Frank Obermaier (wfl) "Wir wollen Leverkusen als Bürostandort etablieren"

Leverkusen · Der Chef der Wirtschaftsförderung (47) spricht u.a. über eine neue Kampagne, die Düsseldorfer und Kölner anlocken soll.

 WFL-Chef Frank Obermaier in der Bahnhofstraße - auch am Stadtteilentwicklungskonzept Opladen arbeitet die WFL mit.

WFL-Chef Frank Obermaier in der Bahnhofstraße - auch am Stadtteilentwicklungskonzept Opladen arbeitet die WFL mit.

Foto: Ralph Matzerath

Die Wirtschaftsförderung wirbt derzeit für den Standort Leverkusen mit dem sinngemäßen Satz: "Warum wollen Sie nach Düsseldorf, wenn Sie auch nach Leverkusen können." Ist das ein Frontalangriff auf die Landeshauptstadt?

Obermaier Die Anzeige ist Teil unserer neuen, für vier Jahre angelegten Kampagne zum Büro- und Dienstleistungsmarkt in Leverkusen. Hier sind Gewerbeflächen für Produktion äußerst rar, wir haben aber viele Entwicklungsflächen für Büros und Dienstleistungen, zum Beispiel bald auf der Bahnstadt-Westseite oder in der Wiesdorfer City. Und: Wir haben günstigere Miet-Konditionen, liegen vier Euro unter dem Niveau beispielsweise von Köln.

Wollen denn Kölner oder Düsseldorfer tatsächlich ihr Büro in Leverkusen einrichten?

Obermaier Ja, in der Tat, wir haben auch Anfragen aus Düsseldorf, obwohl zwischen dort und hier noch die Abfangjäger Langenfeld und Monheim liegen (lacht). Auch aus Sicht des derzeit stark diskutierten Themas Gewerbesteuer ist die Vermarktung Leverkusens als Büro- und Dienstleistungsstandort interessant. Bisher ist die Nachfrage aus Leverkusen und der Region auf kleinere Flächen von 100 bis 500 Quadratmetern konzentriert. Wir wollen aber gerne auch Interessenten für Großflächigeres locken. Und was wir jetzt mit der Kampagne machen, ist Neuakquise.

Das heißt konkret?

Obermaier Wir haben im Oktober mit der Kampagne begonnen, es gibt Anzeigen, Testimonialfilme, einen eigenen You-Tube-Kanal, eine Internet-Seite. Wir bewerben vor allem vier Standorte in der Stadt: die City in Wiesdorf, die Bahnstadt-Westseite, den Innovationspark und die Schusterinsel in Opladen. Was diese Standrote ausmacht, ist: Es gibt kurzfristig verfügbare Flächen, die hat Köln nicht so. Es gibt hier gute Verkehrsanbindung sowohl auf den Straßen als auch im ÖPNV, eine gute Dateninfrastruktur. Und wir wollen Dienstleistungscluster bilden, also Bürogemeinschaften an Orten, wo dann beispielsweise auch die Möglichkeiten entstehen oder vorhanden sind, essen zu gehen, es eine gute Verkehrsanbindung gibt, statt dass da jemand irgendwo allein auf weiter Flur ein einsames Büro aufmacht.

Wo gibt es denn in Wiesdorf noch Flächen?

Obermaier Beispielsweise an der Peschstraße. Überhaupt Wiesdorf. Wenn der RRX-Zug kommt, dann könnte da die Post abgehen. Da kann sich wirklich viel entwickeln. Immerhin sind wir jetzt schon von dort mit der Bahn in elf Minuten an der Kölnmesse, in 15 am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Bei Maklern ist Leverkusen bereits jetzt viel häufiger angefragt als noch vor ein paar Jahren. Was wir uns wünschen, das sind noch mehr Gebäude, in denen sich auch großflächig Büros vermieten lassen.

Das heißt, es gibt schon welche?

Obermaier Es gibt zum Beispiel sogenannte Co-Working-Spaces im Gebäude B8 am Europaring, es gibt Platz im alten Wuppermann-Bau. Und wir freuen uns, dass wir schon einige Flächen vermitteln konnten. Zum 1. Januar ist Panasonic HealthCare, früher Bayers Diabetessparte, auf rund 1700 Quadratmetern im Innovationspark zu Hause. Die finnische Firma Valmet ist dort auf 700 Quadratmetern im alten Kemira-Gebäude untergebracht. Und auch der indische Generika-Hersteller Basics hat seinen Mietvertrag verlängert und sogar noch neue Flächen hinzugenommen.

Die Wirtschaftsförderung scheint gut im Geschäft zu sein. Wie viele der rund 8000 Firmen in der Stadt betreuen Sie?

Obermaier In unserem Newsletter-Adressbuch gibt's 2500 Adressen. Mit 500 sind wir im engeren Kontakt.

Etliche davon gehören der Kreativwirtschaftsbranche an. In dem Bereich ist die WFL sehr aktiv.

Obermaier Wir haben im vergangenen Jahr das Branchenhandbuch rausgegeben, mittlerweile hat sich ein Web-Stammtisch der Kreativen gegründet, Anfang des Jahres wollen wir den Startschuss für eine neue Online-Plattform geben, auf der sich die Kreativen vorstellen und andere Firmen auf die Angebote zugriff haben. Und wir wollen mit der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach ab dem Frühjahr Fortbildungsprogramme für Kreative anbieten - etwa zu betriebswirtschaftlichen Themen, Rechtsfragen, Präsentation.

Apropos Online-Plattform. Wie weit ist die Digitalisierung in der Leverkusener Wirtschaft schon angekommen?

Obermaier Die Digitalisierung wird in vielen Branchen die Geschäftswelt verändern, etwa durch den 3D-Druck. Und wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass Google jetzt selbstfahrende Autos baut. In vielen etablierten Branchen wird man neu denken müssen, um am Markt bestehen zu bleiben. Gerade kleine Firmen werden sich fragen müssen: Ist mein Geschäftsmodell der Digitalisierung noch gewachsen? Denn eines ist klar: Am digitalen Weg läuft nichts vorbei. Viele Dinge werden heute schon übers Internet gesucht, viele junge Leute kaufen Brillen nicht mehr beim Optiker, sondern im Internet. Hier wollen wir helfen, wir planen für 2016, junge Konzepte zum Thema vorzustellen.

Was steht noch auf Ihrer Agenda fürs kommende Jahr?

Obermaier Unter anderem im Bereich Bestandspflege das Thema Klimaschutzteilkonzept Fixheide umzusetzen, in dem sich Firmen in Sachen Klimaschutz beispielsweise zusammentun. Überhaupt wollen wir uns im kommenden Jahr mehr auf gebietsbezogene statt wie bisher auf unternehmenbezogene Maßnahmen konzentrieren. Fixheide ist da nur der Anfang.

Mit welchen Herausforderungen rechnen Sie für 2016 noch?

Obermaier Eine vorrangige wird sein, Flüchtlinge in Arbeit zu bringen. Das Wichtigste dabei sind die Sprachkurse im Vorfeld. Hier muss Basisarbeit geleistet werden, und da läuft auch schon einiges: Awo, JSL, VHS, die Industrie und viele andere sind in dem Bereich sehr engagiert. Ich bin überzeugt, dass die Firmen in Leverkusen, und hier gerade aus dem Bereich Handwerk, bereit sind, für Flüchtlinge Praktika und Ausbildungsplätze anzubieten. Aber: Von Bund und Land muss Geld zur Verfügung gestellt werden, damit die Basisarbeit am Ort geleistet werden kann.

LUDMILLA HAUSER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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