Leverkusen mal laut, mal leiser Start in den Karneval mit Handbremse

Leverkusen · Corona-Einschränkungen, Kriegsbilder aus der Ukraine und feucht-kühles Wetter haben den Karneval in der Chemiestadt verhalten beginnen lassen. Immerhin: In einzelnen Kneipen wurde gefeiert. Prinz Marijo I. besuchte das Klinikum und ein ganzer Bus fideler Neustadtfunken tourte durch Opladen.

 Frauen an die Macht: Die Tänzerinnen der Neustadtfunken gehen auf Tour.

Frauen an die Macht: Die Tänzerinnen der Neustadtfunken gehen auf Tour.

Foto: Uwe Miserius

Der Straßenkarneval ist in Leverkusen mit stark angezogener Handbremse gestartet. In der Brauchtumszone Opladen waren bereits gegen Mittag vereinzelt Jecke in den Kneipen und- Bars zu finden. Auf den Bänken der Innenstadt trafen sich etwa 100 Schüler für ein feucht-fröhliches Stelldichein. Das Sicherheitskonzept für Schlebusch griff. Hier waren nur eine Hand voll Narren unterwegs.

Weitgehende Leere herrschte mittags auf der Opladener Fußgängerzone, die die Stadtverwaltung neben dem Marktplatz zur „Brauchtumszone“ erklärt hatte. Corona-Regeln, das schlechte Wetter und womöglich auch die Bilder von einem beginnenden Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine trübten die Feierlaune. Claudia aus Köln, die in Opladen arbeitet, ließ sich den Spaß aber nicht nehmen. Mit bunter Perrücke und Lappenkostüm bützte sie in Ermangelung lebendiger Männer kurzerhand den bronzenen Funken in der Fußgängerzone, der eine blau-weiße Maske trug und sich das gerne  gefallen ließ. 

Claudia aus Köln mag Funken, auch wenn sie unbeweglich sind, wie der auf der Kölner Straße.

Claudia aus Köln mag Funken, auch wenn sie unbeweglich sind, wie der auf der Kölner Straße.

Foto: Uwe Miserius

Betrübt saß Wirtin Sabine an einem ihrer Holztische bei Witwe Kaiser in der Birkenbergstraße. Draußen wehten bunte Luftballons im Wind, der an diesem grauen Tag durch die Häuserschluchten zog. Es war der langjährigen Wirtin anzumerken, dass das Geschäft zu Altweiber besonders wichtig ist. Doch hier, wo im Normalfall gegen Mittag bereits der Bär tanzt, verbreitete in diesem Jahr nur die Musik aus den Boxen Fröhlichkeit. „Ich mache mir schon ernste Sorgen“, sagte Sabine ehrlich. Sie hatte für den Abend extra eine Sängerin aus Köln gebucht. „Die will bezahlt werden.“

Schon vor der Pandemie verhalfen die Einnahmen an Altweiber und Rosenmontag zu zwei Monatsmieten für den urigen Laden. Nun ist das Geld noch wichtiger geworden. Sabine wirkte desillusioniert. Und sie fühlt sich allein gelassen. Die Bühne, die in den kommenden Tagen auf dem Marktplatz stehen wird, fürchtet sie, wird sie weitere Gäste kosten.

Fröhliche Runde im Haus Freger in Schlebusch

Fröhliche Runde im Haus Freger in Schlebusch

Foto: Uwe Miserius

Ortswechsel: Merklich gut gelaunt standen Petra und Cordula vor der Stadtschänke, die in der Fußgängerzone gelegen ist. Hier drang nicht nur Musik aus den offen Türen, auch die Feierwütigen gaben sich die Klinke in die Hand. „Das wird hoffentlich ein langer Abend“, erzählte Petra. Und Wirt Robert Rademacher zeigte sich mit dem Andrang zufrieden. Er betonte: „Die Bestimmungen schrecken viele ab. Aber watt kütt, datt kütt.“ In den Bars und Kneipen gilt die 2G+-Regel. Besucher müssen geimpft oder genesen sein und benötigen zusätzlich einen negativen Test, der nicht älter ist als 24 Stunden.

Einige Meter weiter ließen es sich Jugendliche aus den benachbarten Schulen gutgehen. Rund 100 von ihnen hatte sich in bunte Kostüme gehüllt und beschalten aus mobilen Musikboxen einen Teil der Einkaufspassage in der Nähe des Marktplatzes mit Karnevalsmusik. Feucht-fröhlich feierten sie den Beginn des Straßenkarnevals, der in diesem Jahr eigentlich gar nicht so wirklich einer ist. Dabei floss viel Alkohol.

Besuch im Klinikum: Prinz Marijo I., Joachim Eichhorn, Direktor der Kinderklinik, und Siggi Kaschulla von den Roten Funken.

Besuch im Klinikum: Prinz Marijo I., Joachim Eichhorn, Direktor der Kinderklinik, und Siggi Kaschulla von den Roten Funken.

Foto: Uwe Miserius

In Schlebusch griff dagegen das Sicherheitskonzept. Dort ist unter anderem die Bergische Landstraße erst ab Freitag zur Brauchtumszone erklärt. Um Jugendliche davon abzuhalten, sich dort wie üblich zu Altweiber zu treffen, zeigten Polizei und Ordnungsdienst Präsenz. Stadtsprecherin Britta Meyer sprach am Nachmittag von einem ruhigen Einsatzgeschehen für die Ordnungskräfte. Besondere Vorkommnisse hatte es bis zu dem Zeitpunkt offenbar nicht gegeben.

Nicht weit entfernt war Prinz Marijo I. unterwegs: im Klinikum. Seit etwa 50 Jahren besuchen die Roten Funken das Krankenhaus. Das Narrenoberhaupt gab zu bedenken: „Gestern habe ich mich schon sehr gefreut. Doch als ich heute morgen die Bilder aus der Ukraine sah, zog das die Handbremse noch etwas mehr an.“ Dennoch plädiert Marijo I. dafür, die kommenden Tage zu genießen.

An mehreren Stationen im Stadtgebiet bewiesen zudem die Opladener Neustadtfunken, die in einem Bus unterwegs waren,  ihre Tanzkunst – im Innenhof und auf der Straße. Ein kleines Tänzchen vor dem Altenheim an der Ulrichstraße und schon ging es weiter. Ein Bus voller fideler Neustadtfunken hat sich auf eine Tour durch Opladen. Tanzen, Singen und Schunkeln haben sie auch durch Corona nicht verlernt. Und hinter den Fenster des Altenheims wurde mitgesungen.

Die Stadt hatte vor den tollen Tagen vor dem Hintergrund der Pandemie Regeln ausgegeben. Demnach ist Straßenkarneval an Weiberfastnacht nur in den Opladener Brauchtumszonen (Fußgängerzone und Marktplatz) erlaubt, in denen Impfnachweise nötig sind. Ab Freitag wird dann zusätzlich auch die Schlebuscher Brauchtumszone geöffnet. Zum närrischen Feiern in den Kneipen brauchen Jecke zusätzlich zum Impfnachweis auch einen tagesaktuellen Test. Streifen des Ordnunsgdienstes kontrollieren die Corona-Vorgaben.

Der traditionelle Weibersturm in den Luminaden in Wiesdorf ebenso wie der in Schlebusch waren wegen der möglichen Infektionsgefahr abgesagt worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort