Meerbusch Anatol liebt seine Venus

Düsseldorf · Der fast 80-jährige Beuys-Schüler von der Insel Hombroich zeigt eine Vielzahl von Bildern und Objekten im Lank-Latumer Mühlenrund. Die Ausstellung ist bis zum 10. Oktober zu sehen.

Mitten in der Teloy-Mühle steht eine riesige Venus aus Stahl und Blattgold. "Die ist der Venus von Willendorf nachempfunden", sagt Anatol. Das Original aus der Jungsteinzeit sei nur elf Zentimeter groß, sagt der fast 80-jährige Künstler und Geschichtenerzähler. Der Schüler von Joseph Beuys kennt mindestens so viele Anekdoten und Erzählungen wie er in seinem langen Künstlerleben Objekte und Bilder geschaffen hat. Peter Lorenz und Angelika Mielke-Westerlage kennen schon viele davon. Seit der einige Tonnen schwere Beuys-Kopf vor vielen Monaten einen Platz am Rheinufer in Büderich gefunden hat, sind die städtischen Kulturförderer im engen Kontakt zu dem früheren Polizisten.

Eigentlich sollte der Beuys-Kopf in Düsseldorf stehen. Doch der Kulturausschuss lehnte das Geschenk ab. Dazu hat Anatol eine ganz eigene Meinung: Kulturausschuss sei schon eine Begrifflichkeit, die er ablehne. Kulturgruppe, Kulturkolonne, Kulturrunde – das seien eher geeignete Benennungen. "Wenn ich zum Bauern gehe und nach Ausschuss verlange, jövt de mich fule Äppel", sagt der Künstler.

Hinter der monumentalen Venus vom Eingang in die Ausstellung kaum zu sehen ist der nicht minder große metallene "König David" versteckt – gleichsam im Schatten von Liebe und Eros. Und da gehört er auch wirklich hin. Anatol berichtet von König David, der die Frau seines besten Heerführers begehrt und den Offizier deshalb an die gefährlichste Front versetzen lässt. Nachdem das Schicksal tatsächlich zugeschlagen hat, bekommt David mit Bathseba die Söhne Absalom und Salomo.

Anatol gehört offenbar nicht zu den Schaffenden, die es dem Betrachter überlassen wollen, was er in den Bildern zu entdecken glaubt. Und der gebürtige Ostpreuße scheut sich auch nicht, pornografische Elemente in seine Kunst einfließen zu lassen. Anatol lebt im Hier und Jetzt, zitiert auch aus der Vergangenheit und der Geschichte, um im nächsten Moment ganz tagesaktuelle Bezüge zu heutigen Problemen zu finden: Datensicherheit, der durchleuchtete Mensch, Unzucht mit Minderjährigen. Aus Anatol sprudeln die Wörter, Sätze und Gedanken wie Wasser aus der Quelle des Rheins. Der Strom, an dem für Anatol an der Kunstakademie und bei seinem Lehrer Joseph Beuys die künstlerischen Wurzeln nahrung bekamen.

(RP)
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