Meerbusch Auf den Spuren von St. Nikolaus

Meerbusch · Horst Klemt, Archivar der Pfarrgemeinde, hat ein Buch über die bewegte Geschichte der Kirche geschrieben

Die Geschichte lag jahrelang in Kartons verpackt im Pfarrhaus. Archivar Horst Klemt (85) stieß unerwartet auf die alten Dokumente, die lange als vermisst galten: einen Umbettungsplan mit dem Grundriss der alten Kirche St. Nikolaus sowie einen Plan vom neuen Friedhof an der Strümper Straße aus dem Jahr 1825.

Klemt war im Glück. Eine Lücke in der Geschichte der Pfarrkirche St. Nikolaus konnte endlich geschlossen werden. Klemt entschied sich daraufhin, ein Buch über die Historie des Gotteshauses zu schreiben. "Die Osterather haben leider kaum eine Beziehung zu der alten Kirche St. Nikolaus", sagt Klemt. Kein Wunder: die alte Kirche wurde 1855 wegen Baufälligkeit abgerissen, im gleichen Jahr, in dem der heutige Bau fertiggestellt wurde. "Der Kirchturm ist aber noch aus dem 12. Jahrhundert", hebt Klemt hervor. Vielen Osterathern sei dies gar nicht bewusst. Ebenso kennen nur wenige die Geschichte der Dorffriedhöfe. Denn zwölf Grabsteine des ehemaligen Kirchhofs (so hieß der alte Friedhof rund um die Kirche) sind erhalten und stehen heute bei der Friedhofskapelle am Bommershöfer Weg. Vom "neuen" Friedhof an der Strümper Straße, der 1856 eingeweiht wurde, blieb nur die Grünanlage und das Hochkreuz. Der Bau dieses Friedhofs wurde unter anderem aus dem Nachlass der Bäuerin und Wohltäterin Barbara Gerretz unterstützt, ebenso wie der Bau eines neuen Pfarrhauses.

Klemts Geschichte der St.-Nikolaus-Pfarre beginnt jedoch im Jahre 1271. "Damals gab es eine Konferenz in Osterath, bei der eine Wassermühle zum Haus Meer verschenkt wurde. In diesen Dokumenten findet sich die Anmerkung, dass alle Pfarrkinder von Osterath an der Feier teilgenommen hätten. Das bedeutet: Es gab damals bereits eine katholische Pfarrei", erläutert Klemt und seine Augen leuchten. Der 85-Jährige ist seit seiner Pensionierung Archivar in der Pfarre. Sogenannte Findbücher hat er unter anderem auch für St. Clemens im Krefelder Stadtteil Fischeln erarbeitet.

1554 erlangte die Osterather Gemeinde ihre Selbstständigkeit. "Bis dahin war sie abhängig von der Willicher Pfarrei", sagt Klemt. "Der damalige Erzbischof Adolph von Köln wollte nun in seinem Bistum aufräumen."

Auch ein für die damalige Zeit weit gereister Mann beehrte Osterath: Pfarrer Gerhard Vynhoven. Sein ungewöhnliche Geschichte hat Klemt ebenfalls niedergeschrieben. Der Bauernsohn aus Neersen studierte in Frankreich Theologie, musste das Studium aber wegen des Dreißigjährigen Krieges abbrechen. Er unternahm eine Pilgerreise nach Jerusalem und kam 1632 als Pfarrer nach Osterath. Dort gründete Vynhoven unter anderem einen Schützenverein. Als 1642 hessische Truppen in Osterath einfielen, versteckte er sich mit einigen Freunden im Glockenstuhl. Ganz Osterath allerdings brannte nieder. Anschließend verdingte sich Vynhoven als rechte Hand Jan von Werths, des Befehlshabers des bayrischen Reiterkorps, zog sogar mit ihm nach Böhmen. Später setzten die Hessen auch die Osterather Kirche in Brand, der Dachstuhl der Kirche und das Dach des Turmes brannten ab. Erst 1680 bekam das Gotteshaus wieder ein Dach.

Den Weg ins Zeitalter der Industrialisierung ebnete Bürgermeister Heinrich Kürfgen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, schreibt Klemt in seinem Buch. Kürfgens Traum sei es gewesen, Düsseldorf und Krefeld besser zu verbinden. So ließ er seinen Amtssitz, den Ventenhof, abreißen, um eine Abzweigung einer neuen Chaussee von Haus Meer bis nach Fischeln zu ermöglichen. Die Kreuzung gibt es noch heute. Bald zog auch der Bahnverkehr nach. "Osterath ist schon seit 1860 an das Eisenbahnnetz angebunden. Damals gab es eine Linie von Neuss nach Krefeld", sagt Klemt. Erhalten sind heute außerdem die Kapelle an der Kapellenstraße und die alte Kaplanei neben dem Lokal "Depesche".

(RP)
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