Leverkusen Wenn d'r Zoch kütt, greift Dieter Kaschulla zum Mikro

Leverkusen · Wenn einer an Karneval den Überblick behält, ist es Dieter Kaschulla. Der 81-Jährige sitzt nämlich auf einem Hochsitz, wenn der Wiesdorfer Zoch am Sonntag über die Hauptstraße zieht. Mit dem Mikrofon in der einen und der Zugaufstellung in der anderen Hand kommentiert Dieter Kaschulla, was in dem bunten Treiben auf der Straße passiert. Er begrüßt die Karnevalsgruppen, feuert die Tänzer an und animiert die Besucher zum Kamellerufen und -fangen.

 Der beste Platz am Zoch: Dieter Kaschullas luftiger Posten.

Der beste Platz am Zoch: Dieter Kaschullas luftiger Posten.

Foto: Haarhoff

Eigentlich war Kaschulla zunächst nur Gast einer Karnevalsparty. Denn der Zug führt direkt an den Büroräumen der Agentur Haarhoff incentives vorbei. Also beschloss Geschäftsführerin Christiane Kuhn-Haarhoff, mit ihren Team den Zoch auch ordentlich zu feiern.

Von Jahr zu Jahr wurde die Firma größer, neue Büroräume kamen hinzu. Und gleichzeitig wuchs auch die Karnevalsparty. Bis zu 100 Gäste aus dem Freundeskreis und der Familie laden die Mitarbeiter ein. Einer von ihnen ist Dieter Kaschulla. Seine Ehefrau und die Schwägerin von Kuhn-Haarhoff sind Cousinen. "Irgendwann haben wir ihn gebeten, für uns den Karnevalszug zu kommentieren", erinnert sich Kuhn-Haarhoff. "Und er macht das großartig."

Anfangs habe Dieter Kaschulla immer unten, neben den anderen Jecken, auf dem Bürgersteig gestanden. "Aber da hat er so wenig gesehen. Also leihen wir dem Dieter gegen eine Spende immer einen Hochsitz beim RTHC Bayer Leverkusen aus", sagt Kuhn-Haarhoff. Auf dem thront er im vierten Jahr und ist zu einer Kultfigur des Wiesdorfer Umzugs geworden.

Wenn Dieter Kaschulla sagt, er kenne sich "in gewisser Form im Karneval aus", ist das maßlos untertrieben. 1952 ist der damals 16-Jährige zum Karneval gekommen. Zunächst als Page, später im Tanzcorps und dann war er viele Jahre lang im Vorstand aktiv. In seinen 58 Jahren Vereinszugehörigkeit bedeutete Karneval immer Arbeit. Nach dem 100. Jubiläum der Roten Funken im Jahr 2010 hat sich Kaschulla aber verabschiedet. Nun hat er die Gelegenheit, selbst einmal mitzufeiern. Seine Kenntnisse über die Leverkusener Karnevalsgesellschaften kommen beim Kommentieren wieder zum Einsatz.

Etwa zwei bis drei Stunden harrt er auf dem Hochsitz aus, bis auch wirklich der letzte Wagen an ihm vorbeigezogen ist. Die Firma Haarhoff baut auch draußen Boxen auf, aus denen Musik schallt, damit "die Leute nicht so trocken rumstehen", wie Kaschulla sagt. Er selbst wird auch mit Getränken versorgt, muss sich aber ein wenig zurückhalten. "Da darf man nicht zu durstig sein, sonst muss ich den Hochsitz früher oder später verlassen", sagt er augenzwinkernd. Dort oben nimmt er denn auch gerne von der ein oder anderen Dame in der Gästereihe ein Bützchen entgegen. Sein Kostüm ist ganz bewusst gewählt: Hose und Hut mit Karomuster, ohne Zeichen einer Karnevalsgesellschaft. "Es soll neutral sein", sagt Kaschulla. Nur die Jacke trägt das Logo der kölschen Kultband Brings.

Im April wird Dieter Kaschulla 82 Jahre alt. "Ich bin wie ein guter Gebrauchtwagen", sagt er. "Ein paar Roststellen gibt es, aber der Motor läuft noch." Darum wird Kaschulla auch dieses Jahr auf dem Hochsitz Platz nehmen und den Karnevalszug auf seine eigene Art kommentieren. Eine Änderung gibt es aber: Diesmal trägt er Kappe statt Hut.

(veke)
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