Meerbusch Ärger um teuren Schlüsseldienst

Meerbusch · Yosef Weldmichael hat sich am Wochenende aus seiner Wohnung ausgesperrt. Diese Unaufmerksamkeit hat den Osterather fast ein komplettes Monatseinkommen gekostet.

 Yosef Weldmichael (r.) und Stefan Mosch vor der Tür zu Weldmichaels kleiner Wohnung in Osterath. Am Samstag bekam er die nicht mehr auf - der Schlüssel steckte von Innen.

Yosef Weldmichael (r.) und Stefan Mosch vor der Tür zu Weldmichaels kleiner Wohnung in Osterath. Am Samstag bekam er die nicht mehr auf - der Schlüssel steckte von Innen.

Foto: ud

Es ging ganz schnell. Einen kurzen Moment lang hat Yosef Weldmichael nicht aufgepasst, da war die Tür schon zu und er stand draußen. Ausgesperrt! Kann jedem passieren. Das Problem ist, dass diese Unaufmerksamkeit den Osterather fast ein komplettes Monatseinkommen gekostet hat.

Rund 370 Euro Arbeitslosengeld II bekommt der anerkannte Flüchtling aus Eritrea derzeit vom Jobcenter. Der Schlüsseldienst, der Weldmichael am vergangenen Samstag wieder Zugang zu seiner Wohnung verschafft hat, knöpfte ihm dafür rund 320 Euro ab: 159 Euro fürs Öffnen, 30 Euro An- und Abfahrtspauschale, 79,50 Euro 50-prozentiger Samstagszuschlag.

Für Stefan Mosch, der sich als ehrenamtlicher Betreuer von "Meerbusch hilft" um Weldmichael kümmert, ist das ein Unding. "Yosef hat mich am Samstagmorgen um Hilfe gebeten, weil er sich ausgesperrt hatte", erzählt er. "Der Schlüssel steckte von Innen. Mit dem Ersatzschlüssel, den er dabei hatte, konnte er das Schloss also nicht öffnen, deshalb blieb nur die Möglichkeit einen Schlüsseldienst anzurufen, was ein freundlicher Nachbar übernahm." Am Telefon, sagt Mosch, sei von Kosten ab 50 Euro gesprochen worden. "Nach einer Stunde kam also der Schlüsseldienst mit einem Privatauto und machte - mit Stempel eines Essener Schlüsselnotdienstes - eine Rechnung von rund 320 Euro auf, für keine fünf Minuten Arbeit und obwohl wir dachten, wir hätten ein Unternehmen mit Sitz in Meerbusch beauftragt. Das Schloss musste noch nicht einmal ausgetauscht werden, das Türöffnen ging mit einem Spezialgerät ruckzuck."

Trotzdem, sagt der Ehrenamtler, habe der Schlüsseldienstmitarbeiter auf die Summe bestanden. "Auch auf meinen Hinweis hin, dass Yosef Weldmichael gerade einmal rund 370 Euro im Monat bekommt. Wenn er nicht bezahlt werden könne, würde er die Polizei rufen, hieß es. Also habe ich Yosef mit rund 275 Euro weitergeholfen, damit er wieder in die Wohnung kommt."

Bei "Meerbusch hilft" ist man irritiert. "Das Impressum des Schlüsseldienstes, den wir unter einer Meerbuscher Nummer angerufen haben, führt auf die Website eines großen Portals, das offenbar Aufträge an regionale Subfirmen vermittelt. Mir hat die Seite allerdings den Eindruck erweckt, dass der Schlüsseldienst in Lank sitzt", sagt Mosch.

Also wie viel Geld können professionelle Türöffner verlangen? Unsere Redaktion hat sich umgehört. Ein Schlüsseldienst mit Standort in Meerbusch berichtet, der reguläre Preis für das Aufschließen einer Haustür am Wochenende liege bei circa 180 Euro brutto. Für eine Wohnungstür sogar bei nur knapp 144 Euro. Dennoch, heißt es am Telefon, sei ein Preis von 300 bis 400 Euro "noch in Ordnung", solange An- und Abreise und der Samstagsaufschlag im Preis inklusive sind.

Beim einem anderen ortsansässigen Unternehmen heißt es, der geforderte Preis von 320 Euro sei "Quatsch", im Vergleich zu manch anderen Fällen aber sogar noch niedrig. Die hohen Preise kämen dadurch zustande, dass die Schlüsseldienste bundesweit existierten und eben nicht, wie auf den meisten Websites vermerkt, lokal ansässig seien. So entständen die hohen Fahrkosten, die sich, wenn man Pech habe, auf rund 70 bis 80 Euro für Hin- und Rückfahrt belaufen könnten und zu denen sich am Wochenende ein Zuschlag von regulär 100 Euro addiere. Die Mitarbeiter, heißt es weiter, seien außerdem oft Freiberufler mit niedrigem Lohn, die über große Agenturen einzelnen Schlüsseldiensten vermittelt werden.

Die Stiftung Warentest rät deshalb: Wer einen Schlüsseldienst braucht, sollte ein Unternehmen in der Nähe anrufen, nach den Kosten fragen, dann noch ein, zwei weitere Firmen kontaktieren und die Preise vergleichen. Letzteres wird Stefan Mosch demnächst auch tun.

(RP)
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