Leverkusen Vorschultest: Beweglichkeit mangelhaft

Leverkusen · Von 1500 Kindern, die jährlich zur Einschulungsuntersuchung müssen, haben auffällig viele Defizite in der Motorik. Adipositas kommt hinzu. Auch Seh- und Hörschwächen sowie Sprachprobleme haben schon viele kleine Leverkusener.

 Kinderärztin Alessandra Haeber mit einem Bild aus den Vorschultests.

Kinderärztin Alessandra Haeber mit einem Bild aus den Vorschultests.

Foto: Uwe Miserius

1500 kleine Leverkusener untersucht die Kinderärztin Dr. Alessandra Haeber jedes Jahr vor der Einschulung. Auch jetzt kommen wieder täglich Fünf- und Sechsjährige zu ihr ins MediLev - und die Eltern sind oft aufgeregter als die Kinder, gibt die Ärztin und Mutter schmunzelnd zu. Seit Einführung des Inklusionsgesetzes werden Kinder zwar nicht mehr als nicht schulreif bewertet. "Aber nur mit unseren Untersuchungen erreichen wir die Kinder, die vorher nicht von ihren Eltern zu den Vorsorgeuntersuchungen gebracht worden sind", betont Dr. Haeber die Wichtigkeit der Vorschuldiagnostik.

Dabei beobachten die Kinderärztin und der Leiter des medizinischen Dienstes der Stadt, Dr. Hans-Eckard Linstaedt, dass immer mehr Kinder motorische Probleme haben, weil die Kleinen vor dem Computer oder Fernseher sitzen, statt sich zu bewegen. Übergewicht und Adipositas kommen bei vielen noch hinzu. "19 Prozent der von uns untersuchten Kinder haben Koordinationsprobleme und 14 Prozent sind einfach plump und bewegungsungeübt", berichtet die Ärztin. Unterschätzt würden vor allem süße Erfrischungsgetränke: "Die Eltern sagen, ihr Kind esse ganz normal, dabei berücksichtigen sie aber nicht, dass die vielen süßen Getränke ganz schlimme Dickmacher sind", warnt die Kinderärztin.

Die Untersuchungsergebnisse seien in Leverkusen aber nicht anders als im Landes- und Bundesdurchschnitt, fügt Dr. Linstaedt hinzu. Das gelte auch für vom medizinischen Dienst diagnostizierten Auffälligkeiten bei den Seh- und Hörtests sowie bei Sprachstörungen. 20 Prozent der Kinder hätten im vergangenen Jahr Beeinträchtigungen ihrer Sehkraft und etwa zehn Prozent Probleme mit dem Hören gehabt. Für dieses Jahr gibt es noch keine Ergebnisse, da die Einschulungsuntersuchungen noch laufen. Lindstaedt rechnet aber nicht mit großen Veränderungen.

Alle Vorsorgen für Kinder im Überblick
Infos

Alle Vorsorgen für Kinder im Überblick

Infos
Foto: Techniker Krankenkasse

Fünf bis sieben Prozent der Vorschulkinder leiden bereits an Adipositas, berichtet der Leiter des medizinischen Dienstes. Da stellt Dr. Haeber aber fest, dass auch häufig die Eltern dieser Kinder ein schlechtes Vorbild für ihre Nachwuchs darstellen, wie die zweifache Mutter überhaupt an die Eltern appelliert: "Eltern versuchen häufig, die Förderung ihrer Kinder an die Kindertagesstätte oder an die Schule zu delegieren. Dann werden die Kinder zu Therapien geschickt, die aber weder nötig, noch besonders wirksam sind", sagt sie und nennt ein Beispiel: "Wenn man Kinder Kartoffeln schälen oder Wäsche aufhängen lässt, dann erwerben sie durch häusliche Förderung auch motorische Fähigkeiten. Solche Kinder können dann im Kindergarten auch mit der Schere umgehen." Eine Standardfrage stellt die Kinderärztin bei ihren Untersuchungen: "Kann das Kind ohne Stützräder Fahrrad fahren?" Ganz oft bekommt sie darauf ein "Nein" zu hören. Der übliche Test mit einer Matte, über die das Kind hüpfen soll, bestätigt dann oft ihren Verdacht, dass dieses Kind in seiner Beweglichkeit nicht gefördert worden ist.

Lebensmittel für Kinder sind süß und fett - Deshalb schlägt Foodwatch Alarm
11 Bilder

Lebensmittel für Kinder sind süß und fett - Deshalb schlägt Foodwatch Alarm

11 Bilder
Foto: Foodwatch

Weitere Tests bei der Vorschuluntersuchung dienen der Einschätzung, ob das Kind für sein Alter ausreichend sprechen gelernt hat. Dabei legt die gebürtige Italienerin aber Wert darauf, dass bei diesen Tests Migrantenkinder nicht benachteiligt werden. "Es geht beim Test nicht darum, wie gut die Kinder Deutsch können, sondern ob sie Sprachstörungen haben. Und das wissen auch die Schulen zu unterscheiden, ob Kinder Sprachförderung oder eine Therapie benötigen", sagt die Ärztin. Immerhin bei 17 Prozent der untersuchten Vorschulkinder wurden im vergangenen Jahr Sprachstörungen festgestellt. Wenn bei der Einschulungsuntersuchung Defizite diagnostiziert werden, bekommen die Eltern einen Brief mit den Befunden auch für ihren Kinderarzt an die Hand. Und sie werden vom medizinischen Dienst beraten, welche Förderungsmöglichkeiten sie ihren Kindern angedeihen lassen können.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort