Meerbusch Als Osterath ein Gymnasium hatte

Meerbusch · Die Osterather Schullandschaft ist im Umbruch. Aber das war sie schon immer: Norbert Schöndeling vom Geschichtsverein Meerbusch erinnerte an die Zeit, als eine Klasse 110 Schüler hatte — und Osterath ein Gymnasium

 Als evangelische Grundschule eröffnete 1961 die heutige Eichendorff-Schule.

Als evangelische Grundschule eröffnete 1961 die heutige Eichendorff-Schule.

Foto: U. Dackweiler

Über Schule lässt sich trefflich streiten. Die Schulen sind schlecht ausgestattet, die Lehrer unmotiviert und die Schüler faul. Früher war alles anders. Anders war die Schule tatsächlich, aber ob sie besser war? Die Schulchroniken belegen dies nicht wirklich. In den letzten Monaten wertete Norbert Schöndeling vom Meerbuscher Geschichtsverein die umfangreichen Schulakten im Stadtarchiv aus. Längst ist noch nicht alles Material gesichtet, aber schon jetzt bot der Vortrag im Buch- und Kunstkabinett Mönter eine spannende Reise durch 200 Jahre Schulgeschichte.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts lag das Schulwesen in der Hand der katholischen Kirche. Der Unterricht wurde häufig von Kaplänen oder Küstern abgehalten, die mit dem Schulgeld ihr niedriges Kirchengehalt aufbessern konnten. 1802 wurden die Schulen kommunale Einrichtungen, was jedoch nicht wirklich zu Verbesserungen führte. 1827 wurden in Osterath für 220 Kinder lediglich zwei Klassen gebildet, für die es aber nur einen Lehrer gab. Ihm stand ein "Aspirant" zur Seite, ein noch nicht volljähriger Junge, der erst noch Lehrer werden wollte. Immerhin erhielt in jenem Jahr Osterath ein neues Schulgebäude.

 1915 kam das Schulgebäude am Bovert hinzu - die heutige Erwin-Heerich-Schule.

1915 kam das Schulgebäude am Bovert hinzu - die heutige Erwin-Heerich-Schule.

Foto: Stadtarchiv

Die Entwicklung der Schülerzahlen stieg insbesondere ab Mitte des 19. Jahrhunderts stetig, so dass ständig ein Mangel an Lehrern bzw. Klassenräumen herrschte. Noch um 1920 lag die Klassenstärke bei 80 Kindern, und sank dann bis in die 1950er Jahre auf rund 50 Schüler pro Klasse. 1904 konnte an der heutigen Fröbelstraße ein neues Schulgebäude mit vier Klassen errichtet werden, welches 1939 noch einmal erweitert wurde. Das Schulgebäude am Bovert wurde 1915 eröffnet, erst als Außenstelle, später als eigenständige Schule.

Hatte die Schule bis dahin stets eine enge Bindung an die katholische Kirche, musste diese nun 1939 offiziell aufgegeben werden. Die Kreuze wurden aus den Klassen entfernt und der Religionsunterricht verboten. Im April 1944 musste der Schulunterricht im Schulgebäude eingestellt werden, da der Schulweg aufgrund der ständigen Luftangriffe zu gefährlich wurde und die Schutzräume nicht ausreichten. Unterrichtet wurde nun über den Ort verteilt stundenweise in Kleingruppen. Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 1. März 1945 gab es auch diesen Unterricht nicht mehr. Erst im August wurden in einem feierlichen Gottesdienst die neuen Kreuze für die Klassenräume gesegnet und in einer großen Prozession zur Schule gebracht. Am Tag darauf begann wieder der Unterricht.

Gab es vor dem Zweiten Weltkrieg nur wenige evangelische Kinder in Osterath, die immer mal wieder von einem auswärtigen Lehrer eigenen Religionsunterricht erhielten, stieg deren Zahl nach Kriegsende durch die nach Osterath zugezogenen Flüchtlingsfamilien in kurzer Zeit auf mehr als 110 an. Der Wunsch der Eltern, einen eigenen evangelischen Lehrer einzustellen, wurde aber von der Schulleitung abgelehnt. Die Volksschule wollte ihr katholisch geprägtes Schulleben behalten und bezeichnete sich nun als "Katholische Grundschule". Daher wurde bereits 1947 von den Eltern der Antrag gestellt, eine eigene evangelische Schule zu errichten. Tatsächlich standen im Boverter Schulgebäude drei Klassenräume leer. Es war aber untersagt, eine katholische und eine evangelische Schule gemeinsam unter einem Dach zu betreiben. So wurde nach einigen Anlaufschwierigkeiten schließlich 1961 die heutige Eichendorff-Schule als evangelische Grundschule eröffnet.

In den 1960er Jahren veränderte sich die Schullandschaft dann grundlegend. Das neunte Pflichtschuljahr wurde eingeführt und die Volksschule in Grund- und Hauptschule gegliedert. Immer mehr Eltern wünschten nun für ihre Kinder eine höhere Schulbildung. Daher wurde vom Kreis Kempen-Krefeld 1967 die Kreisrealschule in Osterath eröffnet.

Aus eigenen Mitteln gründete die Gemeinde Osterath ein Jahr später das "Gymnasium Osterath". Mit bereits fertigen Plänen, die von einem Gymnasium aus Grevenbroich stammten, wollte man kurzfristig am Bovert ein eigenes Gymnasium bauen. Dann aber wurde die Stadt Meerbusch gebildet - und das nun städtische Gymnasium zog nach Strümp.

(RP)
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