Ersatz für Leverkusen-Event Verhinderte Festival-Oper läuft bald im Radio

Leverkusen · Für den WDR statt Bayer Kultur: L’arte del mondo und der Poetry-Slammer Masomi führten jetzt „Andromeda und Perseus“ auf. Nur Organisatoren und zwei Pressevertreter saßen – wie die Musiker mit frischem Negativtest – im riesigen Forum-Saal.

 Uraufführung vor leeren Sitzen im Forum. L‘arte del mondo und Sulaiman Masomi gaben „Andromeda und Perseus“ im neuen Gewand. 

Uraufführung vor leeren Sitzen im Forum. L‘arte del mondo und Sulaiman Masomi gaben „Andromeda und Perseus“ im neuen Gewand. 

Foto: l'arte del mondo

Perseus ist eigentlich ein ungewöhnlich kräftiger junger Mann aus Berlin-Neukölln, den es irgendwie durch ein Zeitloch in die Antike verschlägt. Wo er gerade rechtzeitig kommt, um die schöne unschuldige Prinzessin Andromeda zu retten, die an einen Felsen geschmiedet dem Meerungeheuer geopfert werden soll.

Die Geschichte aus der griechischen Mythologie ist hinlänglich bekannt, allerdings nicht in der kühnen, respektlosen aber überaus witzigen Neufassung von Sulaiman Masomi. Dirigent Werner Ehrhardt hat den bekannten Poetry-Slammer gebeten, die alte Textfassung neu zu beleben und darauf ist er gerne eingegangen. Ausgehend von dem originalen Libretto zum Melodram „Andromeda und Perseus“ von Anton Zimmermann. Ehrhardt hat bereits mehrere Werke dieses Mozartzeitgenossen der Vergessenheit entrissen und mit seinem Ensemble l’arte del mondo wieder aufgeführt. Er ist längst bekannt für seine ungewöhnlichen Musikprojekte, bei denen er sich nicht drauf beschränkt, das Notenmaterial einfach von seinen exquisiten und hochmotivierten Musikern abspielen zu lassen. Einerseits schwört er klanglich auf alte Instrumente und ist um eine historische Aufführungspraxis bemüht, aber andererseits sucht er neue Ansätze und ungewöhnliche Partnerschaften, die das Publikum besonders ansprechen.

Publikum gab es in diesem Fall noch gar nicht, denn die Uraufführung dieses Projekts, die in einem Konzert des stART-Festivals von Bayer Kultur geplant war, musste pandemiebedingt unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Nur Organisatoren und zwei Pressevertreter saßen am Mittwoch – wie die Musiker mit frischem Negativtest – im riesigen Forum-Saal, als der WDR die Uraufführung aufzeichnete, die am 19. September im WDR 3/Oper gesendet werden soll. Zugleich wurde auch gefilmt für eine Dokumentation, die dann auf der Homepage des Senders zu finden ist.

Zimmermanns Komposition bezaubert von Anfang an, und das freudige und engagierte Spiel des Ensembles l’arte del mondo, das hier mit voller Bläserbesetzung auftrat, vermittelte diese wundervolle Musik eindrucksvoll. Auf engstem Raum entwickelt sich eine breite Ausdruckspalette der Emotionen, malt der Klang das Bild einer zarten, verletzlichen Prinzessin und deren Verzweiflung, den Auftritt des forschen Perseus und natürlich die dramatische Steigerung beim Kampf mit dem Meerungeheuer. Bei diesem Zusammentreffen von barocker Tonsprache und moderner Wortakrobatik entpuppte sich das Ungeheuer als alte Bekannte aus dem 21. Jahrhundert, das es durch den Zeittunnel zurück nach Wanne-Eickel und Pommes mit Currywurst schaffte.

Seine Version sei ebenso (wenig) glaubwürdig wie die Mythologie, schloss Masomi als Erzähler. Als Perseus pflegte er Berliner Szene-Slang, während sich Sprecherin Letiticia Wahl bei den Worten der Andromeda strikt ans Original des Meldodrams hielt.

Ein wundervoller Spaß mit wirklich hinreißender Musik.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort