchtung im Reagenzglas. Lothar Schröder, Leiter der Kulturreaktion der Rheinischen Post, moderierte die Veranstaltung. „Ein kunterbuntes Podium, an dem man sieht, wie komplex und aus verschiedenen Blickwinkeln man das Thema betrachten kann“, sagte er.

Seine Einschätzung bestätigte sich beim lebhaften Austausch von Meinungen und Argumenten. Otto Fricke, Bundestagsabgeordneter der FDP, warf zu Beginn den Begriff von der „Leihmutterschaft aus Nächstenliebe“ in die Debatte und führte ein familiäres Beispiel an – wenn nämlich eine Frau ihrer zeugungsunfähigen Schwester deren Kinderwunsch erfüllen könne. Eizellenspenden seien in Europa nur in zwei Ländern verboten, in Deutschland und Luxemburg. Das Gesetz müsse nach 30 Jahren überdacht und von der Politik neu geregelt werden. „Wer Geld hat, geht ins Ausland, wir kennen die Situation in der Ukraine“, sagte er. „Eine solche Kommerzialisierung gilt es zu verhindern.“ Den Begriff „Nächstenliebe“ sah Barbara Schwahn, Superintendentin des Kirchenkreises Krefeld-Viersen, kritisch. „Es kommt auf den Einzelfall an“, meinte sie. „Je mehr möglich ist, und das ist gewaltig, desto mehr Verantwortung tragen Menschen dafür, was sie tun und lassen sollen.“ Die Kirche solle als Leitplanke dienen und seelsorgerische Begleitung und Betreuung leiste.

Ansgar Heveling, CDU-Bundestagsabgeordneter, warf viele Fragen auf. „Wie weit darf Politik ins Privatleben eingreifen? Einzelfälle sind nachvollziehbar. Aber kann ich daraus ein ethisches Prinzip ableiten?“ Man brauche eine breite Debatte, auch im Parlament, die sich nicht an Parteigrenzen festmache, regte der Politiker an. „Darf die Frage des technischen Könnens ins rechtliche Dürfen münden?“ gab er zu bedenken.

Kathrin Zawiasa, Leiterin des Jugendzentrums Katakombe, hat das Thema vorwiegend mit männlichen Jugendlichen erörtert. „Erst erschien es ihnen sehr fremd und weit weg, aber dann waren sie wissbegierig“, erzählte sie. „Mich überraschte, wie offen sie für eine Adoption als Alternativlösung für kinderlose Paare waren.“ Moralische und ethische Fragen standen eher im Hintergrund, dagegen wurde die Forschung für wichtig erachtet: „Wir dürfen sie nicht ausbremsen, in ihr liegt die Zukunft“, hieß es.

Susanne Fricke-Otto, leitende Kinderärztin am Helios-Klinikum Krefeld, beleuchtete die Problematik aus ärztlicher Sicht. „Wir haben einen Wissensvorsprung und können mit einer individuell angepassten Beratung die Elternpaare bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen.Wird sie mit gutem Gewissen getroffen, lassen sich die Konsequenzen besser einschätzen und tragen.“

Als Naturwissenschaftler liefere er der Philosophie Argumente für eine fachliche Diskussion, führte Andreas Beyer aus.Der Molekularbiologe und Bioethiker an der Hochschule Westfalen bekannte sich zu den zwei Herzen in seiner Brust. „Aber sie schlagen nicht gegeneinander“, beteuerte er. Für ihn ist es im Hinblick auf ein Verbot der Eizellenspende nicht entscheidend, dass andere Länder das dürfen. Wohl aber müsse man nach den Gründen dafür fragen. Seine Ambivalenz bei der Leihmutterschaft verhehlte er nicht: „Was gibt es Intimeres für eine Frau, als zu fühlen, wie ein Kind in ihr heranwächst?“ Dem Professor geht es um Fakten. „Jede Entwicklung beinhaltet eine Eigendynamik, aber keinen Automatismus. Es wird keine Designer-Babys geben. Wir müssen die Debatte von den Frankenstein-Geschichten entschlacken.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort