Leverkusen "Wir stecken mitten in der Epidemie"

Leverkusen · Die "Schweinegrippe" zieht durch Leverkusen. Am Donnerstag meldete die Stadt fünf neue Fälle vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, der städtischen Realschule am Stadtpark und vom Kindergarten Bodestraße. Er wurde bis 30. Juni geschlossen.

16 der insgesamt 75 Kinder und zwei Erzieherinnen müssen neu in Quarantäne. Inzwischen sind damit 13 bestätigte Fälle bekannt. Über 2600 Personen sind deshalb durch Schul- und Kita-Schließungen betroffen, für ca. 220 Personen (Schüler, Lehrer, Familienmitglieder) wurden eine einwöchige Quarantänen verhängt.

Stehen wir vor einer Epidemie?

Linstaedt: Wir stecken mitten drin. Unser Problem: Wir haben alle geglaubt, die Grippe zieht wie ein gefährlicher Tornado über uns hinweg. Mit diesem Kleckerverlauf wie jetzt hat keiner gerechnet.

Sie erwarten täglich neue Grippefälle?

Linstaedt: Ja. Ich persönlich glaube, nach den Ferien wird es weitergehen. Es gab übrigens bestimmt schon früher Erkrankungen an neuer Grippe, nur hat dies wahrscheinlich keiner getestet, also wussten wir nichts davon.

Die Klinikum-Kinderambulanz wurde so stark frequentiert, dass sie am Rand ihrer Arbeitsfähigkeit stand. Zeitweise wurde überlegt, keine Patienten mehr anzunehmen. Wie gefährlich ist die neue Grippe?

Linstaedt: Nach allem, was wir wissen, verlaufen die Grippeerkrankungen relativ milde, trotz der starken Symptome wie hohes Fieber und starken Gliederschmerzen.

Gibt es genügend Medikamente?

Linstaedt: Ja, obwohl ab und an regional alle Vorräte kurzzeitig vergriffen sind. Viele — nichtkranke — Leute kaufen Tamiflu und nehmen es sofort. Das nutzt aber zur Vorbeugung nichts.

Muss die neue Grippe auf jeden Fall medikamentös behandelt werden?

Linstaedt: Nicht unbedingt, viele Patienten wurden ohne Arzneimittel gesund.

Dürfen sich die Schüler, deren Schulen geschlossen wurden, frei bewegen?

Linstaedt: Wer in Quarantäne ist, natürlich nicht. Er darf höchstens auf dem Balkon oder im Garten sitzen, wenn damit die Quarantäne sicher gestellt ist. Alle anderen können laufen, wo sie wollen.

Warum dann die drei Schulschließungen von Realschule, Grundschule und Gymnasium?

Linstaedt: Die Schulen wurden nicht aus medizinischen Gründen geschlossen. Es sind ja auch zahlreiche Lehrer von der Quarantäne betroffen. Den Schulen fehlt damit einfach das Personal, den Unterricht durchzuführen, deshalb wurden die Schulen aus organisatorischen Gründen geschlossen.

Die großen Schulferien stehen an. Darf jemand, der in Quarantäne bleiben muss, in Urlaub fahren?

Linstaedt: Nein. Quarantäne bedeutet, dass ein Betroffener mindestens fünf Tage seine Wohnung nicht verlassen darf, auch wenn er nicht erkrankt ist.

Ulrich Schütz führte das Interview.

(RP)
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