Leverkusen Zwei Millionen für Sparkassen-Aufsichtsräte

Leverkusen · Der Verwaltungsrat überwacht den Vorstand der Sparkasse - gleichzeitig begeben sich nach wie vor Mitglieder des Gremiums bei dem Geldinstitut in finanzielle Verpflichtung.

Knapp 2,1 Millionen Euro - zumeist Kredite - hat die Sparkasse Leverkusen Mitgliedern ihres Verwaltungsrates im Geschäftsjahr 2015 zukommen lassen. Das sind etwa 85.000 Euro mehr als im Jahr zuvor.

Nachzulesen ist das im Anhang des Jahresberichts, der jetzt im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist. Dort heißt es wörtlich: "Vorschüsse und Kredite (einschließlich Haftungsverhältnisse) wurden in Höhe von insgesamt 2.092.826,01 Euro ausgereicht."

Der Verwaltungsrat ist sowohl mit Politikern aus dem Leverkusener Stadtrat besetzt als auch mit Mitgliedern der Sparkasse. Namentlich weist die Informations-Plattform nur die Sitzungsgelder aus, die die Mitglieder des Sparkassen-Aufsichtsgremiums im Berichtsjahr erhalten haben. Vorsitzender ist der Oberbürgermeister, seit dem 2. November 2015 ist das Uwe Richrath (SPD). Er bekam laut Bundesanzeiger 5400 Euro an Sitzungsgeldern - vergleichsweise wenig, was vor allem daran liegt, dass der damals neu gewählte Stadtchef erst spät im Jahr als Nachfolger von Reinhard Buchhorn (CDU) in den Verwaltungsrat rückte.

Die Politiker mit den höchsten Sitzungsgeldern waren laut Bundesanzeiger im Jahr 2015 Thomas Eimermacher (CDU, 13.700 Euro), Peter Ippolito (SPD, 12.200 Euro) und Paul Hebbel (CDU, 9.100 Euro).

Nicht aufgeführt ist dagegen, welcher Verwaltungsratsrat einen Hauskredit bei der Sparkasse aufgenommen hat.

Der mehr als 20-köpfige Verwaltungsrat überwacht den Vorstand der Sparkasse. So will es das Sparkassengesetz. Doch inwieweit kann ein Mitglied seine Kontrolle ausüben, wenn es sich bei dem Geldinstitut in finanzielle Verpflichtung begibt, das es doch kritisch begleiten soll? Experten wie etwa der "Bankenprofessor" Ralf Jasny (Frankfurt, University of Applied Sciences) hatten bereits im vergangenen Jahr bemängelt, dieses Verhalten habe "auf jeden Fall einen Geschmack", auch wenn es rechtlich zulässig sei: "Ich selbst würde mir beispielsweise mein Haus nicht gerade von der Bank finanzieren lassen, die ich beaufsichtigen soll", sagte Jasny seinerzeit. An dieser Praxis hat sich bis heute allerdings offenbar nichts geändert, wie die Zahlen aus dem Bundesanzeiger nahelegen.

Die Sparkasse Leverkusen betonte jetzt noch einmal, sie sehe darin kein Problem: "Geschäfte mit Verwaltungsratsmitgliedern sind für uns Geschäftsvorfälle zu marktüblichen Konditionen", erläuterte Sprecher Benjamin Rörig auf Anfrage unserer Redaktion. Konkret bedeute das: "Würde man zwei vergleichbare Kreditanfragen inklusive Konditionenzusage - eine von einem Verwaltungsratsmitglied und eine von einem anderen Kunden - anonymisiert bearbeiten lassen, käme man bei beiden Geschäftsvorfällen zum gleichen Ergebnis."

Weiter heißt es von der Sparkasse Leverkusen: Bei der Prüfung der sogenannten Organkredite habe der Jahresabschlussprüfer festgestellt, dass sich "keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Kredite nicht zu marktmäßigen Bedingungen gewährt wurden oder dass möglicherweise gravierende Interessenkonflikte bestehen, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit der Organmitglieder zu beeinträchtigen".

Bleibt noch die Frage nach der Unabhängigkeit eines politischen Prüfers, der gleichzeitig Schulden bei dem zu prüfenden Unternehmen hat. Das aber, so merkt Sparkassen-Sprecher Benjamin Rörig an, sei allenfalls eine moralische Frage - und die müsse jedes Verwaltungsratsmitglied für sich selbst klären.

(RP)
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