Meerbusch Bäume unter Kontrolle

Meerbusch · Kommt durch einen umstürzenden Straßenbaum ein Mensch zu Schaden, kann der zuständige Baumkontrolleur der Stadt zur Haftung herangezogen werden. Im schlimmsten Fall drohen strafrechtliche Konsequenzen.

 Die Existenz von Bäumen wird immer wieder zum Politikum. Mit Neonfarbe markierte Bäume stehen unter besonderer Beobachtung.

Die Existenz von Bäumen wird immer wieder zum Politikum. Mit Neonfarbe markierte Bäume stehen unter besonderer Beobachtung.

Foto: BSS/UD

Es gibt Berufe, bei denen Fehler im schlimmsten Fall Menschenleben kosten können. Wenig bekannt ist, dass neben Chirurgen, Sicherheitsleuten und Piloten auch Gärtner zu dieser Gruppe zählen — zumindest, wenn sie als Baumkontrolleure tätig sind. Darauf hat jetzt der neue Leiter des städtischen Fachbereichs Grünflächen, Michael Betsch, in einem Grundsatzreferat im Umweltausschuss aufmerksam gemacht.

Hintergrund: Wenn es um Fällungen geht, werden Meerbuscher Bäume schnell zum Politikum. Die Proteste gegen die geplante Beseitigung von Straßenbäumen bei der Sanierung der Büdericher Ortsdurchfahrt und die Fällung einer Pappelreihe beim Nierster Deichbau sind vielen noch gut im Gedächtnis. Engagierte Baumschützer haben häufig den Verdacht, dass Bäume weit vor Erreichen des Endes ihrer natürlichen Lebenszeit abgesägt werden sollen. Eine Satzung, die Bäume ab einem bestimmten Durchmesser unter besonderen Schutz stellt, gibt es in Meerbusch nicht.

Ende Dezember konnte der BUND mit der Stadt bei der geplanten Fällung von Bäumen am Ilvericher Kuhweg einen Kompromiss erreichen: Zwei alte Pappeln, in deren Kronen Greifvögel ihre Horste gebaut haben und zehn Bäume am Ende des Weges sollen vorerst stehenbleiben. Eventuell muss der Weg dazu abgesperrt werden.

Betsch und Planungsdezernent Dr. Just Gérard warnen die Politik jedoch davor, zu glauben, dass es bei jeder Fällung Spielraum für ähnliche Kompromisse gibt: "Es tut einem weh, aber wenn Bäume ein Gefährdungspotenzial darstellen, muss man über Neupflanzungen reden", so Betsch.

Die Frage, ob und wann ein Baum gefällt wird, könne dabei auch juristische Konsequenzen haben: "Es gibt die steigende Tendenz, dass die Haftung des zuständigen Baumkontrolleurs verschärft wird". Bei Sachschäden könne der Betroffene auf Schadenersatz, bei Personenschäden auf Schmerzensgeld klagen — und einen Prozess wegen fahrlässiger Körperverletzung in Gang setzen. Ermittlungsverfahren richteten sich dann gegen den Kontrolleur und seinen Amtsleiter. Im Verfahren gelte die "umgekehrte Beweislast": Die Stadt müsse ihre Unschuld darlegen.

Alle Meerbuscher Straßenbäume werden jährlich von ausgebildeten Gärtnern begutachtet — die Stadt hat die Verkehrssicherungspflicht. Normalerweise reicht der genaue Blick von unten (die "qualifizierte Sichtkontrolle"). Doch bei älteren oder möglicherweise erkrankten Bäumen muss — oft mit Hilfe eines Hubsteigers — genauer hingesehen werden. Im Moment beispielsweise bei einigen Bäumen an der Moerser Straße (siehe Kasten).

"Die Mitarbeiter tragen ein hohes Maß an Verantwortung", sagt Betsch. Setzt ein Kontrolleur einen Baum auf die Fällliste, sei er selbst zwar juristisch aus dem Schneider, nun müsse aber die Kommune schnell handeln. Im Schadensfall drohten den Behördenvertretern ansonsten wieder juristische Konsequenzen. In Ilverich sei der Kompromiss nur möglich gewesen, weil der Kuhweg kaum benutzt wird und notfalls gesperrt werden kann.

(RP/rl)
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