Kunst in Meerbusch „Wall Art“ direkt aus Osterath

Osterath · Der 85-jährige Fotokünstler Johannes Bär präsentiert Bilder, die Graffiti von der Bahn-Unterführung Strümper Straße und der Q1 Tankstelle zeigen. Er will somit auch die Kunstwerke erhalten, die aus dem öffentlichen Raum verschwunden sind.

Johannes Bär will mit seinen kunstvollen Fotos Osteraths Straßenkunst bewahren.

Johannes Bär will mit seinen kunstvollen Fotos Osteraths Straßenkunst bewahren.

Foto: kirchholtes/Kirchholtes

Was ist eigentlich Kunst? Muss sie von Dauer sein? Der Osterather Fotokünstler Johannes Bär gibt den Graffiti, die sich in Osterath auf Wänden und Unterführungen befinden oder befunden haben, ein neues Gesicht. Eines, das von Dauer ist. Denn diejenigen, die beispielsweise an den Wänden der ehemaligen Q1-Tankstelle waren, sind mit dem Abriss der Gebäude verschwunden. Nur auf den künstlerisch gestalteten Fotos bleiben sie erhalten.

Johannes Bär ist bereits 85 Jahre alt, aber das tut seinem Enthusiasmus, einen genauen Blick auf Objekte zu richten, keinen Abbruch. Der ehemalige Architekt, der seit 1986 in Osterath wohnt, hat im Ruhestand endlich die Muße, mit der Kamera unterwegs zu sein. Nach seiner ersten Ausstellung, die sich mit Spiegelungen befasste, hat er sich nun in seiner direkten Umgebung umgesehen. „Wall Art“ nennt er seine zweite Präsentation, die er im Treffpunkt der Caritas-Einrichtung „Wohnen mit Service“ an der Paul-Klee-Straße 20 zeigt. Er selbst wohnt seit vier Jahren mit seiner Frau im betreuten Wohnen, nachdem er sein Haus im Wohngebiet Krähenacker aus Altersgründen verkauft hat. Weil seine Augen nicht mehr so wollen, hat er sich für seine Digitalkamera einen Vorsatz mit Lupe gekauft, die auf seine Sehstärke eingestellt ist. Die Bearbeitung und den Druck der Kunst-Fotos macht er mit Hilfe seines Computers selber. Auch die Rahmung muss seinen Ansprüchen genügen. Nur die Hängung übernimmt einer seiner Enkel, damit der Großvater nicht auf Stühle oder eine Leiter steigen muss. Die Bilder, die nun an den weißen Wänden hängen, strahlen eine Frische und Farbigkeit aus, die sofort anzieht. Sie wirken abstrakt und laden zum genauen Hinschauen ein. Die meisten sind in der ehemaligen Bahn-Unterführung an der Strümper Straße entstanden. „Zum Glück wurde diese vor dem Umbau gereinigt“, sagt Bär schmunzelnd. Denn bis dato wurde diese Passage wegen ihres strengen Geruchs von den Osterathern nur wenig genutzt.

Die Fotos sind Ausschnitte, die die Graffiti nahe heranholen. Zum Teil sind diese mit Plakaten beklebt, die beispielsweise für ein Soul-und-Blues-Konzert am 30. April 1995 werben. Erst durch diesen genauen Blick erkennt man, dass es sich durchaus um künstlerische Farbkompositionen handelt. Auch rund um die ehemalige Q1-Tankstelle hatten sich Sprayer betätigt. Allerdings waren diese Graffiti jüngeren Datums. „Zum Teil sind sie erst kurz vor dem Abriss entstanden, weil die Wände frei waren“, erzählt Bär. Schriftzüge in Orange, Rot und Grün bilden ebenso ein harmonisches Ganzes wie ein stimmungsvolles Bild in Grau und Türkistönen, das sich mit der Umwelt beschäftigt. Hinter Nebelschwaden tauchen einzelne Bäume auf. „Das alles sind nun verschwundene Kulturgüter“, sagt Bär. Trotz seines Alters hat er sich unvoreingenommen mit dieser modernen Art des Malens auseinander und diese in Szene gesetzt. Was manchem als Schmiererei erscheinen mag, wirkt bei näherem Hinsehen wie moderne Kunst, die in Museen im In- und Ausland Anerkennung findet.

Am Wochenende, 25. und 26. März ist Vernissage und Johannes Bär möchte gerne mit Besuchern ins Gespräch kommen. Dazu besteht die Möglichkeit von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr an der Paul-Klee-Straße 20 in Osterath. Auch am folgenden Wochenende (1. und 2. April) ist der Künstler zu den gleichen Zeiten anwesend.

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