Serie Meerbuscher Wirtschaft Herz und Seele in Stein gemeißelt

Felix Engelhardt ist der Künstler auf dem Areal Böhler. Der Bildhauer klopft in seiner Werkstatt bis zu 600 Kilo schwere Steine. Einige Arbeiten haben es bis nach Istanbul und Dänemark geschafft. Auch mit Grabsteinen kennt er sich aus.

 Bildhauer Felix Engelhardt holt sich sein Arbeitsmaterial aus Steinbrüchen. Die Steine klopft er in seiner Werkstatt bei Tageslicht.

Bildhauer Felix Engelhardt holt sich sein Arbeitsmaterial aus Steinbrüchen. Die Steine klopft er in seiner Werkstatt bei Tageslicht.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die Werkstatt von Bildhauer Felix Engelhardt liegt ein wenig versteckt auf dem Areal Böhler. Einmal über das gesamte Gelände geht es, dann an einem Zaun entlang, um diesen herum und am Zaun wieder zurück. Jetzt steht der Besucher endlich vor „Steinundskulptur“. Trotz der etwas unglücklichen Lage auf dem Gelände ist Engelhardt froh, dass er auf dem Areal seine Werkstatt aufbauen konnte. „Ich fühle mich sehr wohl hier. Das Gelände und auch die Menschen sind toll. Es gibt hier einige Freidenker. Das gefällt mir.“

 Felix Engelhardt ist fasziniert von kletternden Figuren.

Felix Engelhardt ist fasziniert von kletternden Figuren.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

In Düsseldorf hat er lange nach einer Werkstatt gesucht. „Vorher habe ich in einer Garage gearbeitet. Die war aber einfach zu klein“, erzählt der Künstler. Das Areal Böhler war für ihn ein absoluter Wunschort, da er es schon aus alten Familiengeschichten kannte. „Mein Vater hat als Kind immer zugeschaut, wie der Stahl hier vergütet wurde.“ Also erkundigte er sich bei der Standortleitung, ob es nicht ein Plätzchen für ihn gebe – allerdings vergeblich. Engelhardt blieb hartnäckig. Immer wieder fragte er nach, bis er 2007 endlich Erfolg hatte. Im ersten Stock von Gebäude 12, direkt unter dem Dach, klopft er nun seine Steine. „Das ist ideal hier. Da habe ich Tageslicht. Zum Steine hauen brauche ich natürliches Licht“, erklärt er. Die bis zu 600 Kilo schweren Steine befördert er mit dem Kran, der im Gebäude ist, nach oben.

Sein Arbeitsmaterial holt der Bildhauer aus Steinbrüchen. Oder er macht sich auf die Suche nach schönen Findlingen. Manchmal verwendet er auch alte Grabsteine, wenn die Familien damit einverstanden sind. So ist auch die Figur „Günther“ entstanden. „Die Familie wollte, dass der Stein wiederverwertet wird und hat sich eine kleine Figur daraus meißeln lassen.“ Aus dem übrigen Material schaffte der Künstler „Günther“. Der Name bezieht sich auf die Inschrift des Grabsteins.

Mit Grabsteinen kennt Engelhardt sich aus. Schließlich hat er nach seiner Lehre zum Goldschmied noch das Steinmetz-Handwerk gelernt. Er darf sich aber nicht Steinmetz nennen, da er sich auf Steinbildhauerei spezialisiert hat. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, arbeitet der Künstler auch im Friedhofsbereich. „Aber die Grabsteinbranche stirbt aus. Viele Menschen werden anonym auf der grünen Wiese beerdigt, da braucht man keine Steine mehr.“

Das Künstlerische liegt ihm auch mehr. Das ist wohl ein Familienerbe, schließlich war sein Großvater der bekannte Bildhauer Fritz Nuss. Aber auch die Bildhauerei ist ein schwieriges Geschäft. „Skulpturen sind Luxusartikel. Viele geben ihr Geld lieber für Reisen oder Autos aus, statt sich etwas in den Garten zu stellen“, so Engelhardt. „Und wenn man keinen akademischen Grad hat, ist es schwer, in der Kunstszene Fuß zu fassen.“

Seine Werke verkauft der Bildhauer meist auf Ausstellungen. Einige Skulpturen haben es bis nach Istanbul oder Dänemark geschafft. Darauf ist er schon ein wenig stolz. Auftragsarbeiten kommen eher selten vor. „Wenn, dann sind es meist Vogeltränken“. Mit Hammer und Meißel bearbeitet Engelhardt gerade sein neuestes Werk, einen Kletterer. Das ist ein typisches Motiv in seiner Kunst. Kletternde Figuren und kriechende Tiere faszinieren ihn. Viele der Skulpturen haben große Hände und Füße. „Das unterstreicht die Gesten der Figuren.“

In Engelhardts Figuren steckt viel von ihm selbst. Der Kormoran „Skarv“ erinnert ihn zum Beispiel an seine vier Jahre in Dänemark, als er oft mit Fischern auf dem Meer unterwegs war. Sein Lieblingsstück zurzeit ist „Der Ureinwohner“ aus Anröchter Dolomit. Dieser sitzt auf einem Baum und beobachtet skeptisch, was so alles in der Stadt passiert. Von einigen Skulpturen möchte er sich am liebsten gar nicht trennen, oft, weil eine besondere Geschichte dahintersteckt.

So wie bei „Elsbeth“. „Normalerweise habe ich erst eine Idee und suche mir den passenden Stein dazu“, beschreibt der Bildhauer seine Vorgehensweise. Bei „Elsbeth“ lief es anders. „Da stand der Stein, und plötzlich habe ich sie da drinnen gesehen.“ Sofort schob er alles andere beiseite und begann, den Stein zu meißeln. „Seitdem ich sie verkauft habe, fehlt sie mir sehr.“

Hat Engelhardt eine Idee, macht er sich sofort ans Klopfen. Mit einer Skizze oder einem Modell würde er niemals arbeiten. „Wenn ich erst ein Modell mache, gibt es das Stück ja schon. Da würde es für mich keinen Sinn ergeben, es noch mal zu machen.“ Mit der Flex erledigt der Bildhauer die groben Arbeiten. Dann geht es per Hand wie im Mittelalter oder mit Druckluft weiter. Das ist bei Engelhardt oft stimmungsabhängig. „Pressluft mag ich sehr gerne, weil da einfach viel passiert“, sagt er und zeigt, wie schnell sich der Stein unter einer Art Presslufthammer verändert. Mit Fäustel, Meißel und Klüpfel geht es an die Kleinarbeit. Zum Abschluss geht es mit der Diamant-Schleifscheibe an den Feinschliff. Allzu glatt soll es aber nicht werden. „Das mag ich nicht so gerne, daher verwende ich auch ungern Wasserschliff.“ 

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