Meerbusch 20 Jahre Kunst gegen Ausländerfeindlichkeit
Meerbusch · Auslöser für die vielfältigen Kunstaktionen war der Brandanschlag von Solingen 1993
Wo sich vor 20 Jahren das Haus Untere Wernerstraße 81 in Solingen befand, wachsen heute Kastanien. Nur noch ein paar Kellerstufen erinnern daran, dass dort einmal ein Zweifamilienhaus stand. Ein grüner Drahtzaun steht davor, am linken Ende befindet sich ein Gedenkstein mit der Inschrift "An dieser Stelle starben als Opfer eines rassistischen Brandanschlags Gürsün Ince, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç".
Vier junge Männer, zwei aus dem rechtsextremen Milieu, zwei aus gutbürgerlichem Hause, hatten am 29. Mai 1993 in dem überwiegend von türkischstämmigen Menschen bewohnten Haus Feuer gelegt. Bei dem Brandanschlag starben fünf Menschen, 14 weitere erlitten schwere, zum Teil lebensgefährliche Verletzungen. "Das hat meinen Bruder Winfried damals sehr bewegt, er war tagelang in Solingen", erzählt Jochen Schmitz-Linkweiler. Und der vor zwei Jahren verstorbene Meerbuscher Künstler Winfried Schmitz-Linkweiler wollte selbst etwas bewegen. Gemeinsam mit weiteren Meerbuscher Künstlern schuf er eine Plattform gegen Fremdenfeindlichkeit: Auf einer Plakatwand am Dr.-Franz-Schütz-Platz wurde vor 20 Jahren das erste Kunstwerk enthüllt. Helmut Martin-Myren betreute das Projekt. "Jeden Monat gab es ein neues Kunstwerk", erinnert sich Schmitz-Linkweiler. Eines der ersten gestaltete Barbara Lintermann. Dessen Motiv ziert das Erinnerungsplakat zum 20-Jährigen. Lintermann und ihre Mitstreiter kritisierten damals, dass der Kreis Neuss Anfang der 90er Jahre Hilfestellungen für Flüchtlinge als "ungesetzliche Rechtsberatung" auslegte.
"Derlei Dinge sind auch heute noch aktuell", erklärte Jochen Schmitz-Linkweiler, der sich nach dem Tode seines Bruders um die Plakatwand kümmert. Vor rund drei Dutzend Gästen — darunter Vertreter aller Ratsparteien, Sozialdezernentin Angelika Mielke-Westerlage und der gemeinsamen Bürgermeisterkandidatin von SPD, FDP und UWG, Sonja Bertini — erinnerte Schmitz-Linkweiler gestern auf dem Dr.-Franz-Schütz-Platz an das Flüchtlingsdrama vor der italienischen Insel Lampedusa. "Fischer durften die Ertrinkenden nicht retten, weil sie sich sonst strafbar gemacht hätten." Das Erinnerungsplakat sei ausdrücklich keine Kunst, erklärte Schmitz-Linkweiler. Doch die nächste Kunstaktion sei bereits in Vorbereitung. "Im Sommer wird es so weit sein."
Christian Staudinger-Napp (UWG) zeigte sich irritiert, dass zwar alle Ratsparteien bei der Feierstunde vertreten waren, aber kein Mitglied des Integrationsrates gekommen war.