Wohnungsnothilfe in Meerbusch Ein Zimmer für arme Meerbuscher

Die Wohnungsnothilfe Meerbusch vermittelt Wohnungen für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. Das wird in Meerbusch immer schwieriger. Die Caritas appelliert an private Vermieter, Betroffenen eine Chance zu geben.

 Das Wohnzimmer unter freiem Himmel wurde am Mittwoch von den Mitarbeitern der Caritas präsentiert: Jürgen Maukel, Kristina Amon,  Norbert Kallen, Oliver Joeres, Hermann Fabry und Midia Majouno.

Das Wohnzimmer unter freiem Himmel wurde am Mittwoch von den Mitarbeitern der Caritas präsentiert: Jürgen Maukel, Kristina Amon, Norbert Kallen, Oliver Joeres, Hermann Fabry und Midia Majouno.

Foto: RP/Tanja Karrasch

Die Stadt der Reichen, die Insel der Glückseligen – Meerbusch ist über die Stadtgrenzen hinaus für einen hohen Lebensstandard bekannt. Doch auch hier gibt es Menschen, die arm sind und davon bedroht, obdachlos zu werden.

Um darauf aufmerksam zu machen, hatte die Caritas am Mittwoch ein Zimmer auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz aufgebaut: ein rotes gemütliches Sofa, Kaffeetassen und ein Blumentopf auf dem Couchtisch – und diese bürgerliche Idylle direkt auf dem Asphalt. „Das offene Wohnzimmer symbolisiert, dass die Menschen schon fast auf der Straße stehen“, sagte Midia Majouno von der Wohnungsnothilfe Meerbusch. Zwischen 3000 und 4000 Meerbuscher Bürger sind laut Caritas von Armut betroffen. Viele können sich ihre Mieten nicht leisten, müssen Hilfe vom Amt beziehen.

Der hohe Lebensstandard, für den Meerbusch bekannt ist, ist gleichzeitig auch Kern des Problems: „Viele Menschen können da nicht mehr mithalten“, sagt Majouno. Besonders betroffen sind nach Angaben der Caritas alleinerziehende Mütter, alleinstehende Männer ohne Einkommen, Familien mit vielen Kindern, Flüchtlinge, Auszubildende. „Auch Menschen aus der Mitte der Gesellschaft geraten zum Beispiel durch persönliche Schicksalsschläge in finanzielle Schieflagen.“

Wer dringend eine Wohnung sucht, kann die Caritas um Unterstützung bitten. Die Wohnungsnothilfe recherchiert dann freie Wohnungen, nimmt Kontakt zu Vermietern auf. Da ist zum Beispiel die ältere Dame, die seit 40 Jahren in Meerbusch ihren Lebensmittelpunkt hat. Nach dem Tod ihres Mannes ist sie auf Leistungen vom Amt angewiesen, findet aber in Meerbusch keine bezahlbare Wohnung.

Oft muss die Wohnungsnothilfe dann auch in anderen Kommunen im Rhein-Kreis Neuss und ganz Nordrhein-Westfalen suchen. „Es ist ein schmerzvoller Prozess, Menschen aus der Heimat wegzuvermitteln. Je höher die Verzweiflung ist, desto höher ist dazu die Bereitschaft“, sagt Majouno.

Sechs bis zwölf Monate braucht die Wohnungsnothilfe durchschnittlich für eine Vermittlung. Teilweise auch länger. Nicht nur sind besonders kleinere Wohnungen Mangelware. Zwischen den Meerbuscher Mietpreisen und den Beträgen, die das Amt zahlt, gibt es große Diskrepanzen. Für eine Person übernimmt das Amt beispielsweise die Kaltmiete für eine Wohnung bis zu 50 Quadratmeter bis maximal 302,50 Euro, für zwei Personen 383,50 Euro für bis zu 65 Quadratmeter. Dafür eine Wohnung in Meerbusch zu finden, sei sehr schwierig, sagt Majouno.

Gut funktioniere in Meerbusch die Zusammenarbeit mit der Stadt, die sich auch bemühe, geförderten Wohnraum anzubieten. Es seien aber auch die privaten Vermieter gefragt, bei der Miete nicht auf den eigenen Profit zu gucken. „Die Hilfsbereitschaft nimmt generell ab, viele wollen eher die maximale Miete rausholen, statt einen Menschen mit kleinerem Einkommen zu berücksichtigen oder einer Person, die in eine finanzielle Schieflage geraten ist, eine zweite Chance zu geben“, sagt Majouno.

Eine halbe Stelle mit 19,5 Stunden pro Monat sieht die Stadtverwaltung für die Wohnungsnothilfe vor – seit November 2017 hat die Soziologin Majouna diese Aufgabe übernommen. „In diesem Rahmen können wir nur den absoluten Notfällen helfen und müssen Prioritäten setzen“, sagt sie. Für die Betroffenen entstehen so automatisch lange Wartezeiten. Die Caritas steht daher mit der Stadt im Gespräch, um die Kapazitäten auszuweiten. So könnte noch vielen anderen bei der Wohnungssuche geholfen werden.

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